Brigadegeneral a. D. Alois Bach vor den Teilnehmern des 9. Kolloquiums am Zentrum Innere Führung. Fotos: Frank Henning

Brigadegeneral a. D. Alois Bach vor den Teilnehmern des 9. Kolloquiums am Zentrum Innere Führung. Fotos: Frank Henning

23.09.2015
fh

Nur ein bisschen zukunftsfähig

Ist die Bundeswehr zukunftsfähig aufgestellt? Da ist noch Luft nach oben, meinten die Teilnehmer des 9. Kolloquiums am Zentrum Innere Führung (ZInFü) in Koblenz. Das Bildungswerk des DBwV hatte in Kooperation mit dem ZInFü und dessen Freundeskreis prominente Referenten eingeladen, etwa den Wehrbeauftragten des Bundestags, Hans-Peter Bartels, oder den früheren Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan. Schneiderhan, Mitglied der sogenannten Rühe-Kommission, die die Parlamentsbeteiligung auf den Prüfstand gestellt hat, wies darauf hin, dass der Bundestag nie einen Antrag der Bundesregierung für ein Einsatzmandat abgelehnt habe. Deswegen sei an der Parlamentsbeteiligung grundsätzlich nicht zu rütteln. Allerdings gelte es, bei der internationalen Zusammenarbeit und Arbeitsteilung nachzubessern.

Zur Mandatierung von integriertem Personal und zu Ausbildungsmissionen habe die Kommission Vorschläge gemacht. Zudem sollten im Mandatstext die nichtmilitärischen Aspekte eines Einsatzes ein stärkeres Gewicht erhalten. Über ihren Auftrag hinaus habe die Kommission angeregt, die rechtlichen Grundlagen für Auslandseinsätze zu überprüfen. Insgesamt habe Kommissionschef Volker Rühe die Ergebnisse richtig zusammengefasst: „Es gab keinen Grund, die Parlamentsrechte einzuschränken.“

DBwV-Chef Oberstleutnant André Wüstner gab hier zu bedenken, dass die Mandatierung von Ausbildungs- und humanitären Missionen wie die Seenotrettung ganz konkrete Auswirkungen für die Soldaten bis hin zur Versorgung habe. Dies dürfe die Politik nicht aus den Augen verlieren.

Bartels richtete den Blick auf die geänderte Sicherheitslage: „Kollektive Verteidigung spielt heute wieder eine größere Rolle.“ Die derzeit größte Bedrohung sei eine globale, die von Afrika bis Indonesien reiche: „Was uns am meisten in Atem halten wird, ist der jihadistische Terror.“ Der Wehrbeauftragte machte sich erneut für eine Vollausstattung der Bundeswehr stark: „100 Prozent Bundeswehr brauchen 100 Prozent Ausrüstung – vielleicht noch ein bisschen mehr.“ Ein Augenmerk müsse zudem darauf liegen, multinationale Großverbände zu schmieden, um „aus vielen Bruchstücken ein funktionsfähiges Ganzes zu formen“, sagte Bartels.

„Es gibt Handlungsbedarf bei der Bundeswehr“, beantwortete Wüstner gleich zu Beginn seines Vortrags eine an ihn gerichtete Frage. Unter der Führung von Ursula von der Leyen habe das Ressort einen Kulturwandel erlebt, es bleibe aber noch viel zu tun. Er gehe davon aus, dass es zudem – trotz der Flüchtlingskrise – beim Ziel bleibe, 1,17 Prozent des Bruttosozialprodukts für die Verteidigung aufzuwenden. Verbesserungsbedürftig seien die Prozesse, nicht nur bei der Beschaffung. Eine Riesenchance liege im Weißbuchprozess, doch die Akteure täten sich schwer, größere Kreise für Sicherheitspolitik zu interessieren. Der Verbandschef rief dazu auf, für den Prozess zu werben. „Jeder kann dazu beitragen, mehr Menschen zu erreichen.“

Der Kommandeur des ZInFü, Generalmajor Jürgen Weigt, skizzierte das Profil des künftigen militärischen Führers. Die Anforderungen seien enorm. Er müsse technisch und humanistisch gebildet sein, er müsse interkulturelle Kompetenz aufweisen. Bis vor kurzem habe der ISAF-Einsatz das Denken geprägt. „ Vom Einsatz her denken“, sei die Parole gewesen, erinnerte der Generalmajor. Allerdings sei die Einsatzerfahrung für jeden unterschiedlich gewesen. Die Führungskräfte müssten sich künftig in deutlich vielfältigeren Aufgaben bewähren, als es unter dem Einsatzbegriff zusammenzufassen sei. Hier gebe es eine große Verantwortung. „Wir haben die Richtigen auszuwählen, die dann auch ‚gut’ führen“, sagte Weigt. Als Verbesserungsmöglichkeiten nannte der General neben vielen anderen Dingen eine Einhaltung von mindestens dreijährigen Stehzeiten in Führungsverwendungen.
Heiko Biehl vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften erläuterte, was die Bürger über die Bundeswehr denken. Sein Ausgangspunkt waren das Zitat des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler vom freundlichen Desinteresse und die Worte des Ex- Verteidigungsministers Thomas de Maizière über den aus seiner Sicht übertriebenen Wunsch der Soldaten nach Anerkennung. In den Umfragen zur Wertschätzung liege die Bundeswehr nach wie vor mit vorn, sagte Biehl. Doch wenn es dann um sicherheitspolitische Verantwortung und Einsätze, besonders Kampfeinsätze gehe, schrumpfe die Unterstützung enorm. Die deutsche Geschichte spiele hier eine Rolle, aber auch die Bilanz der bisherigen Einsätze, besonders des ISAF-Einsatzes, die als erfolglos wahrgenommen würden.

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