Ein Pkw der Bundeswehr parkt vor einer Schule im brandenburgischen Schwedt/Oder. Foto: DBwV/Kruse

Ein Pkw der Bundeswehr parkt vor einer Schule im brandenburgischen Schwedt/Oder. Foto: DBwV/Kruse

02.04.2019
dpa/av

Entrüstung über Berliner SPD-Vorstoß zum Bundeswehr-Verbot an Schulen

Berlin. «Für Töten und Sterben macht man keine Werbung» - die Berliner SPD will verhindern, dass die Bundeswehr an Schulen für Nachwuchs wirbt. Prompt hagelt es Kritik - auch aus den eigenen Reihen. Der Deutsche Lehrerverband meldet sich ebenfalls zu Wort und kritisiert das Vorhaben der Sozialdemokraten. Die SPD fühlt sich derweil falsch verstanden.

Die Berliner SPD hat mit einem Vorstoß gegen Bundeswehr-Besuche an Schulen viel Häme auf sich gezogen - selbst von der eigenen Partei. «Bin entsetzt über Beschluss der Berliner SPD, Jugendoffizieren der Bundeswehr die Schulen zu verbieten», schrieb Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) am Montag (1. April 2019) auf Twitter. Die Bundeswehr sei demokratisch, eine Parlamentsarmee. «Die Soldaten verdienen unseren Respekt. Wer so einen Unsinn beschließt, sollte sich selbst von unseren Schulen fernhalten.»

Berlins SPD hatte auf einem Landesparteitag am Samstag (30. März 2019) einen Antrag für ein Werbeverbot der Bundeswehr an Schulen beschlossen. «Es wird militärischen Organisationen untersagt, an Berliner Schulen für den Dienst und die Arbeit im militärischen Bereich zu werben», hieß es in dem Text.

Der Antrag zielt darauf ab, dass diese Formulierung im Schulgesetz für das Land Berlin ergänzt wird. Minderjährige seien in einem Alter, in welchem sich zentrale Lebens- und Wertvorstellungen erst noch entwickeln müssten. «Dementsprechend anfällig sind sie für militärische Propaganda und Verharmlosung der realen Gefahren eines militärischen Einsatzes», heißt es zur Begründung. Am Dienstag (2. April 2019) präzisierte Andreas Geisel, Innensenator stellvertretender SPD-Landesvorsitzender, auf n-tv.de, dass »ein Werbeverbot, kein Informationsverbot für die Bundeswehr an Schulen» beschlossen worden sei.

«Schlag ins Gesicht aller Soldaten»

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bezeichnete den Beschluss und die Begründung als einen «Schlag ins Gesicht aller Soldatinnen und Soldaten». «Sie halten bei jedem Einsatz den Kopf dafür hin, dass in Deutschland Frieden und Freiheit herrschen», sagte die CDU-Politikerin. «Deswegen darf es keinen Raum in dieser Gesellschaft geben, in dem diese Leistung totgeschwiegen und herabgewürdigt werden soll.»

Der SPD-Antrag dokumentiere, «dass Teile der Partei versuchen, die Soldatinnen und Soldaten an den Rand der Gesellschaft zu drängen», kritisiert der CDU-Bundestagsabgeordnete Henning Otte und betont: «Das ist respektlos, gefährlich und widerspricht unserer Auffassung vom Prinzip des Staatsbürgers in Uniform. Die Bundeswehr ist ein zentraler Bestandteil unserer Demokratie. Die sicherheitspolitische Arbeit der Jugendoffiziere an Schulen muss selbstverständlich sein.» Die Besuche von Jugendoffizieren seien nicht betroffen, so Geisel bei n-tv.de. Sondern der Beschluss beziehe sich auf Veranstaltungen von Karriereberatern, die das Ziel haben, Personal für die Bundeswehr zu gewinnen. Jeder Schule stehe es frei, auch die Bundeswehr zu sich einzuladen, so Geisel weiter.

«Ein in jeder Hinsicht misslungener Antrag»

Der SPD-Verteidigungspolitiker Fritz Felgentreu rief die Berliner SPD auf, den Beschluss zurückzunehmen. «Es ist ein in jeder Hinsicht misslungener Antrag, inhaltlich falsch und handwerklich schlecht gemacht», sagte der Bundestagsabgeordnete dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Dass Jugendoffiziere in die Schulen kommen, um mit jungen Menschen über sicherheitspolitische Fragen zu sprechen, sei richtig: «Es ist lobenswert, dass die Bundeswehr dieser Aufgabe nachkommt», sagte er. «Ich würde der Berliner SPD dringend raten, die Beschlusslage zu dem Thema neu zu überdenken.»

Die SPD-Bundespartei stellte sich gegen den Vorstoß der Berliner Sozialdemokraten. «Jugendoffiziere machen keine Werbung», sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil in Berlin. Sie sollten auch weiter sicherheitspolitische Diskussionen an den Schulen führen können.

Auch der Deutsche Lehrerverband schaltete sich bereits mit in die Diskussion ein und zeigt eine klare Haltung. So bezeichnet Hans-Peter Meidinger, Prsäident des Deutschen Lehrerverbandes, den SPD-Beschluss als «schweren Fehler».

«Etwas, was ich von der Linken erwartet hätte»

«Ich bin entsetzt. Das ist etwas, was ich von der Linken erwartet hätte, aber nicht von der SPD in der Hauptstadt», sagte Meidinger dem «Tagesspiegel» (Dienstag, 2. April 2019). Er habe noch von keiner Schule gehört, dass die Bundeswehr an Schulen Werbung für Töten und Sterben mache. Zudem finde das Werben der Bundeswehr als Arbeitgeber, anders als die Informationsveranstaltungen mit Jugendoffizieren, außerhalb der Schulzeiten statt. So könnten sich Berufsschüler zum Beispiel in Bundeswehr-Infobussen an Schulen über die dortigen Arbeitsmöglichkeiten informieren.

In Berlin regiert eine rot-rot-grüne Koalition. Die Berliner Grünen-Fraktion begrüßte den Antrag im Grundsatz, auch die Berliner Linken sprachen sich dafür aus. Der SPD-Beschluss ist aber nicht bindend. Kritik kam von der Opposition.

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Burkard Dregger, erklärte: «Die Berliner SPD und ihr Fraktionsvorsitzender brauchen Nachhilfe in Sachen Staatsbürgerkunde. Auch ihnen muss klarwerden, dass unsere Bundeswehr als Parlamentsarmee und existenzieller Bestandteil unserer Demokratie selbstverständlich an Schulen über ihren verfassungsmäßigen Auftrag informieren muss.» Auch FDP und AfD sind gegen das Vorhaben der SPD.

Parlamentsarmee mit einem in der Verfassung verankerten Auftrag

Das Verteidigungsministerium kritisierte ebenfalls die Entscheidung der Berliner SPD. Die Bundeswehr sei eine Parlamentsarmee und habe einen in der Verfassung verankerten Auftrag, betonte ein Sprecher. In diesem Zusammenhang stünden auch Besuche von Jugendoffizieren und Karriereberatern an Schulen. «Wir haben aktuell rund 70 hauptamtliche und 270 nebenamtliche sogenannte Jugendoffiziere in der Bundeswehr.»

Diese gingen auf Einladung an die Schulen und erklärten im Klassenzimmer den Auftrag und die Aufgaben der Bundeswehr. «Sie erzählen also den Schülerinnen und Schülern, was Soldatinnen und Soldaten im Grundbetrieb und im Einsatz machen.» Im vergangenen Jahr habe es 5.800 Veranstaltungen mit 117.000 Schülern gegeben.

Zudem gebe es Karriereberater, die grundsätzlich über die Bundeswehr als Arbeitgeber informierten, erläuterte der Sprecher. Dazu habe es im Jahr 2017 etwa 1.500 Veranstaltungen gegeben. Die Einzelberatung finde dann aber außerhalb der Schulen statt. In den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg ist die Zahl der Anfragen von Schulen nach Bundeswehr-Auftritten eher geringer als in den Flächenländern.

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