Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am zweiten Tag der 55. Münchner Sicherheitskonferenz. Foto: picture alliance/Tobias Hase/dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am zweiten Tag der 55. Münchner Sicherheitskonferenz. Foto: picture alliance/Tobias Hase/dpa

16.02.2019
jm/dpa

Die MSC auf Hochtouren: Der DBwV in München dabei

München. Das Wetter passt so gar nicht zu den Themen: Bei strahlendem Sonnenschein startet der Samstag, der Haupttag der Münchner Sicherheitskonferenz. Auch dieses Mal fällt das weltweit wichtigste Treffen der sicherheitspolitischen Community größer aus als im Vorjahr: Mehr Teilnehmer, mehr akkreditierte Journalisten, mehr Polizisten, die rund um das Tagungshotel für Sicherheit sorgen - und leider auch (zumindest gefühlt) mehr Probleme, ernstere Krisen, gewachsene Bedrohungen.

Ein Wochenende lang diskutieren die rund 600 Teilnehmer, darunter rund 30 Staats- und Regierungschefs und 90 Minister, über Themen wie die Zukunft Europas, das transatlantische Verhältnis, den Streit über die Nato-Verteidigungsausgaben, das Ende des Abrüstungsvertrags INF, die Weltmacht China, Iran, aber natürlich auch über Krisenherde wie Nahost und Afghanistan. Seit vielen Jahren ist auch der DBwV dabei, der Bundesvorsitzende Oberstleutnant André Wüstner ist als Teilnehmer in München, immer im vertrauensvollen Austausch mit Militärs, Parlamentariern und Experten. Auch das ist eine Konstante bei der „SiKo“: Die informellen Gespräche abseits des Konferenzgeschehens sind mindestens so wichtig wie die großen Reden im Saal.

Wichtigste Redner am Samstag waren Angela Merkel und der amerikanische Vizepräsident Mike Pence

Die Bundeskanzlerin beeindruckte mit einer klaren Rede, nach Einschätzung etlicher Beobachter ihre beste, seit sie bei der Sicherheitskonferenz spricht. Minutenlanger Applaus war der Lohn für ihren eindringlichen Appell für Zusammenarbeit und Gemeinschaft. „Fallen wir jetzt alle in kleine Puzzlesteine auseinander?“, fragte Merkel in Anlehnung an das Motto der diesjährigen Konferenz. „Multilateral ist es schwierig und langsam - aber besser, als alle Dinge alleine zu lösen!“
Die Kanzlerin unterstrich: „Wir brauchen die Nato - als Stabilitätsanker und als Wertegemeinschaft.“ Dass Werte wie Demokratie und Menschenrechte nach wie vor attraktiv seien, belege das Beispiel Nordmazedoniens, das jetzt als 30. Mitglied in das Bündnis aufgenommen wurde.

Klare Worte richtete Merkel auch an Russland: Angesichts von Krim-Annexion, Aggression gegen die Ost-Ukraine und jahrelange Verletzung des INF-Vertrages hätten sich die Hoffnungen nach dem Ende des kalten Krieges nicht erfüllt. Dennoch würden die Europäer alles versuchen, weitere Abrüstungsbemühungen voranzutreiben. Merkel weiter: „Ich würde mich freuen, wenn auch China mitmachen würde!“

In Richtung Amerika gewandt betonte die Kanzlerin, Deutschland habe seine Verteidigungsausgaben „essenziell gesteigert“ und leiste seine Beiträge - beispielsweise seit 18 Jahren in Afghanistan. Die Meinungsverschiedenheiten zum Umgang mit Iran nannte Merkel bedrückend. Deutschlands Ziele seien die gleichen wie die der USA, die Frage sei aber: „Wie helfen wir der Sache?“

Zusammenarbeit ist auch das Rezept von Angela Merkel, wenn es um die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Amerika, China und Europa geht. Erschreckend sei für Deutschland, dass Amerika offenbar deutsche Autos als Bedrohung der nationalen Sicherheit Amerikas ansieht - eindeutiger Protest gegen mögliche amerikanische Sonderzölle. Merkel: „Ich unterstütze alle Bemühungen um die Fairness des Handels und setze große Hoffnungen auf Verhandlungen.“ In diesem Sinne kam die Kanzlerin auf das Bild vom Puzzle zurück und beantwortete die Frage, wer denn die einzelnen Steine aufhebe: „Nur wir alle zusammen!“

Wenig überraschend pries der amerikanische Vizepräsident Mike Pence die Erfolge seines Chefs, den er einen „Champion of Freedom“ nannte: Unter Donald Trump seien die USA ein stärkerer Führer auf der Weltbühne denn je, ihr Militär noch stärker. Groß seien auch die Fortschritte bei der Stärkung der Verbündeten, allerdings beharren die USA auf der Eihaltung des Zwei-Prozent-Ziels. Einigkeit forderte Pence von den Verbündeten auch bei der Haltung dem Iran gegenüber und bei der Ablehnung der Pipeline „Nordstream 2“. Eindeutig warnte er Verbündete davor, russische Waffen zu kaufen - ein Hinweis an die Türkei, die sich für russische Flugabwehrraketen interessiert.

Am Freitag hatte sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in ihrer Eröffnungsrede klar zur Nato und den deutschen Bündnisverpflichtungen bekannt. Die Nato bleibe „für unsere Sicherheit die erste Wahl“, innerhalb des transatlantischen Bündnisses müsse es jedoch mehr Gerechtigkeit geben: „Der amerikanische Ruf nach mehr Fairness in der Lastenteilung (...) ist berechtigt.“ Die Europäer müssten „mehr in die Waagschale werfen“. Von der Leyen verwies auf die gestiegenen Verteidigungsausgaben der EU-Länder und unterstrich, dass die Bundesregierung am Zwei-Prozent-Ziel festhalte.

Mit Blick auf Meldungen, die USA wollten ihre Truppen in Afghanistan reduzieren, sagte die Ministerin, Fairness im Bündnis gelte auch für die politische Entscheidungsfindung: „Wir pflegen in unseren Missionen den Grundsatz: gemeinsam rein, gemeinsam raus.“ Das sei gleichbedeutend mit „gemeinsam entscheiden“. Als wesentliche Herausforderung für das Bündnis nannte Ursula von der Leyen den INF-Abrüstungsvertrag, nach dessen Scheitern ein neues nukleares Wettrüsten in Europa droht. Es müsse alles dafür getan werden, die „Substanz des Vertrags zu erhalten“. Es werde aber auch geprüft „welcher kluge Mix an Maßnahmen zu ergreifen sein wird, wenn Russland nicht beidreht“.

Nato- Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte in seinem Beitrag Russland dazu auf, seine Mittelstreckenraketen des Typs SSC-8 überprüfbar zu zerstören und in den INF-Abrüstungsvertrag zurückzukehren. Die Nato habe zwar nicht die Absicht, ein neues Wettrüsten auszulösen, würde aber angemessen auf die Aufstellung neuer russischer Raketenbataillone reagieren.

Außenminister Heiko Maas, der als zweiter Vertreter der Bundesregierung sprach, verlangte, China an den Bemühungen um Abrüstung zu beteiligen. Der Umgang Russlands mit dem INF-Vertrag zeige die negativen Folgen für die Sicherheit aller Beteiligten, es bedürfe „mehr Dialog zwischen Amerikanern, Europäern und auch den Russen“, aber auch der Einbeziehung „insbesondere Chinas“. Maas kündigte eine Initiative Deutschlands zur Rüstungskontrolle im April mit Beginn des Starts des deutschen Vorsitzes im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an. Angesichts der Weltlage „darf man sich nicht entmutigen lassen“, sagte Maas, denn die „internationale Rüstungskontrollarchitektur ist dafür viel zu wichtig“.

Die wohl ungewöhnlichste und zugleich glamouröseste Teilnehmerin der Sicherheitskonferenz kam aus Amerika: Ivanka Trump, die Tochter des US-Präsidenten, bislang hauptsächlich als Designerin bekannt. Sie traf am Rande der Konferenz auch mit Verteidigungsministerin von der Leyen zusammen und stellte eine eigene Regierungsinitiative vor, mit der sie Frauen in Entwicklungsländern helfen will.

  • Die Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel finden Sie HIER
  • Die Rede des Außenministers Heiko Maas finden Sie HIER
  • Die Rede der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen finden Sie HIER
  • Die Rede von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg finden Sie HIER

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