Rekruten legen ihr Gelöbnis ab - das Treueverhältnis von Soldat und Staat macht die Besonderheit des Soldatenberufs aus. Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

Rekruten legen ihr Gelöbnis ab - das Treueverhältnis von Soldat und Staat macht die Besonderheit des Soldatenberufs aus. Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

04.01.2019
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Debatte um EU-Bürger in der Bundeswehr: Ein Hauch von Sommerloch

Berlin. Ein Hauch von Sommerloch ging zum Jahreswechsel durch die Medien: „EU-Bürger in die Bundeswehr“ oder „Regierung will Bundeswehr für Ausländer öffnen“ lauteten die Schlagzeilen zwischen den Feiertagen. Neuigkeitswert? Eher gering. Doch die Emotionen kochten hoch: Schnell wurde in manchen Berichten vor einer Söldnerarmee oder einer deutschen Fremdenlegion gewarnt.
 
Dabei wird das Thema zumindest seit der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht immer wieder mal zutage gefördert, es gibt aber auch jetzt keine wesentlichen neuen Entwicklungen. Die aktuelle Berichterstattung nahm ihren Anfang mit Meldungen der Funke-Mediengruppe, die sich auf Aussagen des Generalinspekteurs berief. Für die Ausübung von speziellen Tätigkeiten in den Streitkräften seien EU-Bürger „eine Option“, wurde General Eberhard Zorn zitiert. Gemeint seien Ärzte oder IT-Spezialisten. Angesichts des Fachkräftemangels müsse die Bundeswehr „in alle Richtungen blicken“, so Zorn.
 
Der „Spiegel“ meldete in der Folge, dass die Pläne des Verteidigungsministeriums schon recht weit fortgeschritten seien. Ressortchefin Ursula von der Leyen habe vor allem Polen, Italiener und Rumänen im Blick. Der „Spiegel“ beruft sich auf ein Dokument, in dem heiße, dass es vor allem aus diesen Ländern „ein quantitatives Potenzial“ für die Rekrutierung gebe. Demnach leben hierzulande rund 255.000 Polen, 185.000 Italiener und 155.000 Rumänen – insgesamt etwa die Hälfte aller in Deutschland lebenden EU-Ausländer. Laut „Spiegel“ sei zudem eine vollständige Öffnung der Bundeswehr für  EU-Bürger geplant – damit würden die Pläne über die Aussagen des Generalinspekteurs hinausgehen, der lediglich über die Anwerbung von Spezialisten gesprochen hatte.

Auch wenn das Vorhaben, in Zeiten des Personalmangels auf EU-Ausländer zurückzugreifen, nun wirklich nicht neu ist – es wurde auch im Weißbuch 2016 beschrieben – war die Welle der Kritik groß. Vorbehalte äußerte der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Henning Otte. „Soldat ist kein Beruf wie jeder andere“, sagte Otte der Funke-Mediengruppe. In erster Linie würden deutsche Staatsbürger für die Bundeswehr benötigt. Um mehr Deutsche für den Dienst zu gewinnen, müsse die Attraktivität der Bundeswehr weiter erhöht werden. Das bedeute bessere Ausrüstung sowie mehr Geld und Anerkennung.

Auch Fritz Felgentreu, Verteidigungspolitiker der SPD, hat seine Zweifel.  „Ein stimmiges Konzept, für das es in der Armee und Gesellschaft breite Zustimmung gibt, sehe ich in weiter Ferne“, sagte Felgentreu dem „Tagesspiegel“.  Der Sozialdemokrat betonte, eine Anwerbung von Ausländern dürfe „auf keinen Fall“ als Ersatz für die Steigerung der Attraktivität der Bundeswehr herhalten.
 
Der Wehrbeauftragte hält die Rekrutierung von EU-Ausländern für nicht außergewöhnlich. Allerdings sei es eine Illusion, dass die EU-Bürger schon die Lösung aller Personalprobleme der Bundeswehr wären, sagte Hans-Peter Bartels der Funke-Mediengruppe.

Für den Deutschen BundeswehrVerband ist klar: Das Treueverhältnis von Soldat und Staat macht die Besonderheit des Soldatenberufs aus, die deutsche Staatsbürgerschaft ist damit elementar für den Dienst in den Streitkräften. Nach § 37 Absatz 2 Soldatengesetz gibt es bereits die Möglichkeit, in Ausnahmefällen auf die Voraussetzung der deutschen Staatsbürgerschaft zu verzichten, wenn dafür ein dienstliches Bedürfnis besteht. Können also offene Stellen aufgrund eines Mangels an deutschen Bewerbern nicht besetzt werden, erlaubt dieser Ausnahmetatbestand bereits den Rückgriff auch auf interessierte EU-Bürger. Diese Ausnahme kam bei einem rumänischen Mediziner zum Tragen, der seit 2014 als Bundeswehr-Sanitätsoffizier im Einsatz ist. Die Notwendigkeit einer generellen Öffnung der Bundeswehr für EU-Bürger erschließt sich also nicht.

In ähnlicher Form hatte es übrigens auch der Generalinspekteur Mitte November in einem Interview mit dem Deutschlandfunk formuliert: „Ich persönlich halte unverändert für mich für bedeutsam, dass wir den Eid, wir Soldaten, den Eid auf die Bundesrepublik Deutschland schwören und damit auch diese Verfassungstreue und auch die Relation zu Deutschland als Staat darstellen.“ In dem Interview bezeichnete General Zorn im Übrigen das Potenzial, das sich aus der Anwerbung von EU-ausländern ergibt als „gering“. Man könne das Thema im Auge behalten – für Spezialisten.

„Das Thema wird seit 2010 jährlich gesetzt“, erklärt DBwV-Chef André Wüstner. Bisher gebe es jedoch kein Konzept des Verteidigungsministeriums, das eine Veränderung der aktuellen Gesetzeslage begründen würde. „Außerdem“, so Wüstner weiter, „sind schon heute Ausnahmen für ‚Nicht-Deutsche‘ in Uniform möglich, wie der wissenschaftliche Dienst des Bundestags bereits 2016 ausgeführt hat. Somit ist es folgerichtig, dass es nach wie vor eine breite gesellschaftliche sowie politische Ablehnung  einer weitergehenden Öffnung der Bundeswehr für EU-Bürger gibt. Denn der Soldatenberuf war, ist und bleibt kein Beruf wie jeder andere.“

Da die politisch Verantwortlichen die Parlamentsarmee Bundeswehr als ein Instrument deutscher Sicherheitspolitik zur Durchsetzung deutscher Interessen definierten und dies im Selbstverständnis „Wir.Dienen.Deutschland“ besonders zum Ausdruck komme, „bedarf es  eines besonderen Loyalitäts- und Treueverhältnisses“, so Wüstner. Und weiter: „Politik darf niemals den Eindruck vermitteln, dass dieses besondere Loyalitäts- und Treueverhältnis in ein allgemeines, seelenloses Vertragsverhältnis überführt werden soll“, warnt der Bundesvorsitzende. „Das wäre der Anfang vom Ende eines gemeinsamen Verständnisses von unserer wehrhaften Demokratie mit dem Leitbild des Staatsbürgers in Uniform.“

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