Das Vertrauen in den Kampfhubschrauber Tiger ist weiter gegeben - die Besatzungen in Fritzlar sind froh, wieder fliegen und ausbilden zu können. Foto: DBwV/Bombeke

Das Vertrauen in den Kampfhubschrauber Tiger ist weiter gegeben - die Besatzungen in Fritzlar sind froh, wieder fliegen und ausbilden zu können. Foto: DBwV/Bombeke

03.11.2017
ts/jm

Zu Besuch bei den Tigern - BV und LV West beim Kampfhubschrauberregiment 36

Fritzlar. Dieser Besuch konnte gar kein "ganz normaler“ sein: Gerade mal drei Monate sind vergangen, seit zwei Piloten aus diesem Standort mit ihrem "Tiger“ in Mali abgestürzt und dabei ums Leben gekommen sind.
 
"Wie geht es ihnen? Was empfinden sie? Wie kann es weitergehen?“ Mit diesen drei Fragen hatte sich der Bundesvorsitzende Oberstleutnant André Wüstner auf den Weg zum Kampfhubschrauberregiment 36 "Kurhessen“ nach Fritzlar gemacht. In seiner Begleitung: Der Landesvorsitzende West, Oberstleutnant a.D. Thomas Sohst.
 
In einer Gesprächsrunde mit Offizieren des Stabes machte der stellvertretende Kommandeur Oberstleutnant Thomas Blum die Besucher mit der aktuellen Lage vertraut. Blum, noch vor drei Monaten Kontingentführer in Gao, erläuterte, dass in den kommenden Jahren zwar Stellen für Instandsetzungspersonal zur Verfügung stünden, er sich aber dennoch mehr Flexibilität wünschte, um bereits jetzt geeignetem und verpflichtungswilligem Personal Perspektiven aufzeigen zu können.

Bei Personalfragen ist immer auch die besondere Altersgrenze ein Thema. Natürlich: Die gesetzlichen Grundlagen sind hinlänglich bekannt. Bei Fragen von Einsatzbereitschaft und Motivation geht es aber auch um positive Anreize. Das können finanzielle Anreize sein, die Vereinbarkeit von Familie und Dienst, das kann auch die Verfügbarkeit von einsatzbereitem Material sein.
 
"Wer glaubt, die Probleme von Personalstärke und Einsatzbereitschaft mit bürokratischen Prozessen lösen zu können, der hat mit sauren Zitronen gehandelt. Zu oft ist das Ergebnis Demotivation. Was wir brauchen ist Kreativität, Flexibilität und Handlungsfreiheit!“ sagte Oberstleutnant a.D. Sohst.
 
Der Umgang mit der Ressource Zeit in Ausbildung und Grundbetrieb stellt angesichts der schwierigen personellen und materiellen Rahmenbedingungen eine besondere Herausforderung dar. Bei ausreichend Personal und Material wäre es wesentlich einfacher – so leidet man unter einem manchmal schwer zu durchbrechenden Teufelskreis, so die Bewertung im Regiment.

Beim anschließenden Gespräch mit Piloten und Technikern des Regimentes waren seitens des Bundeswehrverbands auch der Bezirksvorsitzende, der Vorsitzende der Standortkameradschaft und der Vorsitzende der Truppenkameradschaft zugegen. Sehr eindrücklich berichteten die Soldaten über die Rahmenbedingungen im Einsatz. Das Vertrauen in den Hubschrauber sei gegeben, man sei froh, wieder fliegen und ausbilden zu können. Sorgen bereite dagegen der zu geringe Klarstand der Maschinen und die mangelnde Verfügbarkeit von Flugstunden. Die Folge sei, dass die Anzahl der verfügbaren, voll ausgebildeten Piloten nicht zunehme.

"Ich bin das letzte Mal im Mai dieses Jahres real geflogen - mit der Folge, dass ich im Februar des kommenden Jahres nicht in den Einsatz verlegen und damit meine Kameraden entlasten kann," erklärte ein Pilot. Ein Soldat aus der technischen Staffel  sagte: "Wenn es einen Werkzeugsatz, der sowohl in in Fritzlar als auch in Le Luc und im Einsatz benötigt wird, nur einmal in der Bundeswehr gibt, dann kann man sich den logistischen Aufwand der Instandsetzung vorstellen. Ich will mir nicht ausmalen, was passiert, wenn dieser Satz kaputt oder verloren geht." Ein weiterer Techniker: "Es gibt Dichtungen, die im Einsatz dringend benötigt werden, die es in der deutschen Versorgungskette nicht mehr gibt. Hoffen wir, dass die Franzosen weiterhin bereit sind, zu helfen."

"Mir macht Sorgen, dass wir in wenigen Jahren vermutlich nicht weiter ausbilden können, da die Anzahl der Fluglehrer auf Grund des Ausscheidens aus der Bundeswehr dann zu gering wird," so ein Fluglehrer, der auch schon wieder für den Einsatz eingeplant ist. Und auch beim Sport hapert es: "Wir sollen und wollen uns körperlich fit halten, denn fliegen ist körperlich anstrengend. Dazu sind in der SollOrg des Regiments hauptamtliche Sportausbilder vorgesehen. Die werden erst kommen, wenn der Sportgerätesatz ausgeliefert worden ist, und der kommt erst, wenn die Infrastruktur entsprechend vorbereitet ist,“ schildert ein Pilot. Verständnis hat dafür in Fritzlar niemand.

Wer jetzt allerdings glaubt, man treffe am Standort auf demotiverte Soldaten, der irrt. Sie blicken statt dessen engagiert und voller Ideen in die Zukunft, auch wenn sie düster scheint. Und sie fragen sich, warum Ideen nicht schneller aufgenommen und umgesetzt werden, zumindest da, wo es möglich wäre. Licht am Ende des Tunnels erkennen sie kaum.

Der Bundesvorsitzende stellte zum Abschluss fest: "Es hat sich wieder einmal gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir uns als DBwV die Zeit nehmen und vor Ort die Themen, die Sorgen und auch die Vorschläge aufnehmen." Der Landesvorsitzende ergänzte: "Wir werden das Gehörte den Abgeordneten des Bundestages nahe bringen, damit sie wissen, welche Verantwortung sie übernehmen, wenn sie der Verlängerung der Einsätze der Heeresflieger zustimmen. Keiner möge hinterher sagen, man habe es nie vorher gehört, welche Folgen mit Blick auf Verfügbarkeit von Personal und Material dies langfristig habe."

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