Der Ort des Tiger-Absturzes in Mali, 80 Kilometer von Camp Castor entfernt. Foto: Bundeswehr/Döhring

Der Ort des Tiger-Absturzes in Mali, 80 Kilometer von Camp Castor entfernt. Foto: Bundeswehr/Döhring

18.11.2017
sb

„Am liebsten wäre ich noch länger geblieben“ – Hinterbliebene besuchen Camp Castor in Mali

„Am liebsten wäre ich noch länger geblieben.“ – Daniela Müller verabschiedet sich mit sehr gemischten Gefühlen von den Heeresfliegern in Mali. Ihr Ehemann war einer der beiden Piloten, die am 26. Juli beim Absturz eines Kampfhubschraubers „Tiger“ in der Nähe von Gao tödlich verunglückt sind. Jetzt konnte sie zusammen mit ihrem Sohn und ihrer Tochter am Unglücksort einen besonderen Abschied nehmen.

Begleitet wurde die Familie von der Beauftragten Angelegenheiten für Hinterbliebene, Susanne
Bruns, und Harald Hofmann, Leitender Truppenpsychologe beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr. Auch dem Kommandeur des Kampfhubschrauberregiments 36 aus Fritzlar, Oberst Volker Bauersachs, war es ein Herzenswunsch, die Familie zu begleiten: „Wir stehen in Fritzlar alle eng zusammen. Da ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, die Familie in ihrer Trauer nicht alleinzulassen.“

„Dass die Bundeswehr Hinterbliebenen eine Informationsreise ins Einsatzland ermöglicht, ist keine Seltenheit“, erklärt Bruns. Das Ungewöhnliche an dieser Reise sei allerdings der frühe Zeitpunkt gewesen: „Die meisten Hinterbliebenen haben so schnell nach dem Tod ihres Angehörigen noch nicht die Kraft, eine solch beschwerliche und emotionale Reise zu unternehmen.“ Daniela Müller hatte jedoch ihren Wunsch schon an dem Tag, an dem die Särge mit den beiden Verunglückten in Köln-Wahn ankamen, an die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen he
rangetragen.

„Die Ministerin hatte sofort vollstes Verständnis und ich bin sehr dankbar, dass uns diese Reise ermöglicht wurde. Ich hatte einfach das Gefühl, nach Mali zu müssen, es ist ein Stück von Thomas Leben und Sterben und so auch ein Stück von uns. Und dann war da dieses merkwürdige Gefühl, immer noch auf ihn zu warten“, so die Hinterbliebene.

Drei Tage hielt sich die Familie in Camp Castor auf, bestens betreut von den Kameraden der beiden verstorbenen Piloten. Die Familie berichtete von einer Atmosphäre des Vertrauens, besonders bei dem Besuch der Absturzstelle, achtzig Kilometer vom Camp entfernt. Wichtig waren ihnen auch die Gespräche mit den anderen Piloten über die Unglücksursache, die bisher noch nicht abschließend geklärt werden konnte, da die Untersuchungen noch andauern. Dass ihr Mann einer der erfahrensten „Tiger“-Piloten der Bundeswehr gewesen sei, werde ihr von allen immer wieder versichert.

„Sehr bewegend war auch, dass uns Oberstleutnant Thomas Blum an der Stelle einen Bildband überreichte, an der die Trauerfeier stattgefunden hatte.  Er zeigte uns auf vielen Fotos, wie die Soldatinnen und Soldaten verschiedener Nationen im Camp Castor Abschied genommen haben“, berichtet Müller.

Familie Müller durfte am ganz normalen Leben der Soldaten teilhaben. So waren sie in einer gut klimatisierten Gemeinschaftsunterkunft im Container untergebracht, es gab gemeinsame Mahlzeiten in der Truppenküche, einen Abend in der Betreuungseinrichtung oder auch Momente der Stille in der Militärkapelle – einem schlichtes Zelt, bedeckt mit rotem Sand.

Es sei ein nicht zu unterschätzender Aspekt der Trauerbewältigung, erklärt Truppenpsychologe Hofmann, dass Hinterbliebene sich nicht zurückzögen, sondern weiterhin aktiv am Leben teilnähmen. Eine gute soziale Unterstützung wäre besonders hilfreich und daher könne das große Engagement aller im Reiseverlauf involvierten Soldaten des Einsatzkontingents nicht hoch genug gewürdigt werden.

Oberst Johannes Derichs, Kontingentführer Deutsches Einsatzkontingent MINUSMA, und der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Bamako, Dietrich Becker, ließen es sich nicht nehmen, der Familie persönlich ihr Beileid auszusprechen. Es wurde unter anderem auch besprochen, warum der Einsatz der Vereinten Nationen in Mali so wichtig sei, denn das Land brauche Stabilität. Der malischen Armee fehle es insbesondere noch an Fähigkeiten, aus der Luft beobachten und eingreifen zu können. Dies sei in diesem großen Land aber ein entscheidender Vorteil gegenüber den diversen gegnerischen Kräften, die sich im Falle einer militärischen Überlegenheit jeweils schnell zurückziehen würden.

Die Bundeswehr, im Auftrag der MINUSMA, trüge daher insbesondere mit ihren Kampfhubschraubern – aber auch durch den Einsatz von Drohnen – sehr dazu bei, die gegnerischen Kräfte abzuschrecken. Letztlich sei dies der beste Schutz für die ohnehin sehr arme Bevölkerung und die Sicherstellung der dringend notwendigen Arbeit der humanitären Hilfsorganisationen. Damit würde der Bevölkerung in den Krisengebieten gezeigt, dass sie nicht allein seien.

„Wenn es für die Motivation unserer Soldatinnen und Soldaten schon sehr wichtig ist, auch einen Sinn in dem zu sehen, was ihnen an persönlichem Einsatz und Entbehrung abverlangt wird, so gilt das in ganz besonderem Maße für Hinterbliebene,“ erklärt Susanne Bruns. „Wenn ein Soldat im Einsatz sein Leben verliert, so möchten die Angehörigen doch zumindest wissen, dass sein Einsatz ein kleines Stück dazu beigetragen hat, die Welt sicherer zu machen.“

Im Einsatz für die Angelegenheiten von Hinterbliebenen

Susanne Bruns und ihr Team kümmern sich im Verteidigungsministerium um die Angelegenheiten von Hinterbliebenen verstorbener oder gefallener Bundeswehrangehöriger. Dabei stehen besonders die Anliegen derjenigen Hinterbliebenen im Fokus, deren Angehörige im Zusammenhang mit der Ausübung des Dienstes ums Leben gekommen sind. Zu ihren Aufgaben gehören die persönliche Wahrnehmung der Hinterbliebenen und die Koordinierung ihrer Anliegen, die Mitwirkung in Fragen der Gedenkkultur, die Förderung der Kontaktpflege unter Hinterbliebenen und die Begleitung sozialer Netzwerke sowie Stiftungen innerhalb und außerhalb der Bundeswehr zur Unterstützung von Hinterbliebenen. Hinterbliebene können sich mit ihren Sorgen und Nöten an die Beauftragte wenden. Die Beauftragte Angelegenheiten für Hinterbliebene ist unter der folgenden Anschrift zu erreichen:
Beauftragte Angelegenheiten für Hinterbliebene, Bundesministerium der Verteidigung, Stauffenbergstrasse 18, 10785 Berlin; Tel.: (030) 2004-23030, E-Mail: BMVgBeauftrAngelegenheitenfuerHinterbliebene@BMVg.BUND.DE.

Mit Rat und Hilfe stets an Ihrer Seite!

Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Alle Ansprechpartner im Überblick