Noch sind "Killer-Roboter" Zukunftsmusik, trotzdem wird schon heftig über ihren Einsatz gestritten Foto: Fotolia

Noch sind "Killer-Roboter" Zukunftsmusik, trotzdem wird schon heftig über ihren Einsatz gestritten Foto: Fotolia

06.10.2017
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„Killer-Roboter“: Auf dem Weg zur internationalen Ächtung?

Berlin. Ende September strahlte Das Erste die Dokumentation „Killer-Roboter – Dürfen Maschinen töten?“ aus. Der DBwV hatte auf seiner Facebook-Seite darauf hingewiesen. Begleitet wird darin unter anderem Dr. Frank Sauer, Dozent an der Bundeswehruniversität in München, der sich im Rahmen der Initiative ICRAC (Internationales Committee for Robot Arms Control, deutsch: Internationales Komitee zur Rüstungskontrolle von Robotern) für eine internationale Ächtung im Rahmen der UN von letalen autonomen Waffensystemen, wenig schmeichelhaft „Killer-Roboter“ genannt, einsetzt.

Der Film endet mit dem Beschluss vom November 2016 der Mitgliedstaaten der CCW (Convention on Prohibitions or Restrictions of Certain Conventional Weapons, deutsch: Konvention zur Kontrolle bestimmter konventioneller Waffen), eine offizielle Arbeitsgruppe einzurichten. Das diplomatische Tauziehen wird damit wohl erst richtig beginnen. Im Beitrag nehmen die ICRAC-Aktivisten den Beschluss gleichwohl mit Freude und Erleichterung auf.

Ihre Lobbyarbeit unter den Diplomaten, so die Botschaft der Doku, sei erfolgreich verlaufen und entsprechend schockiert seien sie, dass die erste Sitzung nicht schon wie geplant im August, sondern nun voraussichtlich im November stattfinden soll. „In einem“, so die Stimme aus dem Off, „sind sich fast alle einig: die unkontrollierte Entwicklung von Waffen, die eigenständig über Leben und Tod entscheiden, muss gestoppt werden – bevor es zu spät ist.“ Mit diesem eindeutigen Schlusspunkt endet die überhaupt tendenziöse Produktion.

Um es klar zu sagen: Der DBwV lehnt vollautonome Systeme - ob zu Lande, zu Wasser, in der Luft oder im All - ab und befürwortet deren Ächtung. Gleichwohl war unsere Auseinandersetzung, wie sie beispielsweise der Schwerpunkt in der Juni-Ausgabe unseres Magazins widerspiegelt, differenzierter.

Gábor Paál ging darin beispielsweise der Frage nach, wie autonom Kampfsysteme sein dürfen bzw. wie viel menschliche Kontrolle notwendig ist. Müsse sie „bedeutsam“, wie von den Ächtungsbefürwortern favorisiert, oder nur „angemessen“ sein, wie es schließlich die CCW-Staaten entschieden haben? Marcel Dickow und Carl Michaelis gaben zu bedenken, dass zukünftig autonome Systeme für die Bereiche Logistik, Transport, Überwachung und den defensiven Einsatz – man denke hier an unsere bereits eingeführten MANTIS- oder PATRIOT-Systeme – durchaus vertretbar seien.

Würden Roboter auch in der Medizin abgelehnt?


Selbst bei offensiven Systemen kommt es ihnen entscheidend auf die Funktion an, die autonom ausgeführt werden wird. Ob es dann einen vollständigen Bann, nur ein Verbot bestimmter Funktionen oder das Konzept der bedeutenden menschlichen Kontrolle geben wird, sei offen. Der Bundeswehr empfehlen die beiden Autoren, die Entwicklung abzuwarten und die technischen Folgen genau zu untersuchen. Weniger alarmiert zeigte sich Dr. Stephan Weber. Für ihn steht die Frage, ob die Systeme die vielen Vorgaben des Kampfführungsrechts erfüllen können am Anfang einer völkerrechtlichen Bewertung.

Anders ausgedrückt: Wenn der „Killer-Roboter“ nicht zwischen Kombattanten und Zivilisten unterscheiden können, ist er auch nicht legal einsetzbar. Eine Ächtung wäre dann gar nicht erst nötig. Dr. Bernhard Koch mahnt, weniger auf den Entscheidungsprozess als vielmehr auf die Folgen zu achten, wenn autonome Systeme ethisch bewertet würden. Rhetorisch stellt er die Frage, ob die Nutzung von autonomen Robotern in der Medizin abgelehnt werden müsste, selbst wenn sie komplikationsärmer operieren würden als Chirurgen?

Ein Roboter müsste beispielsweise nicht aus Eigenschutz letztlich auf heranrasende Fahrzeuge schießen, wie es an Check-Points samt zivilen Opfern schon vorgekommen ist. Er sieht die ethische Herausforderung vielmehr in der Asymmetrie zwischen Roboter und Mensch: „Die Frage, weshalb eine Person überhaupt getrötet werden dürfte, die selbst nicht in der Lage ist, eine andere Person effektiv und unmittelbar zu bedrohen, weil sie ja nur mit militärischer Robotik konfrontiert ist, führt in ein großes Problem der Legitimationsfrage des Tötens im Krieg überhaupt.“

Letztlich muss zudem der Fall bedacht werden, dass eine Ächtung (vorerst) nicht zustande kommt. Staaten wie Deutschland, die autonome Offensivwaffensysteme gemeinhin ablehnen, müssten sich dann zumindest perspektivisch darauf einstellen, dass ihren Soldaten auf dem Schlachtfeld „Killer-Roboter“ entgegentreten könnten. Es wäre moralisch und militärisch kaum zu rechtfertigen, die eigenen Soldaten einen solchen Kampf austragen zu lassen. Und das würde letztlich das Ende der Verteidigungsfähigkeit bedeuten. Besteht diese Asymmetrie erst, wird es außerdem rüstungskontrollpolitisch sehr schwierig, die Staaten mit „Killer-Robotern“ davon zu überzeugen, diese wieder aufzugeben. Zudem entstünden Abhängigkeiten von Schutzmächten, die diesen Status erst durch den Besitz von „Killer-Robotern“ erhalten würden. Ob dies der saubere Ausweg aus dem moralischen Dilemma wäre, vor dem sich Staaten wie Deutschland sehen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Umso wichtiger ist also die Ächtung vor der Zeitenwende.

Die begründete Sorge vor der Autonomisierung von Waffensystemen darf jedoch nicht mit dem Widerstand gegen die Beschaffung von „Kampfdrohnen“ verwechselt werden. Der DBwV fordert für die Bundeswehr unbemannte und bewaffnungsfähige Systeme wie die Heron TP-Drohne. Es ist weder den Drohnen-Piloten noch den Patrouillen am Boden zu vermitteln, warum nur Artillerie oder Close Air Support im Falle eines Angriffs herangezogen werden dürfen, den Drohnen-Piloten jedoch Wirkmittel vorenthalten werden.

 

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