Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich für mehr deutsche Verantwortung im transatlantischen Bündnis aus. Foto: picture alliance/AP Photo

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich für mehr deutsche Verantwortung im transatlantischen Bündnis aus. Foto: picture alliance/AP Photo

27.11.2019
yb/dpa

Verteidigungshaushalt verabschiedet - Merkel will mehr Verantwortung in der Nato

Berlin. Der Verteidigungshaushalt für 2020 ist verabschiedet: Der Bundestag nahm am Mittwoch (27. November) die Finanzplanung für das Ressort von verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD an. Die übrigen Fraktionen stimmten gegen den Haushaltsplan. Mit dem Einzelplan 14 verfügt die Bundeswehr im kommenden Jahr über 45,05 Milliarden Euro. Das sind 1,8 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. Auf Personalausgaben entfallen im Etat 19,25 Milliarden Euro, 16,59 Milliarden sind für Beschaffungen vorgesehen.

Der Verteidigungspolitiker Reinhard Brandl (CSU) betonte, dass der Verteidigungshaushalt damit zum sechsten Mal in Folge wachse. «Wir durchbrechen die Schallmauer von 45 Milliarden Euro, wir werden eine Nato-Quote von 1,42 Prozent erreichen», sagte Brandl.

Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) sieht die Probleme der Bundeswehr nicht beim Geldmangel, sondern bei den Prozessen. Die frühere Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen habe die Trendwende Material bereits 2016 angestoßen, aber seitdem sei bei der materiellen Einsatzbereitschaft nichts passiert. Am Geld könne dies nicht gelegen haben, so Lindner.

Die Sozialdemokratin Siemtje Möller betonte den Wert, den ihre Partei der äußeren Sicherheit beimisst. Das zeige die SPD, indem sie die Steigerung des Wehretats auch mitgehe. Die Debatte um das Zwei-Prozent-Ziel der Nato hält sie allerdings für eine «Debatte im luftleeren Raum». Vielmehr ginge es darum zu definieren, welche Fähigkeiten man wann erreichen wolle.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer forderte das Parlament auf zu debattieren, wo deutsche Sicherheitsinteressen liegen. Die Nato bezeichnete die Ministerin als «Eckstein unserer Sicherheitsarchitektur». Bei einer Stärkung der europäischen Zusammenarbeit ginge es darum, den europäischen Pfeiler in der Nato zu stärken. Bezüglich der Beschaffungsprozesse gab Kramp-Karrenbauer zu, dass sich die Abläufe verbessern müssten. «Das wird eine der Hauptaufgaben für das kommende Jahr: Die Ausstattung und Einsatzfähigkeit verbessern, die Prozesse besser steuern», sagte Kramp-Karrenbauer.

In Bezug auf die sicherheitspolitische Debatte, die die Verteidigungsministerin in den vergangenen Wochen angestoßen hat, fordert Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) die Ressortleiterin auf zu erklären, wie weiteres Engagement aussehen solle. «Der Grundbetrieb in der Bundeswehr ist bereits jetzt am Limit», sagte Strack-Zimmermann. Und direkt an Kramp-Karrenbauer gerichtet: «Sie wissen: So lange die Personaldecke nicht wächst und die Materialfrage nicht gelöst ist, können Sie nicht eine einzige neue Aufgabe eingehen.»

Auch Rüdiger Lucassen (AfD) sprach sich gegen weitere Auslandseinsätze aus. Zentrale Aufgabe der Bundeswehr müsse die Landes- und Bündnisverteidigung bleiben.

Merkel bekennt sich klar zur großen Koalition

Zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Generaldebatte im Bundestag für eine Art Regierungserklärung zur deutschen Außenpolitik genutzt. Kurz vor dem Nato-Gipfel sprach sich Merkel für mehr deutsche Verantwortung im Bündnis und eine weitere Erhöhung der Verteidigungsausgaben aus. Sie maß Deutschland auch eine weltweite Führungsrolle beim Klimaschutz zu, forderte mehr Rüstungshilfe für Afrika und eine gemeinsame europäische Strategie gegenüber China.

Ihre leidenschaftliche und stark außenpolitisch geprägte Rede beendete sie mit einem klaren Bekenntnis zu einer Fortsetzung der großen Koalition bis zum regulären Ende der Wahlperiode 2021. Es sei sehr viel angefangen worden, und vieles müsse noch weitergemacht werden. «Deshalb finde ich, wir sollten die Legislaturperiode lang weiterarbeiten. Meine persönliche Meinung. Ich bin dabei.»

Nächste Woche kommt die Nato anlässlich ihres 70. Geburtstag zu einem Gipfel in London zusammen. Das Jubiläum wird von einer Debatte darüber überschattet, ob das Militärbündnis in seiner jetzigen Form überhaupt noch Sinn macht. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat die Nato für «hirntot» erklärt und für mehr europäische Eigenständigkeit plädiert. Merkel hielt im Bundestag dagegen, ohne Macron namentlich zu nennen.

Europa könne sich zurzeit nicht allein verteidigen, sagte sie. «Wir sind auf dieses transatlantische Bündnis angewiesen. Und deshalb ist es auch richtig, wenn wir für dieses Bündnis arbeiten und auch mehr Verantwortung übernehmen.» Sie bekannte sich klar dazu, die Verteidigungsausgaben von 1,42 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im kommenden Jahr bis Anfang der 2030er Jahre auf 2 Prozent zu erhöhen. «Darauf kann man sich verlassen.» Damit wäre das von der Nato 2014 gesetzte Ziel erreicht.

Merkel betonte, dass die Nato für Deutschland nichts an Bedeutung eingebüßt habe. «Stärker als im Kalten Krieg ist der Erhalt der Nato heute in unserem ureigensten Interesse - oder mindestens so stark wie im Kalten Krieg.» Westdeutschland galt bis 1989 als das Mitgliedsland der Nato, das am meisten von dem Bündnis profitierte, weil es an der Frontlinie zwischen den großen Militärblöcken unter Führung der USA einerseits und der Sowjetunion andererseits lag.

Merkel rief die Europäer eindringlich zu einem gemeinsamen Kurs gegenüber China auf und warnte zugleich vor einer Abschottung gegenüber Peking. Sie sehe es als «eine der größten Gefahren», dass jeder EU-Mitgliedstaat seine eigene China-Politik mache. «Das wäre nicht für China verheerend, aber es wäre für uns in Europa verheerend.»

Auch in der Klimapolitik sieht die Kanzlerin Deutschland in einer internationalen Verantwortung: «Wer, wenn nicht wir, soll denn zeigen, dass es geht, dass man dem Klimawandel etwas entgegensetzen kann.»

Die Generaldebatte wird von der Opposition traditionell zur Abrechnung mit der Regierungspolitik genutzt. FDP-Fraktionschef Christian Lindner warf der Regierung Versagen in der Wirtschaftspolitik vor. «Diese Bundesregierung geht schlafwandlerisch auf eine drohende Wirtschaftskrise, schlafwandlerisch auf einen Wirtschaftsabsturz zu.»

Grünen-Chef Anton Hofreiter forderte angesichts von Menschenrechtsverletzungen einen härteren Kurs gegenüber Peking. «Die Leisetreterei verbietet sich hier und man muss klare, deutliche Worte finden», sagte er.

Linksfraktionschef Bartsch bezeichnete die Politik der großen Koalition insgesamt als «grottenschlecht» und betonte: «Eigentlich dürfte man die zweite Hälfte ihrer Spielzeit gar nicht mehr anpfeifen. Spielabbruch und neue Mannschaften wären das Beste.»

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