Zur Veranstaltung reisten rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. Foto: DBwV

Zur Veranstaltung reisten rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. Foto: DBwV

07.03.2024
jf

Chefs und „Spieße“ in Travemünde

Travemünde. Es sind mehr als genug Probleme, mit denen die deutschen Streitkräfte zu kämpfen haben. Auch wenn diese oft beschönigend, als „Herausforderungen“ beschrieben werden, ist nicht zu leugnen: Sie stellen für die Menschen in der Bundeswehr eine riesige Belastung dar. Viele Mängel sind täglich spürbar und wenn dies jemand weiß, dann sind es, ganz nah an ihren Soldatinnen und Soldaten, die Chefs und „Spieße“.

Oberst Thomas Behr machte in seiner Begrüßung der Kompaniechefs und Kompaniefeldwebel sowie entsprechender Dienstposteninhaber deutlich, wie es aktuell auf den Handlungsfeldern Sicherheits- und Verteidigungspolitik und in der Bundeswehr aussieht. Der Landesvorsitzende Nord verwies neben dem Ukrainekrieg auf den Nahen Osten und Nordafrika.

Russland weitet seinen Einfluss „auf der Gegenküste des Bündnisses am Mittelmeer“ immer weiter aus, auch mit militärischen Mitteln wie der „Wagner-Truppe“. Neben von außen kommenden Gefahren ging Behr erneut auf eine potentielle Gefährdung der Demokratie von innen ein und warnte vor Radikalen jeglicher Couleur.

Novellierung der Wehrdisziplinarordnung

In seinem anschließenden Vortrag zur aktuellen Politik des DBwV sprach der Landesvorsitzende über den „Spannungsbogen zwischen Zeitenwende und sozialem Fortschritt“. Hierzu nahm er die sozialen Rahmenbedingungen der geplanten Stationierung einer deutschen Brigade in Litauen in den Blick. Er nannte Arbeitsplätze für Lebenspartnerinnen, Schulen und Kindergärten, Wohnungen, die weitere Verwendung nach Rückkehr, Besoldungs- und andere finanzielle Fragen. Behr versprach, dass sich der DBwV weiter intensiv engagiert, um für die Soldatinnen und Soldaten mehr als zumutbare Bedingungen zu erreichen.

Er forderte, dass angesichts des bevorstehenden Wahljahres 2025 entsprechende gesetzliche Grundlagen dafür schnell geschaffen werden. Durch den bevorstehenden Wahlkampf und die spätere Regierungsbildung sieht er sonst keine Chance mehr, dass diese zeitgerecht verabschiedet werden könnten.

Sandra Borchert, Referatsleiterin in der Abteilung Recht der Berliner Bundesgeschäftsstelle, ging auf die Novellierung der Wehrdisziplinarordnung (WDO) ein. Damit sollen insbesondere Disziplinarverfahren beschleunigt und die Truppendienstgerichte entlastet werden. So können rechtlich und tatsächlich nicht schwierige Verfahren ohne Hauptverhandlung durch einen Disziplinargerichtsbescheid entschieden werden, sofern weder die Wehrdisziplinaranwaltschaft noch der Soldat bzw. die Soldatin dem widersprechen.

Weiter sind unter anderem für einfache Disziplinarmaßnahmen zusätzlich strengere Varianten geplant, ähnlich dem heutigen Verweis bzw. strengen Verweis durch Disziplinarvorgesetzte. „Der DBwV hat zum Entwurf Stellung genommen“, so Borchert, „Änderungen der WDO werden in einem Gesetzgebungsverfahren erfolgen.“

Personal und Gesetzgebung

Erneut war bei einer Tagung des Landesverbandes Nord Oberst i.G. Martin Hess zu Gast. Der Referatsleiter aus dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr nannte die Zahl von 20.000 Einstellungen pro Jahr, um den Personalbestand zu halten. Um zu wachsen braucht es 22.000 bis 23.000 neue Soldatinnen und Soldaten: „Es gibt mit jährlich 40.000 bis 45.000 aber nicht genügend Bewerber“, machte der Oberst deutlich. Er verwies in diesem Zusammenhang auf einen Rückgang der Bewerbungen um etwa ein Viertel.

Das Verhältnis zwischen der Neugewinnung und der Bindung bereits vorhandenen Personals liegt derzeit bei etwa 50:50. „Weiterverpflichtung ist ein großes Thema“, stellte Hess fest. Er forderte die Chefs und Spieße auf, „Freiwillig Wehrdienstleistende (FWDL) nicht als Ballast zu betrachten“, sondern diese Mannschaften als Nachwuchspotential zu sehen und um sie zu werben.

Die Tagung schloss mit einem Vortrag von Dr. Detlef Buch, Vorsitzender Fachbereich Besoldung, Haushalt und Laufbahnrecht im Bundesvorstand des DBwV. Der Oberstleutnant i.G. sieht für Forderungen des DBwV „eine der schwierigsten Ausgangslagen aller Zeiten“. Die Gründe dafür sind vielfältig: Mit dem Sondervermögen für die Bundeswehr ging der Blick weg vom Personal. Darüber hinaus ist die Stimmungsmache von Medien gegen Beamte, Richter und Soldaten, auch wenn es um berechtigte Anliegen geht, keineswegs förderlich. „Der soziale Rahmen des Dienstes wird durch viel Druck geprägt“, Erfolge der letzten Jahre werden dem Verband immer wieder vorgehalten.

Dr. Buch brachte seinen Zuhörern die wesentlichen finanziellen Errungenschaften, darunter die Inflationsausgleichsprämie und die Ruhegehaltsfähigkeit bestimmter Zulagen, in Erinnerung. Es sind Erfolge, die sich direkt auf die Bundeswehrangehörigen und deren Familien auswirken. Die damit aber auch deutlich machen, dass der DBwV die Interessen aller Menschen in der Bundeswehr, der Ehemaligen, Reservisten und Hinterbliebenen vertritt.

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