19.10.2018
dpa

Justiz prüft Anzeige gegen Verteidigungsministerium wegen Beratern

Mit dem Einsatz externer Computerexperten hat sich das Verteidigungsministerium bereits Kritik des Rechnungshofes eingefangen. Nun gibt es Vorwürfe wegen möglicher Scheinselbstständigkeit.

Berlin - Der Einsatz von Unternehmensberatern im Verteidigungsministeriums beschäftigt die Berliner Justiz. Die Staatsanwaltschaft prüfe nach einer Strafanzeige, ob es einen Anfangsverdacht der Scheinselbstständigkeit gebe, berichtete «Spiegel online» am Donnerstag. Ein Sprecher der Behörde bestätigte die Prüfung, ohne aber weitere Angaben zu machen. Die Anzeige richtet sich gegen das Ministerium, vertreten durch Ministerin Ursula von der Leyen (CDU). Grüne und FDP verlangten Aufklärung von von der Leyen, andernfalls sei ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss nötig.

An dem Einsatz von Unternehmensberatern hatte es bereits Kritik vom Bundesrechnungshof gegeben. Dabei ging es auch um eine rechtswidrige Finanzierung der Berateraufträge aus einem Rahmenvertrag des Bundes.

Inzwischen habe das Ministerium sechs externe Unternehmensberater, die im Ministerium monatelang an einem IT-Projekt arbeiteten, an die Rentenversicherung gemeldet, heißt es in dem «Spiegel»-Bericht. Der Anzeige sei eine interne Anweisung vom 10. September beigelegt gewesen. In dem Schreiben werde angeordnet, dass externe Berater ab sofort nicht mehr «als ministerielle Instanz» auftreten dürften, dienstpostenähnliche Beschäftigungsverhältnisse umgehend abgeschafft und allen Externen ihre Ministeriums-Mailadressen und der Zugriff auf das geschützte Intranet-System entzogen werden müssten.

«Wir haben die Regelen und Strukturen für Vergaben geändert», sagte der Sprecher des Ministeriums, Jens Flosdorff, am Donnerstag. Der Abruf der Leistungen aus einem Rahmenvertrag sei gestoppt worden. Es seien zwei neue Referate eingerichtet worden: eine zentrale Vergabestelle und eine Fachaufsicht im Ministerium über die gesamte Vergabe. Zudem gebe es eine Ermittlungsgruppe, die «Hinweisen auf grobes persönliches Fehlverhalten von Einzelpersonen» nachgehe und für «Aufklärung des Geschehenen sorgt». Das Ministerium stelle nun auch sicher, dass externe Berater nicht wie Amtspersonen auftreten.

FDP-Vize Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte, von der Leyen trage die politische Verantwortung für die Vergabe-Affäre und müsse Parlament wie Öffentlichkeit umfassend über die Hintergründe informieren. Andernfalls seien «Instrumente» wie ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss notwendig. Der Grünen-Innenpolitiker Tobias Lindner bewertete die Lage ähnlich. Von der Leyen sei gefordert, die Vorgänge aufzuklären. «Ich erwarte, dass das Verteidigungsministerium uns vollumfänglich Einsicht in die relevanten Akten gewährt. Ansonsten sind andere Wege der parlamentarischen Aufklärung wie ein Untersuchungsausschuss unumgänglich.»

Kritik kam auch vom Wehrbeauftragten des Bundestages, Hans-Peter Bartels. «Externe Berater sind teuer und für die Bundeswehr nur die zweitbeste Lösung», sagte Bartels der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Solche Verträge sollten auf Ausnahmefälle beschränkt werden. Die Managementstrukturen in Ministerium und Ämtern müssten so gestaltet werden, dass die Aufgaben von eigenen, gut ausgebildeten Mitarbeitern erledigt werden könnten. «Das ist bis heute noch nicht gelungen, und deshalb kommt die Arbeit nicht vom Tisch», sagte er.

Die Opposition zielte auch auf die Rolle der Ministerin ab. «Die Verteidigungsministerin war mit dem Versprechen ins Amt gestartet, den «Laden» aufzuräumen. Scheinbar herrschen im Verteidigungsministerium aber noch immer unhaltbare und korrupte Zustände», kritisierte Alexander Neu, Obmann der Linken im Verteidigungsausschuss.

«Die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss wegen der Vergabe der dubiosen Beraterverträge in Millionenhöhe steht noch immer im Raum», urteilte der AfD-Politiker Georg Pazderski. Er begrüßte die Strafanzeige und kritisierte, von der Ministerin ins Haus geholte externe Berater hätten sich im Ministerium wie eine staatliche Instanz verhalten.

Von Scheinselbstständigkeit ist die Rede, wenn ein Mitarbeiter offiziell selbstständiger Unternehmer ist - allerdings in die Abläufe des Arbeitgebers eingebunden ist und seinen Anweisungen folgen muss.