27.05.2020
dpa

Weniger Einsatzkräfte in Friedenstruppen weltweit - Brandherd Mali

Internationale Missionen der UN und anderer Organisationen sichern mit ihrem Einsatz einen oft fragilen Frieden. Ihre Personalstärke nimmt dabei kontinuierlich ab. In einem Friedenseinsatz gibt es weiter vergleichsweise viele Tote durch feindliche Angriffe.

Stockholm - Die Zahl der zu Friedensmissionen in aller Welt entsandten Einsatzkräfte ist 2019 weiter zurückgegangen. Ende des vergangenen Jahres waren schätzungsweise 137 781 Soldaten, Polizisten und Zivilisten bei insgesamt 61 Friedensmissionen unter Ägide der UN oder von anderen Organisationen im Einsatz, wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri hervorgeht. Das waren 4,8 Prozent weniger als 2018 und entsprach dem vierten jährlichen Rückgang in Folge, der vor allem an der kontinuierlichen Abnahme des Personals bei den UN-Einsätzen lag.

Die rückläufigen Personalzahlen ließen sich dadurch erklären, dass einige größere Einsätze entweder personell reduziert oder gänzlich beendet worden seien, erklärte Sipris Friedenseinsatz-Experte Jair van der Lijn. Folgende und neue Missionen seien dagegen tendenziell kleiner. Beim Budget für die UN-Blauhelme werde weiter gespart, während Länder die Effektivität der Einsätze infrage stellten. «Dabei haben Friedensmissionen definitiv einen positiven Einfluss», sagte van der Lijn der Deutschen Presse-Agentur. Auch Bedenken über die Sicherheit des UN-Personals spielten eine Rolle bei dem Rückgang.

Mehr als zwei Drittel (71 Prozent) der Friedenstruppen waren 2019 in Afrika südlich der Sahara aktiv. Die Friedensforscher sehen jedoch Anzeichen für einen Trend, dass die Einsätze in dieser Region ab- und dafür in Nahost und in Nordafrika zunehmen. Der personell größte Einsatz bleibt aber weiter die Amisom-Mission der Afrikanischen Union in Somalia, gefolgt vom UN-Blauhelmeinsatz im Südsudan (Unmiss) und dem Nato-Ausbildungseinsatz «Resolute Support» in Afghanistan.

2019 gab es einen internationalen Friedenseinsatz mehr als 2018. 22 der 61 Einsätze standen unter der Federführung der UN, 33 wurden von regionalen Organisationen und internationalen Bündnissen angeführt. In sechs Fällen fanden sich individuelle Koalitionen zwischen Staaten zu einem Einsatz zusammen.

Die meisten Friedenssoldaten stellen Sipri zufolge Äthiopien, die USA und Uganda, die meisten Polizeikräfte der Senegal, Ruanda und Ägypten. Wie viele Kräfte aus Deutschland stammten, ging aus dem Bericht nicht hervor. Unter den zehn Ländern mit den meisten beteiligten Soldaten oder Polizisten lag die Bundesrepublik nicht.

Die UN-Mission im westafrikanischen Mali (Minusma) bleibt dabei der UN-Friedenseinsatz mit den meisten Todesopfern durch feindliche Angriffe. Bei den internationalen Blauhelmeinsätzen gab es 2019 laut Sipri insgesamt 102 Todesfälle. Während viele davon etwa auf Krankheiten oder Unfälle zurückzuführen waren, kamen 28 davon bei Angriffen ums Leben. 23 dieser 28 Getöteten waren Soldaten und Polizisten - alle davon bis auf einen kamen im Rahmen von Minusma um.

«Die Mali-Mission ist eine andere Art von Einsatz», sagte van der Lijn. Sie sei eng mit internationalen Bemühungen im Kampf gegen Terroristen in der Region verbunden. Andere Missionen fänden eher die klassischen Prinzipien eines Friedenseinsatzes - etwa die Zustimmung aller Konfliktparteien - vor und begegneten deshalb seltener gewalttätigem Widerstand. Im Gegensatz zur Mali-Mission wiesen alle anderen UN-Friedenseinsätze eine vergleichsweise niedrige Zahl von Todesopfern durch feindliche Angriffe auf.

Deutsche starben laut van der Lijn keine bei den UN-Einsätzen 2019. Generell stammten nur fünf der 102 Todesfälle aus Europa oder Nordamerika, dafür besonders viele davon aus Ländern wie dem Tschad, Niger und Burkina Faso. Diese Situation gelte auch über die UN-Missionen hinaus. «Der Großteil der Todesopfer, sei es bei den UN-Einsätzen oder anderen, stammt aus dem globalen Süden.»

Die Bundeswehr ist in Mali sowohl an der UN-Mission als auch am EU-Ausbildungseinsatz EUTM beteiligt. Die Bundesregierung will den Einsatz in dem von islamistischen Terrorgruppen und organisierter Kriminalität bedrohten Land ausweiten. So sollen für EUTM bis zu 450 deutsche Soldaten und damit 100 mehr als bisher entsendet werden können. Minusma soll nahezu unverändert mit weiterhin bis zu 1100 Soldaten fortgesetzt werden.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Außenminister Heiko Maas hatten zuletzt für die geplante Ausweitung des militärischen Engagements in Mali geworben. Die dortige Lage wirke wie ein Brandbeschleuniger für Migration, organisierte Kriminalität und Extremismus, hatte Maas vor zwei Wochen im Bundestag gesagt. Die Bilanz des Engagements bezeichnete er dabei als «durchwachsen». «Dieser Einsatz ist ein schwieriger, und er wird es auch bleiben.»