Im Mai 2011 zeigen demonstrierende bosnische Serben Poster von Ratko Mladic. Der frühere Armeechef der bosnischen Serben genießt in Teilen der Bevölkerung immer noch hohes Ansehen. Foto: dpa

Im Mai 2011 zeigen demonstrierende bosnische Serben Poster von Ratko Mladic. Der frühere Armeechef der bosnischen Serben genießt in Teilen der Bevölkerung immer noch hohes Ansehen. Foto: dpa

22.11.2017
dpa/yb

Lebenslang für den „Schlächter vom Balkan“

Ratko Mladic gilt als der schlimmste Kriegsverbrecher in Europa nach 1945. Tausende Tote hat der serbische Ex-General auf dem Gewissen - vor allem durch den Völkermord von Srebrenica. Kurz vor seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft sorgt er für einen Eklat.

Rund 22 Jahre nach dem Völkermord von Srebrenica hat das UN-Kriegsverbrechertribunal den bosnisch-serbischen Ex-General Ratko Mladic (75) zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Richter sprachen den Angeklagten am heutigen Mittwoch in Den Haag für schlimmste Gräueltaten im Krieg (1992-1995) schuldig: Für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und den Völkermord in Srebrenica 1995, wo bosnisch-serbische Truppen etwa 8000 bosnisch-muslimische Jungen und Männer ermordet hatten. Es war das schlimmste Kriegsverbrechen nach 1945 in Europa. Maldic war danach als „Schlächter vom Balkan“ bezeichnet worden. 

Mladic war Oberkommandant der bosnischen Serben während des Krieges, der etwa 100.000 Todesopfer forderte und über zwei Millionen Menschen in die Flucht trieb. Die Richter unter Vorsitz des Niederländers Alphons Orie sahen die Schuld des Angeklagten als zweifelsfrei erwiesen an. „Das Gericht verurteilt den Angeklagten daher zu einer lebenslangen Haftstrafe“, sagte Orie.

Zuvor hatte der Angeklagte für einen Eklat gesorgt. Der Vorsitzende Richter Orie ließ ihn aus dem Gerichtssaal entfernen, nachdem Mladic lautstark protestiert hatte. Die Verteidigung hatte zuvor erfolglos gefordert, die Urteilsverkündung abzukürzen, weil der Blutdruck des Angeklagten gefährlich hoch sei. Das Gericht setzte die Verlesung des Urteils dann ohne Mladic fort.

Mladic wurde schuldig gesprochen für Verbrechen wie Mord, Vertreibung, Folter - dazu gehört auch die über drei Jahre dauernde Belagerung und der Dauerbeschuss von Sarajevo - 10.000 Menschen wurden getötet. Im Juli 1995 dann hatten serbische Einheiten unter seinem Kommando die damalige UN-Schutzzone Srebrenica überrannt und kurz darauf Tausende muslimische Männer und Jungen ermordet. Die niederländischen UN-Blauhelme hatten sich damals kampflos ergeben.

Der Ex-General war erst 2011 nach 16 Jahren auf der Flucht festgenommen worden. Er selbst hatte stets seine Unschuld beteuert. Er habe sein Volk nur verteidigt. Es gilt als sicher, dass er gegen das Urteil Berufung einlegen wird.

Bereits 2016 war sein politischer Chef, der damalige bosnische Serbenführer Radovan Karadzic, für eine fast identische Anklage zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Es war der letzte Völkermord-Prozess des Tribunals. Ende des Jahres wird das Gericht nach 24 Jahren seine Arbeit abschließen. Wegen des Völkermordes in Srebrenica waren mit Mladic 16 Personen schuldig gesprochen worden.

Die in Srebrenica verübten Kriegsverbrechen und die Eskalation des Kriegs im Sommer 1995 waren der Auslöser für das Eingreifen der Nato in den Konflikt. Flugzeuge der Allianz griffen Stellungen der bosnischen Serben in ganz Bosnien an, britische und französische Einheiten griffen am Berg Igman in der Nähe von Sarajewo mit schwerer Artillerie in den Konflikt ein.

Auch die Bundeswehr beteiligte sich an dem Einsatz: Der Deutsche Bundestag beschloss am 30. Juni 1995, erstmals nach Ende des Zweiten Weltkriegs deutsche Soldaten in einen Kampfeinsatz zu schicken. Bis dahin war in Deutschland um die Beteiligung der Bundeswehr an internationalen Einsätzen heftig gestritten worden. Entsendet wurden Aufklärungs-Tornados, Transportflugzeuge und Sanitätssoldaten.
 
Nach dem Friedensabkommen von Dayton beteiligte sich Deutschland auch an der Friedenstruppe IFOR (Implementation Force), die über ein robustes Mandat verfügte und somit den Auftrag hatte, den Frieden zur Not auch mit Waffengewalt durchzusetzen. Ab Januar 1996 waren rund 2600 deutsche Soldaten an IFOR beteiligt. Im Dezember 1996 wurde IFOR in die Nachfolgemission SFOR (Stabilisation Force) überführt. Acht Jahre später wurde aus dem Nato-Einsatz eine EU-Mission: Operation Althea stand unter dem Schutz von EUFOR-Truppen. 2012 beendete Deutschland seine Beteiligung an Althea.

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