29.10.2015

Mitbestimmung ist Arbeit an der Basis

Am Ende steht der Erfolg des BundeswehrVerbandes – davon waren die mehr als 100 Personalräte und Vertrauenspersonen überzeugt, die sich zur Fachtagung Beteiligungsrechte in Berlin eingefunden hatten. Der Vorsitzende Fachbereich Beteiligungsrechte, Oberstabsfeldwebel a.D. Andreas Hubert, schwor die Teilnehmer auf die Personalratswahlen im kommenden Frühjahr ein. Begleitend stand natürlich die Novelle des Soldatenbeteiligungsgesetzes (SBG) im Blickpunkt.

Hubert informierte die Teilnehmer über den Projektplan, den der Verband für die Personalratswahlen 2016 aufgestellt hat. Wahlplakate, Werbemittel und Medienarbeit waren hier einige der Stichworte. Natürlich hatten die Personalvertreter auch zahlreiche Fragen zu Ihrer Rechtsstellung und zu den Abläufen im Zusammenhang mit den Wahlen. Der Vorsitzende bedankte sich bei den Wahlkämpfern, die für den Verband bei den vorgezogenen Wahlen zum Bezirkspersonalrat beim Kommando Luftwaffe gekämpft haben. „Der Erfolg gibt uns recht. Nach der Wahl ist vor der Wahl. Da, wo wir noch nicht perfekt waren, arbeiten wir nach.“

Nach den Bundestagswahlen 2013 hat es Versuche gegeben, die Mitbestimmungsrechte der Soldaten einzuschränken. Dagegen hat sich der Deutsche BundeswehrVerband erfolgreich gewehrt, erinnerte Hubert. Die anschließende Zusammenarbeit mit dem BMVg, den Gewerkschaften und den Vertretern aus den Spitzengremien der Mitbestimmung gestaltete sich dann sehr konstruktiv. Insgesamt ist die Interessenvertretung der Bundeswehrangehörigen in ihrem Bemühen um den Ausbau der Beteiligungsrechte auf einem guten Weg. Die SBG-Novelle sei ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.

Eine Gesamtschau der Streitkräfte aus seiner Sicht lieferte der Wehrbeauftragte. Er sieht einen deutlichen Einschnitt im Jahr 2014, was die sicherheitspolitische Lage angeht. Bartels verwies auf das Wort des Historikers Heinrich August Winkler, der die russische Annexion der Krim als Ende der Periode nach dem Kalten Krieg bewertet habe. Die zweite Herausforderung sei der totalitäre Dschihadismus. „Das ist eine globale Gefahr. Es ist nicht überall die gleiche Organisation, aber es ist die gleiche Ideologie“, sagte Bartels mit Blick auf Syrien, den Irak, Nigeria etc... Dies sei besonders besorgniserregend, weil dieser Dschihadismus zum ersten Mal mit Landnahme einher ginge.

Was die Ausrüstung angehe, sei die Situation verbesserungsbedürftig. Bei einer Übung habe er erfahren, dass sich die vorführende Truppe 15.000 Teile habe leihen müssen. „Das ist nicht hinnehmbar, sagte Bartels.“ Die Truppe benötige eine Vollausstattung von 100 Prozent. „Das ist auch ein Aspekt für Attraktivität.“ Natürlich müssten dafür die Mittel zur Verfügung stehen. Deswegen müsse der Verteidigungsetat gestärkt werden: „Er sollte dauerhaft mindestens 1,17 Prozent von der gesamten Wirtschaftsleistung betragen“, sagte Bartels. Besser wären 1,2 Prozent. „Damit wären die größeren Probleme der Bundeswehr gelöst.“ Allerdings erleichtere die Flüchtlingskrise dieses Vorhaben nicht gerade.

Auch beim Personal gebe es Verbesserungspotential. Die Tagesantrittsstärken seien nicht überzeugend, sagte Bartels. Es müsse einen personellen Puffer für Urlaub, Elternzeit, dienstliche Abwesenheiten und Krankheitsausfälle geben. „Wir sind zu sehr auf Kante genäht.“ Ein Ansatz könnte eine stärkere Europäisierung und Multinationalität schon im Grundbetrieb sein.

In punkto Infrastruktur sieht Bartels ebenfalls Defizite. Dass nicht mehr für jeden Soldaten ein Bett und ein Spind zur Verfügung stünden, sei mit Blick auf die Heimschläfer sicher eine gute Entwicklung. Doch für die Pendlerarmee Bundeswehr sei das von Nachteil, machte der Wehrbeauftragte deutlich.

Auch zur Flüchtlingskrise sagte Bartels noch einige Sätze. Dass die Bundeswehr helfe, sei sehr gut und als Sofortmaßnahme auch unverzichtbar. „Auf Dauer müssen aber zivile Kapazitäten bereitgestellt werden“, mahnte der Wehrbeauftragte.

Ein offenes Ohr hatte Bartels für die Anliegen der Tagungsteilnehmer. Ob es um die Förderung von freigestellten Personalräten oder den Flüchtlingseinsatz ging: Der Wehrbeauftragte notierte sich alles und nahm es zur Prüfung mit in seine Dienststelle.

Bartels machte deutlich, dass Verband und Wehrbeauftragter Seite an Seite stünden, wenn es darum gehe, die Bundeswehr zu verbessern.

DBwV-Vize Oberstabsfeldwebel Jürgen Görlich berichtete aus der Verbandsarbeit. Die Initiativen zur Attraktivität wie das Artikelgesetz und die sogenannten untergesetzlichen Maßnahmen seien der größte Verbandserfolg der vergangenen Jahre, betonte Görlich. Die Neuausrichtung und die schwieriger gewordene sicherheitspolitische Lage stellten den Verband vor große Aufgaben. Eine davon sei die Arbeitszeitverordnung für Soldaten, die ausgewogen und sorgfältig umgesetzt werden müsse. Görlich stellte klar, dass der DBwV in der sicherheitspolitischen Debatte seine Stimme erheben müsse. „Die Sicherheitspolitik von heute gibt die Vorgabe für die Bundeswehr von morgen.“ Neben der Attraktivitätsoffensive prägten die SBG-Novelle und das siebte Besoldungsänderungsgesetz die verbandspolitische Agenda.

Der Stellvertreter des Bundesvorsitzenden berichtete zudem von der Tagung des Generalinspekteurs mit Kompaniefeldwebeln. Hier sei der Verband häufig gelobt worden, sagte Görlich. Interessante Einblicke habe auch der Besuch der SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi und des SPD-Parlamentariers Lars Klingbeil an der Panzertruppenschule Münster gegeben, den er begleitet hatte. Die Generalsekretärin habe sich von den Gesprächen mit den jungen Soldaten beeindruckt gezeigt, sagte Görlich. Ihr sei auch sehr deutlich bewusst geworden, dass gesellschaftliche Anerkennung für junge Soldaten wichtig sei. „Soldaten sind es leid, sich für Ihre Berufswahl zu rechtfertigen.“

„Ihr seid diejenigen, die an der Basis die Probleme kennenlernen. Auch deswegen ist eure Arbeit so wichtig für uns“, sagte Hubert abschließend, nachdem er den Teilnehmern viel Glück für die anstehenden Wahlen gewünscht hatte.