Material und Ausrüstung für die Bundeswehreinsätze sollen künftig einfacher und schneller beschafft werden können. Der Bundestag stimmte für entsprechende Änderungen. Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

Material und Ausrüstung für die Bundeswehreinsätze sollen künftig einfacher und schneller beschafft werden können. Der Bundestag stimmte für entsprechende Änderungen. Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

30.01.2020
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Bundestag stimmt für Änderungen im Beschaffungswesen

Berlin. Das Beschaffungswesen im Bereich Verteidigung und Sicherheit wird novelliert. Mit großer Mehrheit (Gegenstimmen von FDP, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen; keine Enthaltung) stimmte der Bundestag am Donnerstag (30. Januar) in zweiter und dritter Lesung für den Entwurf eines Gesetzes zur beschleunigten Beschaffung im Bereich der Verteidigung und Sicherheit und zur Optimierung der Vergabestatistik und folgte damit der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie.

Das Vergaberecht soll insofern geändert werden, dass der Bedarf der Bundeswehr für Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen schneller gedeckt werden kann. So gewinne in der Sicherheitspolitik die „Notwendigkeit, kurzfristig und effektiv auf sicherheitsrelevante Entwicklungen sowohl im In- als auch im Ausland reagieren zu können“, an Bedeutung, erläutert die Bundesregierung.

In dem Entwurf ist vorgesehen, die Vorgaben des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und der Vergabeverordnung zu modifizieren, um eine beschleunigte Beschaffung für die militärischen und zivilen Sicherheitsbehörden zu ermöglichen. Darüber hinaus sind diverse Anpassungen – insbesondere der Vergabestatistikverordnung – vorgesehen.

30 Minuten Beratung gingen der Abstimmung im Bundestag voraus. Peter Bleser (CDU/CSU) sprach sich deutlich für die Novellierung aus. Für den Ernstfall seien die bisherigen Beschaffungswege zu lang. Durch den Verzicht auf „langwierige EU-weite Ausschreibungen“ in bestimmten Fällen soll schneller agiert werden können. Das werde auch zutreffen bei mandatierten Einsätzen der Bundeswehr, einsatzgleichen Verpflichtungen und Bündnisverpflichtungen, erläuterte Bleser.

"Verantwortung wahrnehmen für unsere Soldaten"

Zudem soll in Bezug auf Sicherheits- und Verteidigungsinteressen der Vorabzuschlag erleichtert werden und Direktaufträge erteilt werden können, „wenn besondere Lagen vorliegen, um schnell reagieren zu können“. „Uns liegt es daran, dass die Soldaten und Sicherheitskräfte mit der bestmöglichen Ausrüstung in den Einsatz geschickt werden können“, betonte Bleser.

Fraktionskollege Henning Otte schloss sich den Ausführungen an und warb ebenfalls für Zustimmung zum Gesetzesentwurf. Denn mit diesem „richten wir uns darauf aus, dass es verhindert wird, dass langwierige europäische Ausschreibungen notwendig sind, wenn das Material unmittelbar gefordert ist und wenn das Material unmittelbar den Soldaten zur Verfügung gestellt werden muss“. „Wir machen ein sehr gutes Gesetz, weil wir die Verantwortung wahrnehmen für unsere Soldatinnen und Soldaten.“ Die Änderung der Vergabe beziehe sich auf Fälle, wenn es militärisch oder krisenbedingt notwendig ist.

Zustimmung kam auch von den Sozialdemokraten, die mit der CDU die Änderung des Beschaffungswesen bereits im Koalitionsvertrag aufgenommen hatten, wie auch Thomas Hitschler betonte. „Wo es Bedarf an schneller Beschaffung gibt, muss es auch gesetzliche Möglichkeiten geben, genau diesen Bedarf zu decken. Wir glauben nämlich, dass schnell Beschaffung wichtig ist.“ Das sei aber nicht als „Freibrief zur Aushebelung des Beschaffungsrechts für alles, das olivgrün angestrichen ist“ zu verstehen. „Wir setzen klare Grenzen, was geht und was nicht.“ Mit der Änderung gehe aber auch eine Erwartung an die Industrie einher: „Unsere Erwartung an die Industrie ist, dass sie auch liefert, wenn die Vergabe genauso ist, wie sie sein soll.“

Kein finanzielles, sondern ein Management-Problem

Der Sozialdemokrat Frank Junge stellte seiner Ausführung einen Dank an alle Soldatinnen und Soldaten, die weltweit im Einsatz für Frieden und Freiheit sind, voran. Sie leisten ihren Dienst, obwohl die Ausrüstung mangelhaft und nicht mehr zeitgemäß sei, wie der Wehrbeauftragte in seinem Jahresbericht erneut klargemacht habe. Es handele sich aber nicht um ein finanzielles, sondern um ein Management-Problem, betonte Junge. Er sehe ganz besonders das Verteidigungsministerium in der Pflicht, dass die Fehler beseitigt werden und die Dinge dort ankommen, wo sie gebraucht werden.

Mit der Änderung des Beschaffungswesens werde dafür gesorgt, „dass, wenn Gefahr in Verzug ist, wir schneller ausschreiben und produzieren können“. Dadurch seien die Soldaten, „die Tag für Tag den Kopf für unsere Sicherheit buchstäblich hinhalten, für ihre Einsätze und Aufgaben viel besser ausgerüstet sein werden als bisher“.

Auf Ablehnung stieß der Gesetzesentwurf bei FDP, Linken und Grünen. Sie gaben zu bedenken, dass Deutschland sich und seinen Markt dadurch abschotte und das sei nicht im Sinne des europäischen Gedankens. Alexander Müller (FDP) attestierte dem Gesetz „einen großen Pferdefuß“: „Wenn wir für unsere Soldaten das Beste an Material haben wollen, dann brauchen wir möglichst viele Anbieter.“ Die Aufgabe der Regierung sollte seiner Ansicht nach viel mehr sein, sich dafür einzusetzen, dass andere Länder in Europa ebenfalls ihre Märkte öffnen.

FDP spricht sich für höhere Schadenersatzforderungen aus

Zudem sollte die Schadenersatzforderung, die die Bundeswehr stellen kann wenn Liefertermine nicht eingehalten werden, nicht auf maximal fünf Prozent begrenzt sein. In der Industrie seien viel höhere Vertragsstrafen gängig. Würden höhere Strafen angesetzt, „dann würden wir genauso schnell beliefert wie die Privatindustrie“, betonte Müller.

Dass das Gesetz schade statt helfe, unterstrich Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen). Er befürchtet zudem, dass es Kartellbildung und möglicherweise Korruption Tor und Tür öffne.
Die Linke sah in dem Gesetzesentwurf eine reine Förderung der deutschen Rüstungsindustrie, das sei mit der von ihnen geforderten Abrüstung nicht vereinbar, führte Tobias Pflüger aus.

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