Einsatzversehrte Soldaten, Verteidigungspolitiker und Vertreter des Deutschen BundeswehrVerbandes bei der Übergabe des Forderungspapier. Foto: DBwV/Yann Bombeke

Einsatzversehrte Soldaten, Verteidigungspolitiker und Vertreter des Deutschen BundeswehrVerbandes bei der Übergabe des Forderungspapier. Foto: DBwV/Yann Bombeke

01.10.2020
Von Yann Bombeke und Gunnar Kruse

Gemeinsam nicht einsam – DBwV fordert mehr Unterstützung und Anerkennung für psychisch Einsatzgeschädigte

Berlin. Es geht um die „Mission Seele“ – um Hilfe für jene Menschen der Bundeswehr, die an den Folgen von Einsatztraumata leiden. In den vergangenen Jahren hat sich viel in der Einsatzversorgung getan – aber noch lange nicht genug. Für den Deutschen BundeswehrVerband Grund genug, die Politik immer wieder in die Pflicht zu nehmen. „Mission Seele – Einsatztraumata vorbeugen und heilen“ nennt sich die neue Initiative des Verbands, um weitere Verbesserungen in der Einsatzversorgung zu erreichen. Die Devise: gemeinsam nicht einsam.

Der DBwV hat jetzt in Berlin eine ganze Reihe von Forderungen gemeinsam mit einsatzversehrten Soldatinnen und Soldaten an die zuständigen Verteidigungspolitiker übergeben. Der Bundesvorsitzende Oberstleutnant André Wüstner machte deutlich, worum es dem DBwV geht und warum das Thema eine so große Bedeutung hat: „In der Veteranenpolitik wirkt der Verband auf drei Feldern gleichzeitig: Das erste ist der Bereich der gesellschaftlichen Anerkennung und Wertschätzung für unseren Beruf, der bekanntlich keiner wie jeder andere ist. Das zweite ist: Wir arbeiten an einer besseren organisatorischen Abbildung und Verortung dieses Themas. Hier muss auch dringend die Kompetenz im Bereich der Bundeswehr gesteigert werden. Schließlich geht es drittens um das berühmte Netz der Fürsorge, das es trotz vieler erreichter Fortschritte noch weiter zu verbessern gilt.“

Traumatisierte Veteranen – lange Zeit dachte man da nur an US-Soldaten, die ihre Erfahrungen im Vietnam-Krieg nicht verarbeiten konnten oder vielleicht noch an die „Kriegszitterer“ des Ersten Weltkriegs. Es dauerte lange, bis in Deutschland der Begriff der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) in Zusammenhang mit der Bundeswehr Erwähnung fand, bis dieser Teil der neuen Einsatzrealität der Bundeswehr auch erkannt und anerkannt wurde. Mittlerweile ist viel im Bereich der Einsatzversorgung passiert, aber eben nicht genug.

Worum geht es nun bei der jüngsten Initiative des Verbands? Fakt ist wohl, dass die Zahl der psychischen Erkrankungen in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen wird, sei es als Spätfolge schon weiter zurückliegender Einsätze, etwa in Afghanistan und im Kosovo, oder aber auch als Folge aktuellerer Einsätze und Missionen. Auch bei Angehörigen der Marine wird – vor dem Hintergrund der belastenden Verhältnisse bei der Seenotrettung im Rahmen der Operation Sophia – ein Anstieg erwartet.

Für die Bundeswehr, aber auch für die Gesellschaft erwächst daraus eine besondere Verantwortung, sowohl für die betroffenen Soldatinnen und Soldaten als auch die zivilen Beschäftigten der Bundeswehr. Dieser Verantwortung wird man aber nicht immer gerecht.

Schon vor knapp drei Jahren präsentierten die Soldaten und Veteranen Stiftung, der DBwV und der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages die sogenannte Berliner Erklärung („Hilfe geht nur gemeinsam – im Kampf für die Behandlung traumatisierter Soldaten und ihrer Familien“). Gemeinsam mit Experten des Psychotraumakolloquiums wurden damals schon Forderungen aufgestellt, mit denen auf die größten Missstände für psychisch Einsatzgeschädigte aufmerksam gemacht und konkrete Verbesserungen angemahnt wurden.

In einigen Punkten hat es Fortschritte gegeben, etwa bei der Einbindung von Angehörigen in die Therapiemaßnahmen. Aufgrund der großen Bedeutung dieses Punktes müssen hier allerdings weitere Anstrengungen folgen. Andere Forderungen wiederum wurden nicht umgesetzt. So ist seit langer Zeit erkannt, dass zahlreiche Vorgesetzte sowie Truppenärzte nur unzureichend informiert sind über psychische Erkrankungen – und welche gravierenden Versäumnisse bei Behandlung und Integration in den Dienstalltag dies mit sich bringt. Geschehen ist dennoch zu wenig.

Aus Sicht des Deutschen BundeswehrVerbandes muss eine ganze Reihe von Punkten dringend angepackt werden, um psychisch Einsatzbelasteten die Unterstützung und Anerkennung zukommen zu lassen, die sie verdienen. Der Forderungskatalog des Verbands umfasst insgesamt 18 Positionen, die wir für unsere Mitglieder in unserer Community vollständig zur Verfügung stellen.

Dabei geht etwa um Verbesserungen beim Einsatz-Weiterverwendungsgesetz (EinsatzWVG), eine Verkürzung der Bearbeitungszeit bei Verfahren zur Anerkennung von Wehrdienstbeschädigungen (WDB) bei psychischen Erkrankungen, Schulungen von Fachpersonal in den regionalen Sanitätseinrichtungen, aber auch von Disziplinarvorgesetzten oder um die Einbeziehung weiterer belastender Verwendungen, die bislang nicht oder kaum berücksichtigt wurden. Als Beispiel seien hier Luftbildauswerter genannt. Sie zählen eigentlich zum Einsatzkontingent, verrichten ihren Dienst aber von Deutschland aus (Reach-Back-Verfahren). Wenn sie aufgrund ihrer Tätigkeit psychisch erkranken, müssen auch sie – wie ihre Kameraden im Einsatz – die Chance haben, ins EinsatzWVG aufgenommen zu werden oder eine vergleichbare Absicherung erhalten.

Die eingeladenen Politiker begrüßten die Forderungen des DBwV. Die Wehrbeauftragte Eva Högl bedankte sich beim Verband „für dieses hervorragende Papier ‚Mission Seele‘“. Man habe zwar schon viel im Bereich der Erkennung und Behandlung von Posttraumatischen Belastungsstörungen durch die Einsätze erreicht, aber nichts sei so gut und perfekt, dass es nicht noch ein bisschen verbessert werden könne. Die Forderungen des Verbandes seien dafür eine gute Leitschnur.

Wolfgang Hellmich, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, betonte, dass der Dienstherr ein Leben lang eine Verantwortung auch für die habe, die bereits aus dem Dienst ausgeschieden sind. Doch Veränderungen in der Versorgung passierten nicht von allein. Um sie zu erreichen, brauche man auch den DBwV, um gemeinsam in enger Abstimmung die Ziele zu erreichen.

Henning Otte, verteidigungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, verwies am Rande der Veranstaltung auf die guten Gespräche, die er dort mit einsatzgeschädigten Soldaten geführt habe. Diese Soldaten seien sehr wichtig für die Truppe und ebenso wichtig sei es, dass sie ihre Kompetenz weiter in die Bundeswehr einbringen können.

Zu den Einsatzgeschädigten, die auf Einladung des DBwV in Berlin waren, gehört Hauptfeldwebel Steffi Schenke. Sie hofft, dass das neue Positionspapier des Verbandes auch Gehör findet. Als Betroffene wünscht sie sich, dass die individuelle Eingliederung von Einsatzgeschädigten besser läuft: „Man sollte nicht darauf schauen, was der Soldat nicht mehr kann, sondern auf das, was er kann.“

Für die Initiative „Mission Seele“ war es ein überzeugender und gelungener Auftakt. Oberstleutnant Wüstner abschließend: „Ich danke den Parlamentariern aller Fraktionen und der Wehrbeauftragten, dass sie präsent waren, das Forderungspapier entgegengenommen haben und sich nicht zuletzt Zeit für den Austausch mit einsatzversehrten Kameradinnen und Kameraden genommen haben.“

Der Deutsche BundeswehrVerband wird seine ganze Kraft dafür einsetzen, dass die „Mission Seele“ und die damit verbundenen Forderungen Gehör im Sinne von Hauptfeldwebel Schenke wie auch aller anderen einsatzgeschädigten Angehörigen der Bundeswehr finden. Denn es gilt für alle Betroffenen: gemeinsam nicht einsam.

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