Eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York: Die Plätze in dem Gremium sind sehr begehrt. Foto: dpa

Eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York: Die Plätze in dem Gremium sind sehr begehrt. Foto: dpa

11.04.2018
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„Reise nach Jerusalem“ – Deutschland und Israel ringen um Platz im UN-Sicherheitsrat

Berlin. Zwischen Berlin und Jerusalem droht Streit angesichts der deutschen Ambitionen auf einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat für die Periode 2019/2020. Anlass ist offenbar ein altes Versprechen: Vor zwei Jahrzehnten soll der amerikanische UN-Botschafter Richard Holbrooke Israel signalisiert haben, bei einer Kandidatur müsse es sich in der Europa/Nordamerika/Australien-Gruppe keiner Kampfkandidatur stellen, da „nur“ noch Belgien antreten würde. Wie „Bild“ berichtete, bestreitet die Bundesregierung, dass es so eine Absprache gegeben hat.

In der Karwoche reiste Außenminister Heiko Maas (SPD) gar zur UN nach New York City und warb für einen nicht-ständigen Sitz für Deutschland bei der Wahl im Juni. Jetzt streiten sich also Deutschland, Belgien und Israel um die zwei Plätze, die dieser Gruppe zustehen. Neben den fünf ständigen Mitgliedern mit Veto-Macht (USA, China, Großbritannien, Frankreich, Russland) gibt es zehn nichtständige ohne Veto-Recht. Nach einem regionalen Verteilungsschlüssel (Afrika: 3, Asien: 2, Lateinamerika: 2, Osteuropa: 1) werden diese durch die Vollversammlungen auf zwei Jahre gewählt.

Doch die Ursache liegt tiefer – wie immer. Deutschland ist aufgrund seiner starken Wirtschaft, seiner geografischen Größe, seiner Bevölkerungszahl, seiner politischen Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit das mächtigste Land Europas. Die Zeitschrift „Forbes“ kürt Bundeskanzlerin Angela Merkel, man darf sagen regelmäßig, zur mächtigsten Frau der Welt. Israel mag in seiner Nachbarschaft ein verhältnismäßig kleines Land sein, es zeichnet sich jedoch durch eine innovative Wirtschaft, politische Stabilität – nicht zuletzt ist und bleibt es voraussichtlich die einzige Demokratie im Nahen und Mittleren Osten – und durch schlagkräftige Streitkräfte aus.

Trotz sicherheitspolitischer Notwendigkeit: Dass die Bundeswehr vermehrt im UN-Rahmen eingesetzt wird, ist kein Zufall. Es ist ein klares Signal, dass Deutschland für Missionen wie MINUSMA Soldaten zur Verfügung stellt. Dabei ist es durchaus relevant, dass die afrikanischen UN-Mitglieder eine stark umworbene Wählerschaft in der Vollversammlung sind. Bei seinem Besuch der Vereinten Nationen am 28. März trug Maas folgerichtig zum Thema „Collective Action to Improve UN Peacekeeping Operations“ vor. Die Bundeswehreinsätze in Mali (MINUSMA), im Süd-Sudan (UNMISS) und im Libanon (UNIFIL) nennend, ergänzte er: „Wie im kürzlich besiegelten Koalitionsvertrag vereinbart, wird Deutschland sein Engagement in den kommenden Jahren ausbauen, als Kandidat – und hoffentlich Mitglied des Sicherheitsrats 2019/2020.“ (Original: „As laid out in our recently adopted coalition agreement, Germany will continue to build on this engagement in the coming years, as a candidate for – and hopefully a member of – the Security Council in 2019/2020.”)

Die Bundesrepublik und Israel pflegen trotz der belasteten Vergangenheit gute, ja freundschaftliche Beziehungen. Berlin ist heute für junge Israelis wie Tel Aviv für junge Deutsche: Beide Städte sind moderne, weltoffene Lifestyle-Metropolen. Ihren Anspruch auf einen Sitz im UN-Sicherheitsrat können beide Staaten problemlos begründen. Aber Freundschaft hin oder her: Wenn es um internationalen Einfluss geht – und um nichts anderes geht es hier – ist sich in der Staatengemeinschaft schnell jeder selbst der nächste. Israel war noch nie Mitglied des Sicherheitsrats, entsprechend prestigeträchtig wäre eine Mitgliedschaft. Deutschland dagegen war zuletzt 2011/2012 nichtständiges Mitglied. Zudem ist eine Mitgliedschaft im deutschen Fall immer eine Art diplomatisches Schaulaufen. Denn das wiedervereinigte Deutschland erhebt Anspruch auf einen eigenen permanenten Platz. Ob es dafür bereit ist, wird auch der Umgang mit diesem Interessenskonflikt zeigen.

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