Ein Tornado auf dem türkischen Stützpunkt Incirlik. Erneut gibt es Streit um den Besuch von Abgeordneten des Deutschen Bundestages Foto: Bundeswehr

Ein Tornado auf dem türkischen Stützpunkt Incirlik. Erneut gibt es Streit um den Besuch von Abgeordneten des Deutschen Bundestages Foto: Bundeswehr

15.05.2017
dpa/mkl

Abgeordnete dürfen nicht nach Incirlik - Regierung erwägt Abzug

Berlin. Die Türkei hat Bundestagsabgeordneten einen Besuch bei den deutschen Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik untersagt und damit die Krise in den deutsch-türkischen Beziehungen weiter verschärft. Die Bundesregierung bezeichnete das Verhalten als "absolut inakzeptabel" und erwägt nun einen Abzug der am Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) beteiligten Bundeswehrtruppe. SPD, Linke und Grüne sprachen sich am Montag klar für einen solchen Schritt aus. Favorit unter den Alternativstandorten ist Jordanien.

Der Besuch der Obleute des Verteidigungsausschusses war für Dienstag geplant und bereits vor Wochen angekündigt worden. Am Samstag wurde die Absage dem Auswärtigen Amt auf Arbeitsebene mitgeteilt. Als ein Grund wurde die Gewährung von Asyl für türkische Offiziere in Deutschland angegeben. Die Abgeordneten wurden am Montag darüber informiert.

Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Hellmich sprach sich dafür aus, den Abzug sofort einzuleiten. "Wir lassen uns nicht erpressen", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Grüne und Linke halten den Abzug für längst überfällig. Die CDU forderte dagegen lediglich, "mit höherer Dringlichkeit alternative Stationierungsorte in Betracht zu ziehen". Die Bundesregierung will allerdings zunächst einmal abwarten, ob die türkische Seite nicht doch noch einlenkt.

"Es ist der nächste Riesenaffront, dass den Abgeordneten der Besuch in Incirlik untersagt wurde", sagte auch Agnieszka Brugger, Sprecherin für Sicherheitspolitik und Abrüstung der Grünen-Bundestagsfraktion. "Es ist zynisch und völlig inakzeptabel von der türkischen Regierung, diese Frage mit den Asylverfahren türkischer Soldaten zu verknüpfen."

Auch der DBwV fordert den Bundestag zum Handeln auf. "Der Bundestag erteilt das Mandat zum Einsatz der Bundeswehr, und wenn die Parlamentarier mehrheitlich zur der Auffassung kommen, die Luftwaffe aus der Türkei abzuziehen, dann sollte die Regierung der Aufforderung nachkommen", sagte der für Auslandseinsätze zuständige 2. Stellvertreter des Bundesvorsitzenden, Hauptmann Andreas Steinmetz.

Erdogan trifft beim Nato-Gipfel auf Merkel


Außenminister Sigmar Gabriel will am Mittwoch bei einem Besuch in Washington mit den USA über den Anti-IS-Einsatz sprechen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird nächste Woche beim Nato-Gipfel in Brüssel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel an einem Tisch sitzen.

Die Bundeswehr beteiligt sich von Incirlik aus mit "Tornado"-Aufklärungsjets und einem Tankflugzeug an den Luftangriffen gegen die IS-Terrormiliz in Syrien und im Irak. Auf der Luftwaffenbasis sind etwa 260 deutsche Soldaten stationiert.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Türkei Bundestagsabgeordneten über Monate hinweg den Besuch bei den deutschen Soldaten in Incirlik verweigert. Im Oktober durften sie dann doch noch einreisen. Grund für die Verstimmung war damals, dass der Bundestag in einer Entschließung die im Osmanischen Reich an den Armeniern begangenen Verbrechen als Völkermord anerkannt hatte.

Das Verteidigungsministerium hat bereits Alternativstandorte in Jordanien, Kuwait und auf Zypern geprüft. Jordanien gilt als günstigste Option. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wäre der Einsatz von dort aber nur mit Abstrichen möglich. Eine Truppenverlegung würde Monate dauern, sagte Sprecher Jens Flosdorff.