Bei der Pressekonferenz: Generalleutnant Markus Laubenthal, stellvertretender Generalinspekteur der Bundeswehr. Er entwickelte das Konzept zum Freiwilligendienst Heimatschutz mit. Foto: imago/Christian Spiecker

Bei der Pressekonferenz: Generalleutnant Markus Laubenthal, stellvertretender Generalinspekteur der Bundeswehr. Er entwickelte das Konzept zum Freiwilligendienst Heimatschutz mit. Foto: imago/Christian Spiecker

23.07.2020
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Dein Jahr für Deutschland: freiwillig, heimatnah, Auslandseinsatz ausgeschlossen

Berlin. Wer sich seinem Land, seiner Heimat und der Bundeswehr verbunden fühlt, der soll sich ab April 2021 mit dem neuen Freiwilligendienst Heimatschutz unter dem Titel „Dein Jahr für Deutschland“ engagieren können. Das Besondere hierbei: Die Soldatinnen und Soldaten sollen nach ihrer militärischen Ausbildung direkt in die Reserve überführt werden, der Einsatz soll möglichst heimatnah erfolgen und Auslandseinsätze sind ausgeschlossen. Das gesamte Konzept stellten Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, Staatssekretär Peter Tauber und Generalleutnant Markus Laubenthal, stellvertretender Generalinspekteur der Bundeswehr, am Donnerstag (23. Juli) im Verteidigungsministerium vor. Bereits ab September sollen sich Frauen und Männer freiwillig melden können. Eine Altersgrenze gibt es laut der Ministerin noch nicht. Mit 1.000 Freiwilligen pro Jahr soll begonnen werden. Die Infoseite ist bereits freigeschaltet.

100.000 Reservisten würden künftig für die Strategie Reserve benötigt, erläuterte Tauber. Der neue Freiwilligendienst Heimatschutz soll helfen, das zu erreichen. So sollen Einsätze wie zur Corona-Pandemie und auch bei Naturkatastrophen gewährleistet werden. Das Konzept gründet auf einem Papier von Tauber, Laubenthal und der zuständigen Bundeswehrbehörde. Betont wird hierbei insbesondere, dass es sich um einen freiwilligen Dienst handelt und um einen Dienst an der Gesellschaft. „Wenn ich die junge Generation sehe, dann ist die so vielfältig wie dieses Land. Und genau so vielfältig ist auch die Bandbreite, wie man etwas für dieses Land beitragen kann. Dein Jahr für Deutschland ist eine weitere Möglichkeit und erweitert damit das Spektrum“, betonte Tauber.

Wie sich die Debatte um die viel diskutierte Dienstpflicht entwickelt, die auch die Verteidigungsministerin befürwortet, werde sich in den kommenden Jahren zeigen, so Kramp-Karrenbauer. Mit dem neuen Konzept würde jedenfalls eine Lücke im Angebot der beruflichen Angebote der Bundeswehr schließen. „Es gibt junge Menschen, die sich für einen Dienst in der Bundeswehr interessieren, für die der reguläre Dienst aber nicht in Frage kommt, die auch nicht ins Ausland wollen“, so Kramp-Karrenbauer.

Das Konzept
Der neue Freiwilligendienst ist auf ein Jahr angelegt und vorerst für die Streitkräftebasis zugeschnitten: sieben Monate militärische Ausbildung und mindestens fünf Monate Reserve. Die Ausbildung teilt sich in drei Monate Grundausbildung und vier Monate Spezialausbildung Heimatschutz. In diesen sieben Monate sind auch schon Urlaubsansprüche berücksichtigt. Netto seien es somit sechs Monate militärische Ausbildung, erläuterte die Ministerin. Es folgt eine Grundbeorderung als Reservist. Zunächst sollen es 1.000 Frauen und Männer jährlich sein. Eine Aufstockung ist je nach Zulauf und Bedarf möglich. Auch ein Einsatz in anderen Truppenteilen als der SKB sei laut Laubenthal denkbar.

Die Ausbildung
Die Grundausbildung erfolge wie für alle anderen Soldaten auch. Hier erlernen die Frauen und Männer die militärischen Grundfertigkeiten. „Die Freiwilligen werden vollwertig ausgebildet und erhalten alle Grundfertigkeiten, die es als Soldat braucht“, erläuterte Tauber. Bei der anschließenden Spezialausbildung Heimatschutz handele es sich um eine „Infanterie-Ausbildung light“, so Laubenthal. Es gehe um Objektschutz, den Umgang mit Handwaffen und leichten Fahrzeugen. Die Soldaten würden zu Sicherungs- und Schutzsoldaten ausgebildet. „Wir haben uns auf das konzentriert, was im Heimatschutz zur Verfügung steht“, sagte der Generalleutnant. Für diese Ausbildung sind drei Standorte vorgesehen: Berlin, Wildflecken und Delmenhorst. „Diese Kameraden bleiben im Rahmen der Ausbildung für sich und werden dann in die Reserve überführt. Sie dienen somit nicht in der aktiven Truppe“, führte Laubenthal aus. Die Besoldung während der Ausbildung belaufe sich auf 1.550 Euro brutto monatlich.

Die Reserve
Nach der militärischen Ausbildung soll ein mindestens fünfmonatiger Dienst in der Reserve erfolgen. Es handelt sich um grundbeorderte Reservisten. Dieser soll in einem Zeitraum von sechs Jahren abgeleistet werden. Natürlich seien bei Interesse mehr als fünf Monate möglich, betonte die Ministerin. Auch hier steht die Heimatnähe wieder im Fokus. Wo und wann genau der Reservedienst erfolgt, werde von der betreffenden Person in Absprache mit dem jeweiligen Karrierecenter bestimmt, erläuterte Laubenthal. Wie wichtig eine handlungsfähige Reserve ist, zeige sich während der Corona-Pandemie, in der sich viele Reservisten engagierten und noch engagieren, betonte die Ministerin mit Blick auf das Prinzip der helfenden Hände.

Als Reservist verdiene man mindestens 87 Euro pro Tag, fügte der Generalleutnant an.

Das Ziel
Das Konzept diene dazu, die Landes- und Bündnisverteidigung, eine der Kernaufgaben der Bundeswehr, sicherzustellen, betonte die Ministerin. Wenn die Truppe in Einsätzen gefordert ist, müssen die Posten in der Heimat weiter besetzt und die Infrastruktur am Laufen gehalten werden. Und hier greift die Reserve. Deswegen sei es wichtig, „die bestehenden Strukturen personell zu hinterlegen“, betonte Tauber. Der neue Dienst löse aber nicht den bereits bestehenden siebenmonatigen Freiwilligen Wehrdienst ab.

Kritische Stimmen
Insbesondere Wohlfahrtsverbände kritisieren, dass der der Freiwilligendienst Heimatschutz Konkurrenz zu Angeboten, wie THW und Freiwilliges Soziales Jahr sei. Das dementierte Kramp-Karrenbauer. Es würden sich insbesondere junge Frauen und Männer angesprochen fühlen, die sich eh schon der Bundeswehr verbunden fühlen. Es besteht zudem auch in den sechs Jahren, in denen der Reservedienst abgeleistet werden soll, noch ausreichend Zeit, sich sozial zu engagieren.

Das sagt der DBwV
„Wir begrüßen den Ansatz, einen Freiwilligen Wehrdienst im Heimatschutz zu schaffen. Es ist gut, dass nun mit einem Freiwilligendienst die Möglichkeit besteht, den Aufwuchs der Reserve zu unterstützen. Denn gerade mit der in den vergangenen Jahren gestiegenen Bedeutung der Landes- und Bündnisverteidigung müssen wir mehr denn je auf eine solide und zukunftsfähige Reserve setzen. Es ist nun an der politischen Führung, alles dafür zu tun, dass dieses Modell ein Erfolg wird; ob es das wird, lässt sich allerdings erst dann bestimmen, wenn die ersten Erfahrungen gemacht wurden. Schon jetzt aber ist klar, dass für diesen zusätzlichen Dienst das notwendige Ausbildungspersonal, die erforderliche Ausrüstung und eine angemessene Infrastruktur bereitgestellt werden muss“, betont Oberstabsfeldwebel a.D. Jürgen Görlich, stellvertretender DBwV-Bundesvorsitzender. Weiter führt er aus: „Der Vorschlag selbst ist aber weit vom Dienst- oder Pflichtjahr entfernt, den die Verteidigungsministerin immer wieder mit Bezug zu einem wichtigen Dienst für die Gesellschaft angehen wollte. Daher halten wir die angekündigte politische und gesellschaftliche Diskussion zu diesem Thema für notwendig.“

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