Rund 12.000 US-Soldaten sollen aus Deutschland abgezogen werden. Deutsche Politiker kritisieren die Pläne des US-Präsidenten Donald Trump. Foto: U.S. Army/Staff Sgt. Elizabeth Tarr

Rund 12.000 US-Soldaten sollen aus Deutschland abgezogen werden. Deutsche Politiker kritisieren die Pläne des US-Präsidenten Donald Trump. Foto: U.S. Army/Staff Sgt. Elizabeth Tarr

30.07.2020
DBwV/dpa

Kritik an Trumps Plänen zum Teilabzug der US-Truppen

Berlin. „Deutschland schuldet der Nato Abermilliarden Euro“, wettert US-Präsident Donald Trump und macht seiner Ablehnung gegenüber dem Verbündeten nicht nur verbal Luft, sondern straft Deutschland mit dem Abzug von rund 12.000 US-Soldaten wegen aus seiner Sicht zu geringer Verteidigungsausgaben Deutschlands ab. Auch F-16-Kampfjets sollen abgezogen und die Kommandozentrale für die US-Truppen in Europa nach Belgien verlegt werden. Der amerikanische Verteidigungsminister Mark Espen stellte am Mittwoch (29. Juli) Details zum Teilabzug der US-Truppen aus Deutschland vor, den Trump bereits im Juni angekündigt hatte. In den Medien wird von „Trumps Abrechnung“ gesprochen. Deutsche Politiker und Verteidigungsexperten kritisieren die Pläne Trumps massiv.

Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, nannte Trumps Pläne „bitter für die betroffenen Gemeinden, Landkreise und Bundesländer“ – Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

Stuttgart: Die Kommandozentrale für die US-Truppen in Europa soll nach Mons in Belgien verlegt werden. Dort befindet sich bereits eines der beiden militärischen Hauptquartiere der Nato. Möglicherweise wird auch die Afrika-Kommandozentrale aus Stuttgart verlegt, dafür gibt es aber noch keinen neuen Standort.

Vilseck: 4.500 Soldaten sollen von dem bayerischen Standort am riesigen Truppenübungsplatz Grafenwöhr in der Oberpfalz nach Hause in die USA geholt werden.

Spangdahlem: Ein Geschwader mit etwa 20 F16-Kampfjets soll samt Besatzung, Mechanikern und Unterstützungskräften von dem Luftwaffenstützpunkt in der rheinland-pfälzischen Eifel nach Italien verlegt werden.

Außerdem sollen weitere zwei Bataillone der US-Streitkräfte nach Italien geschickt werden - unklar blieb aber, von welchem Standort. Einem Bataillon gehören etwa 300 bis 1.000 Soldaten an.

Die Reduzierung liege „nicht im Sicherheitsinteresse Deutschlands oder der Nato – und macht auch geopolitisch für die USA keinen Sinn“, sagte Beyer der Deutschen Presse-Agentur. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte: „Dies belastet leider das deutsch-amerikanische Verhältnis. Dabei ist der militärische Nutzen nicht erkennbar.“

„Das ist erstmal eine persönliche Abrechnung eines Präsidenten. Das ist eine Kamikaze-Aktion“, sagte die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann am Donnerstag im „ZDF-Morgenmagazin“. Trump wolle Deutschland treffen, treffe aber die Nato insgesamt. Deshalb schlage es auch zurück auf die Amerikaner. Lachender Dritter sei der russische Präsident Wladimir Putin.

Die FDP-Politikerin nannte es verständlich, dass die USA bei der Verteidigung mehr von Deutschland erwarteten. Gleichwohl sei die Bundeswehr zweitgrößter Truppensteller in der Nato. Das Verteidigungsbündnis sei ein „kostbares Gut“. Dieses werde nun konterkariert und kaputt gemacht vom US-Präsidenten.

Die Union im Bundestag äußerte ebenfalls ihr Unverständnis. Der Schritt bringe für Amerika hohe Kosten mit sich und der strategische Gewinn sei mehr als zweifelhaft, erklärte der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Henning Otte. „Die sprunghafte Politik von US-Präsident Trump wirkt sich auf diese Weise auch sicherheitspolitisch nachteilig im Bündnis aus.“ Trotzdem blieben die USA wichtigster außereuropäischer Partner Deutschlands. Und klar bleibe auch, dass Deutschland mehr in die Bundeswehr investieren müsse.

Eine Schwächung des Nato-Bündnisses sieht CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen in dem Vorhaben der USA. „Die Schlagkraft des US-Militärs wird nicht erhöht, sondern verringert, gerade mit Blick auf Russland und militärische Dauerkonflikte im Nahen- und Mittleren Osten“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“.

Als „Weckruf und Chance zur Stärkung unserer europäischen Souveränität“ sollte das Vorhaben der USA begriffen werden, betonte auch Michael Roth, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt im „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Es sei an der Zeit, dass Europa seine Rolle in der Welt stärke und auf eigenen Füßen stehe. „Es geht um unsere Selbstbehauptung.“

Der SPD-Verteidigungspolitiker Wolfgang Hellmich sieht in dem Teilabzug der US-Truppen keine große Bedeutung für die Sicherheit Deutschlands und Europas. Wenn man in die Details der Ankündigung schaue, „dann bin ich mir sicher, dass es in Bezug auf die Verteidigungsfähigkeit und die Fähigkeiten der Nato in Europa keine Schwächung geben wird oder geben soll“, sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag am Donnerstag im „RBB-Inforadio“.

Das liege etwa daran, dass die Pläne vorsehen, Hauptquartiere von Stuttgart nach Mons zu verlegen. Bisher aber habe kein Neubau eines Hauptquartiers in Mons begonnen. Der Zeitpunkt des Abzugs der US-Truppen aus Deutschland sei noch völlig unklar. Auch sehe Hellmich im Kongress sowie bei Demokraten wie bei Republikanern in den USA erheblichen Widerstand gegen diese Abzugspläne.