Welche Probleme drücken an den Standorten? Mit dem "Tag der Standorte" ging das Verteidigungsministerium auf einen Vorschlag des DBwV ein Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

Welche Probleme drücken an den Standorten? Mit dem "Tag der Standorte" ging das Verteidigungsministerium auf einen Vorschlag des DBwV ein Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

26.04.2018
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Tag der Standorte: "Es ist unsere Bundeswehr!“

Berlin. Am berühmten Alexanderplatz fand Mitte April (24.) im „Berlin Congress Center“ (bcc) die dritte Tagung der Standorte der Bundeswehr statt. Rund 500 Standortälteste, Kommandeure, Dienststellenleiter und Kasernenkommandanten waren der Einladung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen gefolgt. Die Halle leuchtete grün im hippen Bundeswehr-Polygonmuster und war bis zum letzten Platz belegt. Nach der exklusiven G1/A1-Tagung war die Standorttagung der erste große Bundeswehr-interne Auftritt der Verteidigungsministerin nach der langwierigen Regierungsbildung.

Die Unzufriedenheit in der Bundeswehr ist angesichts der bislang noch ausstehenden Erfolge der Trendwenden groß. Mancher Kommandeur saß vielsagend, mit grimmiger Miene und verschränkten Armen im Saal. Man kann die Belastung der Männern und Frauen in Führungsverantwortung beinahe mit den Händen greifen. Das Paradoxe: Die Trendwenden, die eigentlich Entlastung bringen sollen, belasten die Truppe. Infrastruktur, Ausbildungskapazitäten oder Beschaffungsverfahren sind noch nicht auf Wachstum eingestellt.

„Es macht etwas mit einer Organisation, wenn sie 25 Jahre nur Schrumpfen kannte“, erklärt Ursula von der Leyen die Problemlage. Aber die Zeit für Problembeschreibungen ist für viele schon lange vorbei, darauf hat auch der DBwV mehrfach hingewiesen. Der Satz: „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem“, fällt häufig. Das weiß auch die Verteidigungsministerin: „Auf dem Kasernenhof kann man nicht erklären, warum wir keine Ersatzteile habe“, sagte sie – und muss es doch. Die Industrie habe Produktionslinien abgebaut.

In der Tat sind die Ausgaben für Verteidigung seit der Wiedervereinigung – und zuletzt im Zuge der Finanzkrise – bis zur Trendwende Haushalt kontinuierlich gefallen. Bis 2021 müsse der Haushalt auf mindestens, dieses Wort betont die Verteidigungsministerin, 42,4 Mrd. Euro steigen. Und sie verspricht, dass, sollte sie in den aktuellen Verhandlungen mit dem Finanzminister nicht die nötigen Mittel bekommen, beispielsweise bei der persönlichen Ausrüstung nicht der Rotstift angesetzt wird. „Dann machen wir ein großes Rüstungsprojekt nicht“, stellt sie fest.Die Priorität bei der persönlichen Ausrüstung kommt gut an. „Das entspricht einerseits einer Forderung des DBwV und ist andererseits Bestandteil des Koalitionsvertrags“, so der Bundesvorsitzende, Oberstleutnant André Wüstner.

Es soll beim Tag der Standorte im Schwerpunkt um die Personalstrategie gehen. Von den knapp 800.000 Schulabgängern habe sich jeder 13. bei der Bundeswehr beworben, so von der Leyen. Im Schnitt nehme man davon 25.000. Die Versprechen, die gegeben wurden, müssten gehalten werden, erklärte von der Leyen – und muss dann eingestehen, dass es bei der Infrastruktur einen Investitionsbedarf von 12,5 Mrd. Euro gibt. Das entspricht rund einem Drittel des gesamten Verteidigungshaushalts. Dass weiche Aspekte bei der Attraktivität keine Rolle spielen, davon hält die Verteidigungsministerin nichts. Das sei „kein Krams“!

Gerade weil der Soldatenberuf kein Beruf wie jeder andere ist, müsste die Bundeswehr besser sein als alle zivilen Arbeitgeber. Für Fragen blieb leider keine Zeit. Entgegen der ursprünglichen Planung konnte von der Leyen nicht an der ganzen Tagung teilnehmen. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an Generalinspekteur Eberhard Zorn, der als nächster sprach. Ihm war die große Last der Verantwortung, die sein Amt mit sich bringt, nicht anzumerken. Als er zum Kommando Luftbewegliche Kräfte versetzt wurde, witzelte er, habe man ihm gesagt, Fallschirmjäger hätten keine Büros, sondern nur Zelte. Lachen. Der Saal ist auf seiner Seite.

Er wolle die interne Kommunikation „verdichten“, sagt General Zorn, wir würden super nach außen kommunizieren, nach innen eher nicht. Seine Antrittsbesuche bei den Kontingenten im Ausland, aber auch bei der Truppe daheim will er bis Juli absolviert haben. Dabei warnte er halb im Scherz, halb ernst vor Power-Point-Präsentationen mit 40 Seiten. Er wolle mit den Führungskräften, den Beteiligungsgremien und natürlich dem Kommandeur sprechen. Er wolle Lösungen vor Ort in Absprache mit dem Kommandeur. General Zorn, das wird bei dieser Aussage klar, vertraut den Führungskräften in der Bundeswehr. Er stärkt ihnen den Rücken. Folgerichtig lautet sein Appell: „Jeder hier im Raum kann einen Beitrag zur Personalstrategie leisten, es bleibt also beim ‚wir‘. Es ist unsere Bundeswehr!“

Diesen Ansatz vertritt er auch bei der Ausbildung. Dass die Rekruten heute körperlich weniger belastbar seien als früher, könnten die Ärzte nicht bestätigen. Sie hätten die Qualität „ausbildungsfähig“. Man brauche keine 47. Weise-Kommission, die sagt, wie man Ausbildung besser machen könne. „Wir haben super Ausbilder“, stellt er fest. Er will darum einen bundeswehrinternen Vorschlag zur Verbesserung für die Politik erarbeiten lassen. Diesen Ansatz hatte der Bundesvorsitzende zuletzt in guten Gesprächen mit der Verteidigungsministerin und dem Generalinspekteur erörtert. Man kennt, versteht und schätzt sich schon lange. 

Die Arbeit in den acht Workshops war indes nach den motivierenden Reden ernüchternd. Die Probleme, die die Standortältesten aus ihren Standorten mitbrachten, waren mitunter ebenso eklatant wie kurios. Das zeigte sich auch in der anschließenden Diskussion mit Staatssekretär Gerd Hoofe, Generalinspekteur Zorn, der Abteilungsleiterin Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleitung im BMVg, Alice Greyer-Wieninger, sowie ihrem Kollegen, dem Abteilungsleiter Personal, Generalleutnant Klaus von Heimendahl. Teilnehmer berichtete von stockenden Bauvorhaben, die sich neun, sogar elf Jahre hinzügen. Hoofe erklärte, man habe sich auf den Weg gemacht, die infrastrukturellen Prozesse zu beschleunigen. Dies sei auch im Koalitionsvertrag vereinbart worden.

Greyer-Wieninger ergänzte, dass der Übergang zur modularen Bauweise Erfolge gezeigt habe. Zudem hätten nach immerhin acht Länder ihr Personal in den Landesbaubehörden aufgestockt. Sie warb nichtsdestotrotz für einen „design freeze“, damit der Planungsprozess nicht immer wieder von neuen anliefen. Dies sind Antworten, die viele seit Jahren kennen, aber nicht wirklich befriedigen.

Das Fazit von Hauptmann Andreas Steinmetz, 2. Stellvertreter des DBwV-Bundesvorsitzenden, zum Tag der Standorte fällt grundsätzlich positiv aus: „Dass das BMVg die Idee des DBwV zu einem Tag der Standorte in der letzten Legislaturperiode aufgegriffen hat, freut uns natürlich. Der Tag der Standorte schärft den Blick des BMVg auf die Themen, die die Truppe wirklich bewegen.“ Der zweite Stellvertreter des Bundesvorsitzenden sieht aber auch Anlass zur Kritik: „Die Standortältesten, Kommandeure und Dienststellenleiter wissen, dass die Probleme der Bundeswehr nicht leicht zu lösen sind. Ihnen fehlt jedoch das Verständnis dafür, dass ihre konkreten Lösungsvorschläge, die sie beispielsweise auf dem Tag der Standorte der Leitung vorstellen, oftmals nicht aufgegriffen werden.“ Steinmetz weiter: „Die Expertise zum Lösung der Probleme ist da. Darum bin ich froh, dass der Generalinspekteur diese nutzen möchte. Denn er hat Recht: es ist unsere Bundeswehr!“

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