Am Eingang: In Augustdorf ist die Panzerbrigade 21 "Lipperland" stationiert, in der General-Feldmarschall-Rommel-Kaserne. Es wird immer wieder über die Umbenennung diskutiert. Foto: Iskender Özkacar

Am Eingang: In Augustdorf ist die Panzerbrigade 21 "Lipperland" stationiert, in der General-Feldmarschall-Rommel-Kaserne. Es wird immer wieder über die Umbenennung diskutiert. Foto: Iskender Özkacar

04.09.2019
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Kasernennamen unter der Lupe (4): Generalfeldmarschall Erwin Rommel – ein umstrittener Militär

Wer waren die Persönlichkeiten, deren Namen groß an den Kasernen prangen? In der Serie „Kasernennamen unter der Lupe“ werden einige dieser bedeutenden Menschen beleuchtet. Den Auftakt machte der Widerstandskämpfer Julius Leber, es folgten der Physiker Heinrich Hertz und Hauptfeldwebel Lagenstein. Im vierten Teil widmen wir uns der umstrittenen Person Erwin Rommel.

Erwin Rommels Leben ist geprägt und bestimmt vom Militär. Nach der Schule beginnt er seinen Dienst, zwei Kriege erlebt er. Unter dem NS-Regime findet er den Tod. Bis heute ist die Rolle Rommels umstritten. Während die einen sagen, er sei von den Nazis in den Selbstmord getrieben worden und sie Rommel beim Widerstand verorten, sehen Kritiker in ihm einen Militär, der sich zumindest in den Anfangsjahren des Krieges kritiklos in die Propaganda-Maschinerie des NS-Regimes einspannen ließ. Dass er Namensgeber von Bundeswehrkasernen ist, wird immer wieder kontrovers diskutiert.

Zwei Kasernen sind in Deutschland noch nach Rommel benannt: die Rommel-Kaserne in Dornstadt (Baden-Württemberg) und die Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne in Augustdorf, größter Standort des Heeres und Heimat der Panzerbrigade 21 „Lipperland“. Die in Lippe gelegene Kaserne wurde Ende der 1930er Jahre als Nordlager für den nicht weit entfernten Landwehrübungsplatz angelegt. Den Namen nach dem Generalfeldmarschall der Wehrmacht erhielt sie 1961.

Immer wieder ist die Umbenennung der Kaserne im Gespräch. So forderte Die Linke beispielsweise 2014: „Rommel muss weg“. Jüngst in diesem Jahr ist die Diskussion erneut entfacht. So kritisierte die Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgegner, Rommel tauge nicht als Vorbild. In der Augustdorfer Kaserne, wo alle neuen Kameraden gleich zu Beginn über den Namensgeber unterrichtet werden, stellt sich die Frage nach einer Umbenennung nicht. "Die Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne in Augustdorf trägt ihren Namen seit dem 20. Juli 1961 und wurde im Rahmen eines feierlichen Festakts verliehen. Dieser Festakt fand bewusst am 17. Jahrestag des Attentates der Widerstandkämpfer um Oberst Graf von Stauffenberg auf Adolf Hitler statt. Neben den Familienangehörigen Erwin Rommels wohnten dem Festakt Mandatsträger des Bundestags, der Bezirksregierung Detmold, Vertreter der britischen Streitkräfte sowie der Bundeswehr bei", berichtet der Standortälteste, Oberst Jochen Geck, und führt weiter aus: "Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus gilt für die Bundeswehr bis zum heutigen Tage als traditionsstiftend, zeigt die Erinnerung an die Männer und Frauen des militärischen und zivilen Widerstands doch deutlich die notwendigen moralischen Grenzen von Gehorsam und Gefolgschaft.

Insofern bleibt klar festzustellen, dass die Entscheidung für die Namensgebung der Kaserne in Augustdorf auf der Grundlage der gültigen Vorschriften- und Erlasslage der Bundeswehr erfolgte. Seit 1961 war der Name `Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne´ mehrfach Gegenstand von Untersuchungen. Alle diese Untersuchungen der zurückliegenden Jahre kamen auf Grundlage der gültigen Erlass- und Weisungslagen immer wieder zu dem Ergebnis, dass seit nunmehr 58 Jahren an der Namensgebung festgehalten werden kann und soll. Zuletzt gab die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 10. Juni 2017 im Rahmen ihres Besuchs am Standort Augustdorf anlässlich des `Tags der Bundeswehr´ öffentlichkeitswirksam bekannt, dass der Kasernennamen unverändert bleibt."

Erwin Rommel kam am 15. November 1891 in Heidenheim (Württemberg) als Sohn des Lehrers Erwin Rommel und seiner Frau Helene zur Welt. 1910 tritt der junge Rommel als Fahnenjunker in das württembergische Heer ein. Er leistet seinen Dienst im Infanterieregiment Nr. 124 in Weingarten. 1911 besucht er einen Kriegsschullehrgang an der Königlichen Kadettenschule in Danzig (heutiges Gdansk in Polen). 1912 wird Rommel Leutnant und bildet in Weingarten Rekruten aus.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs dient Rommel als Zugführer in Belgien, dann bei Verdun. Noch 1914 erleidet Rommel eine Verwundung an der Hüfte, wofür er das Eiserne Kreuz II. Klasse erhält.  Das Eiserne Kreuz I. Klasse erhält er 1915, nachdem er als Kompaniechef ein Stoßtruppunternehmen in Argonnen in der französischen Champagne geführt hatte. Im Herbst 1915 wird Rommel Teil des Württembergischen Gebirgsbataillons und ist im Stellungskrieg in den Vogesen eingesetzt.

An der Seite Hitlers

1916 dient Rommel an der rumänischen Front. Noch im selben Jahr heiratet er Lucie Maria Mollin in Danzig, sie werden später Eltern eines Sohnes. Im Oktober 1917 wird Rommel mit dem Gebirgsbataillon an die italienische Isonzo-Front versetzt. Dort ist er Teil des Vormarschs auf die Piave. Im Dezember erhält er den Orden „Pour le Mèrite“. Bis der Krieg 1918 endet, dient Rommel als Ordonnanzoffizier Stabsdienst bei einem Generalkommandeur an der Westfront. 1919 kommt Rommel dann als Hauptmann nach Friedrichshafen. Im Oktober desselben Jahres erfolgt seine Neuvereidigung in der Reichswehr.

Von 1921 bis 1929 ist Rommel Chef einer Maschinengewehrkompanie in Stuttgart. Von 1929 bis 1933 unterrichtet er an der Dresdner Infanterieschule. Als die Nationalsozialisten im Januar 1933 an die Macht kommen, erhofft sich Rommel eine Revision des Versailler Vertrags. Im Oktober wird Rommel zum Major befördert.

Zum „Reichsbauerntag“ in Goslar am 30. September 1934 schreitet Rommel an der Seite Hitlers die Front ab. Im folgenden Jahr wird Rommel Lehrer an der Infanterieschule in Potsdam. 1936 folgt die Berufung in das militärische Begleitkommando Hitlers. Auch als Autor ist Rommel aktiv. 1937 wird sein Werk „Infanterie greift an“ publiziert. Rund 400.000-mal verkauft sich das Buch bis zum Ende des NS-Regimes.

1938 befiehlt Rommel das „Führerbegleitkommando“ beim Einmarsch in das Sudetengebiet. 1939 hat er als Generalmajor die Leitung über das „Führerhauptquartier“. 1940 ist er beim Frankreichfeldzug dabei, ihm wird das Ritterkreuz verliehen.

Befehlshaber der "Panzergruppe Afrika"

1941 wird Rommel in den Rang des Generalleutnants befördert und hat den Oberbefehl über das deutsche Afrikakorps in Libyen. Im Juli wird er Befehlshaber der „Panzergruppe Afrika“ nachdem er zuvor die Cyrenaika in Libyen zurückerobert hat, aber sich dann im November aus dem Gebiet zurückziehen muss. Im Januar 1942 erobert er das Gebiet zurück. Im Juni wird Rommel nach der Eroberung von Tobruk von Hitler zum Generalfeldmarschall ernannt. Rommel gelingen weitere Vorstöße in Afrika. In Deutschland wird er als Kriegsheld gefeiert. Im November gelingt den Briten der Durchbruch bei El Alamein (Ägypten), Rommel startet daraufhin den Rückzug.

Im Februar 1943 wird Rommel Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Afrika. Im März verlässt er Nordafrika. Im Mai folgt die Kapitulation der deutschen Heeresgruppe Afrika vor den Briten und Amerikanern. Das Kommando über die Heeresgruppe B erhält Rommel im August und im September den Oberbefehl in Norditalien. Ab November ist er durch den Auftrag zur Kontrolle der Verteidigungsmaßnahmen an der französischen Atlantikküste direkt Hitler unterstellt.

1944 unterzeichnet Rommel das Treuegelöbnis der Generalfeldmarschälle. Im Juli erleidet er eine schwere Verwundung bei einem Tieffliegerangriff bei Caen. Dann gerät Rommel ins Visier der Wehrmachtsführung. Hitlers Vertrauen in ihn schwindet. Er wird nach dem Stauffenberg-Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 beschuldigt, Teil des Widerstands zu sein.

Verbindung zum Widerstand

Rommel hielt zwar eine Änderung der politischen Verhältnisse an der Reichsspitze für notwendig, wusste aber wohl nichts von den Attentatsplänen von Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Rommel zog eine Übereinkunft mit den Westalliierten in Betracht, er betrachtete den Krieg als verloren. Andererseits hatte Rommel Kontakt zu Caesar von Hofacker, ein Verbindungsmann Stauffenbergs. Hofacker meldete zudem Stauffenberg, Rommel sei für die Umsturzplanung gewonnen worden. Er gab Informationen an Stauffenberg weiter, die von Rommel stammen konnten. Es bedeutet jedoch nicht, dass Rommel in die gesamten Pläne eingeweiht gewesen war. Fakt ist, dass Rommel sich zu diesem Zeitpunkt von seinen Verwundungen erholte. Ob der Staatsstreich anders verlaufen wäre, wäre Rommel nicht ans Krankenbett gefesselt gewesen, darüber lässt sich nur spekulieren.

Im August tritt Rommel seinen Genesungsurlaub an und kehrt in sein Haus bei Ulm zurück. Er wird von diesem Urlaub nicht mehr in den militärischen Dienst zurückkehren. Denn im Oktober ereilt ihn der Befehl, sich vor dem Volksgerichtshof zu verantworten, was er wegen seines gesundheitlichen Zustands ablehnt. Eine Woche später, am 14. Oktober, erhält er Besuch von zwei Generalen des Oberkommandos der Wehrmacht. Er wird beschuldigt, an der Planung des Attentats auf Hitler beteiligt gewesen zu sein. In Gegenwart der beiden Generale bringt sich Rommel um, mit einer Giftkapsel.

Am 18. Oktober erfolgt nach einem großen Staatsakt in Ulm seine Beisetzung in Herrlingen, wo er zuhause war. 

So funktioniert die Namensvergabe
„Kasernen und Namen sind Teil des Traditionsverständnisses, dieses Verständnis kann nicht verordnet werden, es muss wachsen“, erläutert ein Sprecher des BMVg auf DBwV-Anfrage. Der Traditionserlass wurde am 28. März 2018 in Hannover gezeichnet. „Er setzt den Rahmen und die Richtlinien für das Traditionsverständnis innerhalb der Bundeswehr“, so der Sprecher weiter. Bei der Namenswahl geht es unter anderem auch darum, dass sich die Angehörigen der Bundeswehr mit ihm identifizieren können, weil er für ihren täglichen Dienst Bedeutung hat.

„Die Initiative für die Benennung einer Kaserne liegt grundsätzlich bei der vor Ort stationierten Truppe“, sagt der Sprecher und schildert das Vorgehen. „Der Kasernenkommandant stimmt den beabsichtigten Namensvorschlag mit den Kommandeuren und Dienststellenleitern der in der Kaserne untergebrachten Truppenteile und Dienststellen ab. Besteht bei der Truppe Einvernehmen zu einem Namensvorschlag, so ist die Zustimmung des Inspekteurs des zuständigen militärischen Organisationsbereiches auf dem Dienstweg einzuholen. Anschließend ist die Stadt oder Gemeinde, bei der sich die Kaserne befindet, zu beteiligen.“ Ist die Benennung nach einer verdienten Persönlichkeit beabsichtigt, wird auch die schriftliche Zustimmung der nächsten Angehörigen oder Nachkommen des zukünftigen Namensgebers benötigt.

Die Entscheidung fällt im Ministerium

Der endgültige Namensvorschlag muss dann dem Verteidigungsministerium zur Genehmigung vorgelegt werden. Ist diese erteilt, wird die Namensgebung der Liegenschaft durch die Dienststellen vor Ort unter feierlicher Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt. „Erst mit diesem feierlichen Akt ist die Namensgebung abgeschlossen. Die Benennung erlischt mit Aufgabe der Liegenschaft durch die Bundeswehr.“

Ist eine Umbenennung der Kaserne angestrebt, verhält es sich ebenso. Der Grundstein dafür sollte von den Soldatinnen und Soldaten vor Ort kommen. Der Vorschlag wird dann im Standort und mit dem kommunalen Umfeld diskutiert, bevor der Antrag auf eine Umbenennung eingereicht wird. Wichtig ist auch hierbei, dass der Name sinnstiftend für das Traditionsverständnis der Bundeswehr ist.