Multinationale Sanitätsübung in Hamm: Europa muss auch in Sicherheitsfragen weiter zusammenwachsen, meinen die Vertreter der meisten Parteien. Foto: Bundeswehr/Andrea Bienert

Multinationale Sanitätsübung in Hamm: Europa muss auch in Sicherheitsfragen weiter zusammenwachsen, meinen die Vertreter der meisten Parteien. Foto: Bundeswehr/Andrea Bienert

16.05.2019
rs

Europawahl 2019 - die Europa-Ideen der deutschen Parteien

Die Zeit läuft: Am 26. Mai finden die Europawahlen 2019 statt. Die Spitzenkandidaten stehen schon fest. Während sich mit CSU-Vize Manfred Weber erstmals ein gemeinsamer Spitzenkandidat für die Union zur Wahl stellt, geht die SPD mit einer Doppelspitze, der Justizministerin Katharina Barley und dem EU-Abgeordneten und Politikwissenschaftler Udo Bullmann, ins Rennen. Die Grünen setzen auf die Spitzenkandidatin Ska Keller aus Brandenburg, die seit 2016 Fraktionsvorsitzende der Grünen im EU-Parlament ist. Für die FDP tritt Nicola Beer, für die Linken das Duo aus Özlem Alev Demirel und Martin Schirdewan und für die AfD Jörg Meuthen zur Wahl an.

Bereits im Vorfeld der Europawahl zeichnete sich ein klarer Kurs der Union hin zu einer Stärkung der europäischen Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik ab. Die Bundesvorsitzende der CDU forderte in einem in der „Welt“ veröffentlichten Artikel vom 13. März 2019 sogar einen europäischen Flugzeugträger, im Rahmen eines gemeinsamen Rüstungsprojekts. Das Wahlprogramm der CDU/CSU: „Unser Europa macht stark. Für Sicherheit, Frieden und Wohlstand“ untermauert diese sicherheitspolitische Ideen. Das „uneingeschränkte Bekenntnis zur Nato“ sowie das Bündeln europäischer ziviler sowie militärischer Kräfte stellen dabei den Kern des Sicherheitsgerüsts.

Die Pläne sind durchaus ambitioniert. Denn bis 2030 soll die Kooperation im Rahmen von PESCO so vorangetrieben werden, dass gemeinsame Streitkräfte und eine schnelle Eingreiftruppe zur Verfügung stehen. Der neu geschaffene europäische Verteidigungsfonds soll einen Teil dieser Ziele praktisch umsetzen und finanzieren. Eine spannende Frage dabei lässt das Wahlprogramm jedoch nahezu unangetastet, nämlich die Frage nach Rüstungsexportrichtlinien. Zwar sollen gemeinsame Standards in dieser Hinsicht geschaffen werden, konkrete Hinweise darauf, wie diese aussehen könnten, bleibt das Wahlprogramm der Union jedoch schuldig.

„Stärkung der europäischen Souveränität“

Ganz anders sieht es da bei der SPD aus. Denn gerade in puncto Rüstungsexportrichtlinien fordern die Sozialdemokraten „eindeutige und verbindliche europäische Regelungen“. Insgesamt handelt es sich dabei um sehr restriktive Leitlinien mit vielen Rüstungsexportkontrollen, die parlamentarisch überwacht werden sollen. Dazu zeichnet sich im Wahlprogramm der SPD allgemein der Trend ab, sich stärker auf zivile Konfliktlösungsinstrumente und die Entwicklungszusammenarbeit als Instrument der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik zu konzentrieren. Beispielsweise soll zukünftig ein Corps aus zivilen Fachkräften und Experten dabei unterstützen, die Rechtsstaatlichkeit und den Aufbau demokratischer Strukturen in Krisengebieten zu gewährleisten. Aber auch militärisch gibt es Ziele. Zur „Stärkung der europäischen Souveränität“ fordert auch die SPD europäische parlamentarisch kontrollierte Streitkräfte, die vor allem im Bereich der Beschaffung Synergien entwickeln. Somit könnten zukünftig Verteidigungsausgaben eingespart werden.

In vergleichbarer Weise stimmen auch die Grünen und die FDP in diesen Grundtenor ein. Weit oben auf der Liste der Versprechen und Forderungen stehen bei beiden die Stärkung ziviler Krisenpräventions- und Konfliktbearbeitungsmechanismen sowie strengere Rüstungsexportrichtlinien. Mit Blick auf eine gemeinsame europäische Armee unter vereintem Oberbefehl, das Bündnis mit der Nato und den zu vertiefenden Ausbau von PESCO positioniert sich die FDP ähnlich wie die Union.

Die Grünen hingegen suchen den Schulterschluss mit der SPD, wenn es etwa um den Einsatz militärischer Gewalt geht. Dieser sei demnach nur als „äußerstes Mittel“ anzuwenden. Das Ziel von zwei Prozent des nationalen BIP für Rüstungsausgaben wird entsprechend abgelehnt. Aber an erster Stelle stehen für die Grünen eben auch zivile Aspekte der Sicherheit.

Welche eurokritischen Stimmen gibt es?
Bisher bekannten sich alle Parteien zu einer stärkeren Kooperation auf militärischer oder ziviler Ebene. Aber es gibt auch kritische Stimmen, die sich um die Spitzenkandidaten Jörg Meuthen (AfD), Özlem Demirel und Martin Schirdewan (Die Linke) sammeln. Dem Ausbau von PESCO und der Schaffung einer gemeinsamen europäischen Armee wird von beiden Parteien eine Absage erteilt. Für die AfD wird die Sicherheit Europas durch die Nato gewährleistet, deshalb gelte es auch nationale statt europäische Fähigkeiten auszubauen. Am Zwei-Prozent-Ziel der Nato soll festgehalten werden. Gleichzeitig fordert die AfD auch die Wiedereinführung der Wehrpflicht, denn anders seien nationale Fähigkeiten nicht zu verbessern.

Ganz anderer Meinung ist da die Linke, die sich für eine Auflösung der Nato ausspricht und sich eine insgesamt friedlichere Ausrichtung der Außen- und Sicherheitspolitik wünscht. Anstelle der Nato soll ein neuausgerichtetes kollektives Sicherheitssystem unter Einbeziehung Russlands geschaffen werden.

Es bleibt eine spannende Wahl mit unterschiedlichen Ideen und Konzepten. Aus Sicht des DBwV sind viele wichtige Aspekte zu begrüßen, etwa die Fokussierung auf PESCO als Instrument, um gemeinsame europäische Fähigkeiten zu bilden. Insgesamt ist es zudem sehr positiv zu bewerten, dass das Thema Sicherheit verstärkt in den Fokus der Wahlprogramme rückt. Im Vergleich zur letzten EU-Wahl wird deutlich, dass es um etwas Wichtiges geht, nämlich die sicherheitspolitische Zukunft Europas und Deutschlands.

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