10.02.2015

Fachtagung Zivile Beschäftigte - Perspektiven für zivile Beschäftigte in der Bundeswehr

Potenzial stärken und ausschöpfen

Auf der Hauptversammlung des DBwV im November 2013 wurde der Fachbereich der Zivilen Beschäftigten im DBwV neu geschaffen. Klaus Scharf wurde als Vorsitzender dieses neu geschaffenen Fachbereichs gewählt. In den vergangenen zwölf Monaten hat sich in diesem Fachbereich viel getan. Die AG Zivile Beschäftigte hat sich konstituiert. In dieser AG treffen sich acht Vertreter (zwei aus jedem Landesverband) mit dem Vorsitzenden des Fachbereichs, um den aktuellen Sachstand der zivilen Themen im Bundesvorstand zu besprechen und sich gegenseitig über die aktuellen Sachverhalte der zivilen Beschäftigten der Bundeswehr auf dem Laufenden zu halten. Gemeinsam werden Ideen entwickelt, Unterstützungspotenzial abgefragt und Konzepte erstellt. Die Arbeit der AG und des Vorsitzenden läuft. Damit dies jedoch über die Grenzen der AG hinaus geschehen und der DBwV seinen zivilen Bereich weiter stärken und ausbauen kann, fand vom 30. September bis zum 1. Oktober 2014 die Fachtagung Zivile Beschäftigte des DBwV unter dem Thema „Perspektiven der Zivilen Beschäftigten in der Bundeswehr“ in Berlin statt. Gemeinsam mit drei Referenten aus der Abteilung Personal des Verteidigungsministeriums stellten sich die zivilen Mitglieder des DBwV gemeinsam den herausfordernden Fragen, welche sich im Zusammenhang mit der nach wie vor andauernden Umstrukturierung und der Zukunft der Bundeswehr im Bereich der zivilen Beschäftigten ergeben.

In seiner Eröffnungsrede machte Klaus Scharf nochmal auf die dramatischen Folgen des über zwei Jahrzehnte währenden und 2013 beendeten Einstellungsstopps im zivilen Bereich aufmerksam. Er begrüßte die Erkenntnis im Ministerium, der negativen Personalentwicklung entgegen zu steuern und zollte auch Respekt, getroffene Entscheidungen im Rahmen der Neuausrichtung wie im Fall des Travelmanagements zu korrigieren.
Nach dem Grußwort des zweiten Stellvertreters des Bundesvorsitzenden des DBwV, Hauptmann Andreas Steinmetz, wurden zunächst im Rahmen einer offenen Diskussionsrunde Fragen entwickelt, die sich insbesondere aus den Strukturplanungen des Dienstherrn und Arbeitgebers Bundeswehr ergeben. Dabei vorherrschend ist und bleibt die große Unsicherheit, der die Beschäftigten ausgesetzt sind. Der Vorsitzende des Fachbereichs zivile Beschäftigte stellte zutreffend fest, dass ein aktives Mitgehen der Beschäftigten, wie es sich der Arbeitgeber wünscht, auch eine aktive Einbindung des Personalkörpers in die Planung voraussetze, welche jedoch derzeit nicht ausreichend stattfindet.

Trotzdem: Da Beamte und Arbeitnehmer bei der Diskussion an einem Tisch saßen, drängten sich parallele laufende Fragen auf. Jedem Beschäftigten fällt täglich die Arbeit auf, die stetig anwächst, ohne dass eine sachgerechte und zeitnahe Dienstpostenbesetzung oder planung stattfindet. Während die Beschäftigten in den Ortsdienststellen immer mehr Arbeit leisten müssen, weil die Soll-Planung allein auf dem Papier erreicht wird, werden statt zukunftsweisender Planung vorübergehende Leiharbeitnehmer eingesetzt. Als weiteres Problem der Personalplanung wurde die Zielstruktur der Bundeswehr identifiziert. Die dort genannten Soll-Zahlen können nach Ansicht der Teilnehmer der Fachtagung allein durch erheblichen Stellenabbau erreicht werden. Dennoch lasse der Arbeitgeber die Zivilbeschäftigten nicht früher nach den eigens dafür geschaffenen Personalabbauregeln gehen. Zwar wurde deutlich, dass insbesondere der TV UmBw das Ziel hat, die Weiterbeschäftigung trotz Umstrukturierung zu sichern, der Kern des Problems werde dabei jedoch nach Ansicht der Tagungsteilnehmer verkannt.

Schließlich stellte sich die Frage, welche Zukunft die Auszubildenden beim Arbeitgeber Bundeswehr erwartet und wie diese attraktiver und transparenter gestaltet werden könne. Dazu müsste der Arbeitgeber Bundeswehr insbesondere die Möglichkeiten einer Karriere entsprechend gestalten. Diese Probleme nannten die Tagungsteilnehmer auch, um den gefühlten Rückgang der Auszubildendenzahlen zu erklären. Dass die Zahlen jedoch tatsächlich zurückgehen, wurde von Ministeriumsseite verneint.

Personalwerbung muss mit offenen Karten spielen

Damit auch zukünftig der Arbeitgeber Bundeswehr Nachwuchs gewinnen kann und junge Kollegen auf die durch Renteneintritte frei werdenden Posten folgen können, unterhält das Ministerium des Referats P I 4, welches sich im Schwerpunkt mit der Personalgewinnung und Personalwerbung beschäftigt. Der Referatsleiter P I 4, Oberst i.G. Peter Beeger, sprach zum Thema „Auf dem Weg zur neuen Bundeswehr – Gutes Personal gewinnen für die Zukunft“.

Dabei wurde deutlich, dass sich der Arbeitgeber mit den Nachwuchsproblemen in allen Facetten auseinandersetzt und bestrebt ist, auch in Zukunft als attraktiver Arbeitgeber neben den großen Wirtschaftunternehmen bestehen zu können. Dabei spiele jedoch das Bild der Bundeswehr in der Gesellschaft eine große Rolle. Auch die Vorurteile gegenüber den Leistungen des öffentlichen Dienstes im Allgemeinen würden nicht zu einem Ansturm führen. Jedoch seien oftmals nicht fehlende Bewerbungen das Problem, sondern die langen und langwierigen Verfahren, an deren Ende erst die Einstellung stehe. Dies müsse intern optimiert werden und das Potenzial müsse ausgeschöpft werden.

Hinsichtlich der Personalwerbung sei der Arbeitgeber Bundeswehr besonderen Erschwernissen unterlegen: Man könne in der Personalwerbung keine Kutterfahrt mit dem Ziel Somalia anbieten. Man müsse mit offenen Karten spielen und der Einsatz gehöre bei der Bundeswehr dazu, sodass dieser auch bei der Personalwerbung für zivile Dienstposten nicht verschwiegen werden könne. Auf überzeugende Art und Weise wurde den Tagungsteilnehmern damit dargelegt, wie motiviert und durchdacht der Arbeitgeber im Rahmen der Personalwerbung seine Ziele versucht zu verwirklichen und den Nachwuchs so zu sichern.

Bildungspass für alle Statusgruppen

Daran anschließend bemühte sich Ministerialrätin Annette Schmidt, Referatsleiterin P I 6, den Bologna- und Kopenhagenprozess zu verdeutlichen. Sie sprach zum Thema „Qualifizierung für zivile Beschäftigte – der Bologna-/ Kopenhagenprozess – ein verbindliches Modell für die Bundeswehr?“. Mit diesen Modellen sei eine Vergleichbarkeit von Abschlüssen anhand von acht vereinbarten Niveaustufen möglich. Jedoch entfachen weder der Europäische Qualifikationsrahmen, noch der Deutsche Qualifikationsrahmen verbindliche Auswirkungen für das deutsche Beamtenlaufbahnrecht oder für die tariflich vereinbarten Entgeltvoraussetzungen.

Die Fragen der Teilnehmer ergaben ein bundeswehrspezifisches Problem der fehlenden Anerkennung von Abschlüssen, die im Soldatenstatus erreicht werden, jedoch im zivilen Berufsleben nicht (nicht einmal bei der Bundeswehr) anerkannt werden. Dazu werde derzeit ein Bildungspass Bundeswehr für alle Statusgruppen entwickelt, welcher die Zuordnung bundeswehrinterner Abschlüsse zu zivilberuflichen Äquivalenten ermögliche. Dies kann gegebenenfalls in der freien Wirtschaft zu erfolgreichen Bewerbungen entsprechend qualifizierter ehemaliger Soldaten führen.

Für ein ziviles Fortkommen ehemaliger Soldaten als Beamter oder Tarifbeschäftigter in der Bundeswehr oder im öffentlichen Dienst allgemein dürfte dies nach Ansicht der Referatsleiterin P I 6 jedoch keine persönliche Erleichterung bringen. Demgegenüber machte Klaus Scharf im Hinblick auf den Binnenarbeitsmarkt Bundeswehr die Forderung nach einem Bildungspass für alle Statusgruppen deutlich.

Binnenarbeitsmarkt bietet Chancen auch für Zivilpersonal

Abschließend referierte Ministerialrat Jürgen Lorse, Referatsleiter P II 3, zum Thema „Binnenarbeitsmarkt und Personalentwicklung – Verdrängung oder Chance auch für Zivilbeschäftigte?“. Nach einer umfangreichen Analyse des zivilen Personalabbaus und der Altersstruktur erläuterte er die Ziele und Rahmenbedingungen für einen statusübergreifenden Binnenarbeitsmarkt und die der Personalentwicklung nicht nur für Beamte sondern erstmalig auch für Tarifbeschäftigte. Aufgrund eines angeregten Gesprächs mit vielen Fragen und Ideen aus dem Teilnehmerkreis wurden die Interessen der Teilnehmer befriedigt, die täglich mit den Konsequenzen leben.

Der DBwV hatte auch zwei Arbeitnehmer eingeladen, die als afghanische Sprachmittler in der Bundeswehr ihre Arbeit leisten. Diese sind jedoch ausschließlich befristet für die Dauer des entsprechenden Mandats der Bundeswehr eingestellt. In den Einsatz als Sprachmittler gehen sie, wie andere Beschäftigte der Wehrverwaltung, in Uniform und im militärischen Dienstgrad nach Afghanistan. Diese besondere Arbeitnehmergruppe findet weder im Bereich Personalentwicklung, noch im Binnenarbeitsmarkt Platz im Konzept der Strukturreform. Nach Auslaufen des ISAF-Mandats sinken mit dem neuen RSM-Mandat der Bundeswehr mit verringerter Truppenstärke der Bedarf an Sprachmittlern und damit die Beschäftigungsmöglichkeiten in der Bundeswehr. Wie die Gespräche, die derzeit geführt werden, ausgehen, bleibt abzuwarten. Der Verband würde eine Lösung zu Gunsten einer Weiterverwendung oder Unterstützung befürworten. Diesbezüglich unterstützt der DBwV die Sprachmittler bei ihren Gesprächen.

Ein weiteres offenes und bislang nicht gelöstes Problem stellt sich für das zur BWI gestellte Personal. Wie jeder Arbeitnehmer in der Strukturreform sind auch diese Arbeitnehmer besonderer Unsicherheit ausgesetzt. Die Frage, was nach dem Auslaufen der Herkules-Verträge für das zur BWI gestellte Personal passiert, kann derzeit keiner beantworten. Welche Dienstposten frei sind oder werden und wohin der einzelne Beschäftigte gesetzt wird, ist derzeit nicht absehbar.

Bei allen Planungen und Umstrukturierungen gilt es jedoch insbesondere für die Bundeswehr aufgrund der Größe und Komplexität, dass dies allein gemeinsam mit den Beschäftigten erfolgreich erreicht werden kann. Dies machten auch die vom DBwV eingeladenen Referenten deutlich. Wie dies jedoch zukünftig erfolgreich geschehen soll, bleib dabei offen. Zwar ist der Arbeitgeber nach der Lage der Papiere bestrebt, das Bestandspersonal durch Weiterbildung und Fachausbildung zu qualifizieren und so Förderungsmöglichkeiten zu schaffen, doch führt dies in der Praxis nur selten zur erfolgreichen Umsetzung. Das Auseinanderfallen von Theorie und Praxis führt am Ende zu Unzufriedenheit und Misstrauen. Dennoch waren alle Tagungsteilnehmer motiviert und entschlossen, die neuen Kenntnisse in die Fläche zu tragen und so die Bestrebungen des Arbeitgebers zu nutzen.
Die guten Vorträge, das offene Miteinander und die Motivation der Teilnehmer haben am Ende der Fachtagung Zivile Beschäftigte für einen erfolgreichen Auftakt dieser Veranstaltung geführt, welche im nächsten Jahr fortgesetzt wird.