02.09.2016

Wo alles begann

Munster. Keine 200 Meter liegt das Kasino Kornett von dem Ort entfernt, an dem sich am 14. Juli 1956 eine Gruppe von Soldaten versammelte, um eine Interessenvertretung zu gründen – es war die Geburtsstunde des Deutschen BundeswehrVerbands und ein Novum in der deutschen Militärgeschichte.

Einen besseren Ort als das Offizierkasino am Standort Munster konnte es somit für den gemeinsamen Festakt des Landesverbands Nord und der Standortkameradschaft Munster nicht geben, um das 60-jährige Bestehen des DBwV zu feiern. Darauf wies Oberstleutnant Jens-Oliver Kaiser als Vorsitzender der StoKa in seiner Begrüßung hin und betonte darüber hinaus die enge Verbundenheit der Soldaten mit ihrer Garnisonsstadt.

Der Landesvorsitzende Nord, Oberstleutnant Andreas Brandes, begrüßte rund 100 Gäste, darunter den Kommandeur Einsatz und stellvertretenden Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Carsten Jacobson. Für die größte deutsche Heeresgarnison war der Kommandeur des Ausbildungszentrums Munster und Standortälteste, Brigadegeneral Norbert Wagner, der Einladung gefolgt. Die 1. Panzerdivision (Oldenburg) vertrat der Kommandeur der Munsteraner Panzerlehrbrigade 9, Brigadegeneral Gunter Schneider. Auf ziviler Seite fanden sich Vertreter der Politik sowie leitende Mitarbeiter von Behörden und anderen Dienststellen.

Bürgermeisterin Christina Fleckenstein überbrachte die Grüße von Rat und Verwaltung, „aber vor allem die der Bürger“. Das Stadtoberhaupt stellte fest: „Die Bundeswehr war, ist und ein bleibt ein wesentlicher Bestandteil der Stadt.“ Sie betonte den Wichtigkeit des DBwV als Interessenvertretung. Fleckenstein wörtlich: „Sie haben in den letzten sechs Jahrzehnten viel für die Menschen in der Bundeswehr getan.“

Der Vorsitzende Heer im DBwV-Bundesvorstand, Oberstleutnant Thomas Behr, stellte zu Munster kurz und knapp fest: „Die Geschichte, Größe und Gemeinschaft machen diesen Standort zu einem besonderen in der Verbandsstruktur.“

Für den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD) steht fest: „Der Verband ist ein ständiger Begleiter von Bundeswehr und Politik.“ Der DBwV habe die Entwicklung nicht nur begleitet, sondern mitgestaltet, so Pistorius, der einige Meilensteine der Verbandsgeschichte auflistete: die Einführung des Rechtsschutzes und der Rechtsberatung sowie der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes, die Einstellung von Frauen in die deutschen Streitkräfte und die Integration ehemaliger Angehöriger der Nationalen Volksarmee. Pistorius abschließend: „Unsere Streitkräfte brauchen den BundeswehrVerband.“

Für den sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten Lars Klingbeil sind sechs Jahrzehnte BundeswehrVerband „eine Erfolgsgeschichte“. Er erinnerte an die Worte eines früheren Generalinspekteurs, dass die Gründung des Verbands die Geburtsstunde eines revolutionären Selbstverständnisses der deutschen Streitkräfte war.

Henning Otte überbrachte als verteidigungspolitischer Sprecher der CDU die Glückwünsche der Ministerin. Anschließend lobte er die Verdienste des Verbands um die Einsatzversorgung der Soldaten sowie dessen Bemühungen um die gesellschaftliche Stellung der Veteranen.

Brigadegeneral Wagner erinnerte an die kontroversen Diskussionen um die Notwendigkeit eines Berufsverbands für Soldaten zu dessen Gründungszeit und schilderte die Situation heute: „Der Verband ist für die Bundeswehr unverzichtbar worden.“

Als „Anwalt der Soldaten“ hat Helmut Königshaus besondere Einblicke in die Streitkräfte gewonnen. Der ehemalige Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags lobte aufgrund seiner Erfahrungen die sachkundige Mitarbeit des Verbands beim Aufbau und der Transformation der Bundeswehr. Königshaus betonte, dass die Soldaten der Bundeswehr als Staatsbürger in Uniform „in bester Tradition“ Dienst für die Allgemeinheit leisten. Der Politiker hob im Rückblick auf seine Zeit als FDP-Abgeordneter und Wehrbeauftragter die intensive, stets konstruktive und faire Zusammenarbeit mit dem Verband hervor. Für die Mandatsträger der Organisation fand er ebenfalls anerkennende Worte: „Der DBwV wäre nicht halb so erfolgreich, wenn er nicht ein dichtes Netz ehrenamtlicher Mitarbeiter hätte.“ Diese seien die Seele des Verbands, so Königshaus.

Der gelernte Jurist weiter: „Soldatinnen und Soldaten brauchen eine starke Vertretung, die auch Dinge anspricht, die niemand in der Politik hören will.“ In diesem Zusammenhang stellte er fest, dass keiner Berufsgruppe so viel zugemutet werde wie den Soldaten. Er erinnerte dazu unter anderem an entbehrungsreiche Einsätze, unzumutbare Unterkünfte in der Heimat und eine teilweise enorme Arbeitsbelastung. Die Reduzierung der Bundeswehr in den letzten Jahrzehnten bezeichnete er als „Abwärtsspirale“. Seine Sicht auf den heutigen Zustand der Streitkräfte und die veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen deckt sich mit den Auffassungen des DBwV: „Es ist sehr viel zu tun.“

Im Rahmen des Festaktes wurden anschließend Hauptmann a.D. Günther Lange und Stabsfeldwebel a.D. Hans-Jürgen Dröscher für ihre 60-jährige Treue zum DBwV ausgezeichnet. Der im Vorweg schon geehrte Hauptfeldwebel d.R. Reserve Diedrich Breuer berichtete als Zeitzeuge von damals. Schon kurz nach Gründung des Verbands trat er als junger Soldat 1956 der Interessenvertretung bei und ist es, wie so viele Ehemalige, auch nach seiner Entlassung geblieben.

Breuer erinnerte an die Auseinandersetzungen über die Wiederbewaffnung in den 1950er Jahren und die ablehnende Rolle der Gewerkschaften. „Um Flagge zu zeigen“ bewarb er sich bei den neuen Streitkräften, was sein Arbeitgeber als „Störung des Betriebsfriedens“ wertete und ihn bei Weiterzahlung der Bezüge freistellte.

Breuer erzählte vom Beginn seiner Dienstzeit und dem in Munster umgehenden Gerücht, dass Soldaten einen Verband gründen wollen. Er trat noch am ersten Tag bei und engagierte sich fortan in seiner knappen Freizeit für den DBwV.

Der ehemalige Hauptfeldwebel schilderte unter anderen den Streit zwischen der militärischen Führung und dem Verband darüber, dass die Zeitschrift des DBwV den Namen „Die Bundeswehr“ bekommen sollte. „Unabhängig davon ging es aber mit dem Verband schnell bergauf“, erinnerte sich Breuer und stellte abschließend fest: „Wenn es den Deutschen BundeswehrVerband nicht gäbe, dann müsste er gegründet werden.“