27.10.2016
jf

In die Öffentlichkeit tragen

Neumünster. „Nächstes Jahr fällt die Schallmauer von 55.000 Mitgliedern“, verkündete Oberstleutnant Andreas Brandes bei der Tagung mit Kommandeuren und Dienststellenleitern in Neumünster. Der Vorsitzende des Landesverbandes Nord führt diese sehr positive Entwicklung in seinem Verantwortungsbereich auf das Engagement des Deutschen BundeswehrVerbandes (DBwV) für seine Mitglieder und die konsequente Werbung durch die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter im Norden zurück.

Brandes erläuterte in seiner Einführung den rund 50 Teilnehmern aus allen Teilstreitkräften und Organisationsbereichen die aktuelle Verbandspolitik auf Bundesebene. Darüber hinaus bot er den Vorgesetzten die Unterstützung des DBwV in Fürsorge- und Betreuungsangelegenheiten sowie bei der Unterrichtung über die Novellierung des Soldatenbeteiligungsgesetzes an. In Sachen Soldatenarbeitszeitverordnung forderte er eine kritische Bestandsaufnahme, die Entbürokratisierung und ein zielführendes Nachsteuern in der Durchführung.

Verteidigungspolitik erklären

Als Ranghöchster nahm der Kommandeur der Hamburger Führungsakademie der Bundeswehr, Flottillenadmiral Carsten Stawitzki, an der zweitägigen Veranstaltung teil. Neben dem kompletten Landesvorstand Nord standen mit Oberstleutnant André Wüstner der Bundesvorsitzende sowie der Vorsitzende Heer im Bundesvorstand, Oberstleutnant Thomas Behr, den Teilnehmern Rede und Antwort. Letzterer umriss unter anderem kurz- und mittelfristige Lösungsmöglichkeiten in Sachen Soldatenarbeitszeitverordnung.

Thomas Behr nannte dazu Weisungen und Klarstellungen der dafür Verantwortlichen, Schulungen von Vorgesetzten und die Information der Truppe. Darüber hinaus vertrat er die Ansicht des Verbandes, dass Verordnungen geändert werden müssen. Hierzu sind Abstimmungen mit anderen Ministerien notwendig, eine Anpassung des Regelwerkes im Gesetzgebungsverfahren ist angesichts der zu beteiligenden Ressorts in der laufenden Legislaturperiode des Bundestages nicht mehr möglich. In der auf den Vortrag Behrs anschließenden Aussprache wurde die ganze Bandbreite ungeklärter Fragen deutlich.

Der Bundesvorsitzende ging auf die politische Arbeit des Verbandes in der Bundeshauptstadt ein. André Wüstner sei fest davon überzeugt, dass die deutsche Verteidigungs- und Sicherheitspolitik mehr erklärt werden müsse. Dies gelte seiner Ansicht nach auch im Hinblick auf die kommende Bundestagswahl für die politischen Parteien, denn nicht alle Mandatsträger befassten sich ausreichend mit diesem Komplex: „Soldat ist ein politischer Beruf, wir müssen den Abgeordneten Fragen stellen“, machte Wüstner nicht nur in puncto Personal- und Materialausstattung der Bundeswehr und deren Neuausrichtung deutlich.

Zehn Jahre und länger

Der Bundesvorsitzende wies darauf hin, dass die Streitkräfte schnell auf Fähigkeiten verzichten können, diese aber wieder zu erwerben „ zehn Jahre und länger dauert“. Er schilderte in diesem Zusammenhang, wie schwer es sei, die notwendigen Finanzmittel zu erkämpfen und dafür die politische Unterstützung zu gewinnen. Angesichts der großen Herausforderungen an die Bundeswehr stellte Wüstner fest: „Man muss das Feld Sicherheits- und Verteidigungspolitik vermitteln, in die Öffentlichkeit hineintragen.“ Er bat seine Zuhörer, sich an dieser wichtigen Aufgabe zu beteiligen.

Die Trendwenden Personal und Material bewertet Wüstner positiv: „Wir sind auf dem richtigen Weg.“ Mängel sehe er beispielsweise in der Ausstattung von Einsatzkontingenten mit der erforderlichen Bekleidung: „Ein Riesenthema, niemand in der Truppe versteht, warum solche Dinge so lange dauern.“ Nachholbedarf stelle er darüber hinaus in der teils maroden Infrastruktur fest: „Auch, wenn modernisiert wird, gibt es Riesenprobleme, denn die Abläufe sind festgefahren und der Gesamtprozess passt einfach nicht.“

Abschließend ging Wüstner auf Forderungen für eine eigene Besoldungsordnung Soldaten ein. Er bezeichnete es als „sehr schwierig“, ein entsprechendes Vorhaben auf den Weg zu bringen. Ohne den politischen Willen sei es seiner Ansicht nach nicht möglich, „das ganze Paket von Dienstgraden, Besoldung und Zulagen aufzuschnüren und neu zu regeln“.


„Zweckmäßig wäre eine Neuordnung schon“, so der Bundesvorsitzende weiter, „aber entsprechende Forderungen müssen sowohl im DBwV wie auch in den Streitkräften selbst ausdiskutiert werden.“

Oberstleutnant Stefan Müller stellte den Vorgesetzten die Organisation der Ansprechpartner des Verbandes in den Auslandseinsätzen vor. Der Beauftragte des Landesverbandes Nord für diese Aufgabe erläuterte die Möglichkeiten der Ansprechpartner in den Kontingenten und seine Rolle als Mittler zur Basisorganisation des DBwV in Deutschland. Müller bat die Kommandeure und Dienststellenleiter um Unterstützung der ehrenamtlich tätigen Verbandsmitglieder, die sich freiwillig für ihre Kameraden im Ausland einsetzen.

Weiterer Programmpunkt der Tagung war die Novellierung des Soldatenbeteiligungsgesetzes. Der vortragende Stabsfeldwebel a.D. Frank Kaiser wiederholte dabei als Landesbeauftragter Nord für Beteiligungsrechte das Angebot des Landesvorsitzenden zur Unterstützung der Kommandeure und Dienststellenleiter. Der Bundesvorsitzende Wüstner sieht das Ziel von Tagungen für diese Zielgruppe aber nicht nur in der Unterbreitung von Hilfsangeboten:

„Solche Veranstaltungen dienen natürlich der Informationsarbeit und die ist in der Phase der Neuausrichtung wichtiger denn je. Es geht ferner um den Erfahrungsaustausch über die Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche hinweg, die Sicht des Verbandes wird dabei ebenso vermittelt wie Informationslücken geschlossen werden.“ Aussagen, denen Andreas Brandes und sein Landesvorstand nur zustimmen können.