21.11.2016
ch

„Und dann kam der Augenblick, in dem ich spürte, dass es mir wieder besser ging“

Der Weg zurück ins normale Leben war für Hauptfeldwebel Kai Cziesla lang und beschwerlich. Auf die Hilfe des DBwV konnte er sich dabei immer verlassen.

Während der langen Monate meiner Genesung bekam ich regelmäßig die Verbandszeitung des Deutschen BundeswehrVerbandes nach Hause geschickt. Auf diese Weise blieb ich meinen Kameraden irgendwie immer verbunden.“ Hauptfeldwebel Kai Cziesla ist seit seiner Grundausbildung DBwV-Mitglied. Dass er eines Tages die Unterstützung des Verbandes tatsächlich benötigen würde, damit hatte er eigentlich nicht gerechnet.

„Ich bin Mitglied im Deutschen BundeswehrVerband, weil ich mich hier gut aufgehoben fühle. Der Verband steht hinter mir. Ich habe mit dem Verband auch einen Ansprechpartner, der die Bundeswehr kennt und dem ich Fragen stellen kann, mit denen ich vielleicht nicht unbedingt zu meinen Vorgesetzten gehen würde.“

Der ehemalige Fallschirmjäger aus Seedorf war Teil des ISAF-Kontingentes, als er im Sommer 2010 bei Kundus, Afghanistan, Opfer eines IED (Improvised Explosive Device)-Anschlags wurde. Durch die Wucht der Detonation der Sprengfalle, auf die sein Transportpanzer fuhr, wurde sein rechtes Bein zertrümmert. Noch während Cziesla nach Koblenz ausgeflogen wurde, ließ ihn die Situation nicht los: Bei jedem Augenschließen fand er sich im Panzer wieder, sein Blick auf dem schwerverletzten Bein.

Das „Leben danach“ war geprägt von Operationen, Rehas und vielen bürokratischen Hürden bis zur Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung (WDB). In dieser schweren Zeit erfuhr der Hauptfeldwebel das erste Mal eine ganz praktische Unterstützung durch den DBwV: Der Verband stand ihm im WDB-Streit beratend zur Seite und stellte ihm auch einen Rechtsbeistand. Für eine kurze Zeit kehrte Cziesla wieder in den Dienst und in seinen Standort zurück. Einfach war das nicht – entweder wurde seine Verletzung ignoriert oder aber die Kameraden nahmen zu viel Rücksicht. Es gab kein Zurück in die Normalität.

Dann kam die Teilnahme am dreiwöchigen Pilotlehrgang für Einsatzgeschädigte an der Sportschule Warendorf im Oktober 2011: Das war für Cziesla mental und physisch ein Neubeginn. War es bisher nur immer darum gegangen, wozu er seit seiner Verletzung körperlich nicht mehr in der Lage war, so galt es hier, sich wieder sportliche Ziele zu setzen. „Und dann kam der Augenblick, in dem ich plötzlich spürte, dass es mir wieder besser ging. Zum ersten Mal nach zweieinhalb Jahren konnte ich meine Tochter abends vom Wohnzimmer aus in ihr Bett tragen. Das war unbeschreiblich, ein richtiges Erfolgserlebnis.“

Kai Czieslas Wehrdienstbeschädigung wurde vorläufig auf 30 Prozent festgesetzt. Da auf Initiative des DBwV der für eine dauerhafte Weiterverwendung nach dem Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz vorausgesetzte Erwerbsminderungsgrad von 50 auf 30 Prozent abgesenkt wurde, hatte Cziesla damit ein Anrecht auf lebenslange Beschäftigung bei der Bundeswehr. Auch bei seiner Aufnahme in eine private Krankenversicherung konnte ihm der Verband zur Seite stehen: „Als Berufssoldat benötige ich eine solche Anwartschaft, aber sämtliche private Krankenversicherer wollten sie mir aufgrund des Risikos von Folgeschäden verweigern. Dank des Einsatzes des BundeswehrVerbandes wurde ich inzwischen doch aufgenommen.“

Heute ist Cziesla als Organisationsfeldwebel der Gruppe Sporttherapie nach Einsatzschädigung in der Sportschule Warendorf eingesetzt und sehr zufrieden: „Das ist die absolute Wunschverwendung. Ich liebe Sport. Vor dem Anschlag habe ich immer gern Sport getrieben, ich war sogar im Marathon-Training.“ In Warendorf profitiert Cziesla auch von der Nähe zum Sportmedizinischen Institut und nutzt die Pausen für Physiotherapie oder Training. Inzwischen nimmt er sogar schon an Wettkämpfen wie den US Marine Corps Paralympic Style Trials teil.

„Meine Ärzte und Physiotherapeuten sagen, dass es – mit etwas Glück und Disziplin – Zeiten geben kann, in denen ich nicht auf eine Physiotherapie angewiesen bin. Ganz klar, dann steckt man sich neue sportliche Ziele, die einen gesundheitlich einfach weiter und weiter nach vorn bringen.“