Soldaten der US Army hier beim Training in Hohenfels. Foto: US Army/Spc. Ginger Roberts

Soldaten der US Army hier beim Training in Hohenfels. Foto: US Army/Spc. Ginger Roberts

29.07.2020
dpa

US-Teilabzug aus Deutschland: USA ziehen rund 12.000 Soldaten ab

US-Präsident Trump will Tausende Soldaten aus Deutschland abziehen. Nun werden Einzelheiten der US-Regierung zu dem Plan erwartet, der Regionen hart treffen könnte. Der deutsche Transatlantik-Koordinator Beyer hofft, dass Trump mit seinem Vorhaben noch scheitert.

Washington/Berlin. Die Zahl der US-Soldaten in Deutschland soll um fast 12 000 verringert werden - und damit deutlich stärker als bislang bekannt. Rund 6400 Soldaten sollen in die USA zurückgeholt werden, weitere 5400 sollen in andere europäische Länder verlegt werden, wie Verteidigungsminister Mark Esper am Mittwoch in Washington erklärte. Bislang hatte die US-Regierung von einem Abzug von rund 10 000 der etwa 36 000 Soldaten in Deutschland gesprochen. Auch F-16-Kampfjets sollen abgezogen werden. Die Kommandozentrale für die US-Truppen in Europa soll zudem von Stuttgart nach Mons in Belgien verlegt werden. US-Präsident Donald Trump hatte den Teilabzug im Juni angekündigt und ihn mit den aus seiner Sicht zu geringen Verteidigungsausgaben Deutschlands begründet.

Zur Umsetzung des geplanten - und wahrscheinlich aus logistischen Gründen langwierigen - Teilabzugs dürfte aber noch nicht das letzte Wort gesprochen sein. Im US-Kongress hat sich bereits bei Trumps Republikanern und den Demokraten Widerstand formiert. Der Plan wird dort vor allem kritisch gesehen, weil er das Verteidigungsbündnis Nato schwächen und Russland in die Hände spielen könnte. Im Senat und im Repräsentantenhaus gibt es daher Pläne, den Teilabzug über das Gesetz zum kommenden Militärhaushalt zu verhindern. Zudem bewirbt sich Trump im November um eine zweite Amtszeit. Falls er die Wahl verlieren sollte, könnte der neue Präsident die Pläne auf Eis legen.

Die US-Truppen galten in der Zeit des Kalten Krieges als Sicherheitsgarant für die Bundesrepublik. Damals gab es zeitweise fast 250 000 US-Soldaten in Deutschland. Nach dem Fall der Mauer wurde allerdings radikal reduziert: Im Jahr 2000 waren es nur noch 70 000 US-Soldaten, zehn Jahre später 48 000 und heute sind nur noch 36 000 übrig. Damit ist Deutschland aber immer noch der zweitwichtigste Truppenstandort der USA weltweit nach Japan.

Die Truppenstationierung ist aber auch heute noch ein wesentliches Bindeglied zwischen beiden Ländern. Da ist einerseits der zwischenmenschliche Aspekt: Über die Jahrzehnte sind Tausende Freundschaften, Partnerschaften und Ehen zwischen Deutschen und Amerikanern entstanden. Für die Regionen um die US-Stützpunkte kommt der wirtschaftliche Aspekt hinzu.

Allein in Rheinland-Pfalz werden mehr als 7000 deutsche Ortskräfte von den US-Streitkräften beschäftigt, in ganz Deutschland sollen es 12 000 sein. Daneben hängen viele Tausende weitere Arbeitskräfte vor allem in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern an den US-Truppen. Allein der US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein generiert Schätzungen zufolge jedes Jahr zwei Milliarden US-Dollar an Löhnen, Gehältern, Mieten und Aufträgen in der regionalen Wirtschaft.

Abzug von F-16-Kampfjets
Die USA wollen ein Geschwader von F16-Kampfjets aus Deutschland abziehen. Das kündigte der Kommandeur der US-Streitkräfte in Europa, General Tod Wolters, am Mittwoch in Washington an. Amerikanische F16-Kampfjets sind nur noch in Spangdahlem in Rheinland-Pfalz stationiert. Die Kampfflugzeuge sollen «zu einem Zeitpunkt, der noch festgelegt werden muss», nach Italien verlegt werden, wie Wolters weiter sagte.

In Spangdahlem ist das 52. Jagdgeschwader stationiert: Es umfasst eine F-16-Kampfjet-Staffel mit gut 20 Flugzeugen. Zur Air Base gehören rund 4000 US-Soldaten. Die Angehörigen eingerechnet leben und arbeiten fast 11 000 Menschen auf dem Stützpunkt. Der Flugplatz ist Arbeitgeber für weit mehr als 800 Deutsche.

Der US-Flugplatz gilt als strategisch wichtiger Luftwaffenstützpunkt der amerikanischen Streitkräfte in Europa. Das Geschwader unterstützt weltweit Einsätze der US-Luftwaffe und der Nato, vom Irak über Bosnien bis Afghanistan.

Europa-Kommando: von Stuttgart nach Belgien
Die Kommandozentrale für die US-Truppen in Europa soll von Stuttgart nach Mons in Belgien verlegt werden. Dort ist bereits eines der beiden militärischen Hauptquartier der Nato angesiedelt. Das kündigte der Kommandeur der US-Streitkräfte in Europa, General Tod Walters, am Mittwoch in Washington an. Möglicherweise werde auch die Afrika-Kommandozentrale aus Stuttgart an einen Ort verlegt, der noch bestimmt werden müsse, fügte er hinzu.

Transatlantik-Koordinator hofft auf Scheitern der Pläne
Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, hofft darauf, dass Trumps Pläne für einen Abzug der US-Truppen in Deutschland noch scheitern. Die angekündigte Reduzierung von fast 35 000 auf 25 000 Soldaten liege «nicht im Sicherheitsinteresse Deutschlands oder der NATO - und macht auch geopolitisch für die USA keinen Sinn», sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. «In Washington gibt es viele Gegner, nicht nur bei den Demokraten, sondern auch bei den Republikanern und im Pentagon. Es ist möglich, dass diese Pläne noch scheitern.»

Bundesregierung wurde nicht informiert
Beyer übte scharfe Kritik daran, wie der Truppenabzug von den USA bisher vorbereitet wurde. «Im negativen Sinne beispiellos war, dass die Bundesregierung von den Abzugsideen zunächst nur aus der Zeitung erfahren hat», sagte er. «Anschließend wurden wir eine Woche lang hingehalten, es gab keine weiteren Informationen, obwohl sich die Bundesregierung auf allen Kanälen darum bemühte, mehr in Erfahrung zu bringen. So etwas sollte in der eigentlich sehr guten und vitalen deutsch-amerikanischen Freundschaft nicht wieder vorkommen.» Details sollten «in einem abgestimmten und durchgängig transparenten Verfahren bekannt und weiterbehandelt werden».

Warum Trump Truppen abziehen möchte
Es ist eine unverhohlene Strafaktion für einen Verbündeten, den sich Trump seit Beginn seiner Amtszeit als Lieblingsgegner unter den Alliierten ausgesucht hat. Dabei geht es vor allem um die deutschen Militärausgaben. «Deutschland ist seit Jahren säumig und schuldet der Nato Milliarden Dollar, und das müssen sie bezahlen», sagte er im Juni. Damit spielt er auf das Nato-Ziel an, nach dem jeder Mitgliedstaat zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben soll. Deutschland hat sich diesem Ziel inzwischen angenähert, liegt mit 1,38 Prozent aber immer noch deutlich darunter. Die USA geben trotz ihres deutlich höheren BIP 3,4 Prozent aus.