Bundeskanzler Olaf Scholz bekräftigte auf der Bundeswehrtagung, dass sich die Streitkräfte wieder auf ihre Kernaufgabe Landes- und Bündnisverteidigung konzentrieren müssten. Foto: DBwV/Yann Bombeke

16.09.2022
Von Yann Bombeke

Bundeswehrtagung: Scholz bekennt sich zum Zwei-Prozent-Ziel der NATO: „Eine gut ausgerüstete Bundeswehr ist für mich eine Selbstverständlichkeit“

Am zweiten Tag der Bundeswehrtagung in Berlin bekräftigte Olaf Scholz das Ziel der Bundesregierung, aus der Bundeswehr wieder eine einsatzbereite Armee zu machen, die in der Lage ist, ihre Kernaufgaben zu erfüllen. Dabei bekannte sich der Kanzler auch zur sicheren und langfristigen Finanzierung der Streitkräfte.

Berlin. Sie sei sehr froh, dass Deutschland einen Bundeskanzler habe, der sich für Sicherheits- und Verteidigungspolitik interessiere – das hatte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am ersten Tag der Bundeswehrtagung in Berlin gesagt. Nun, am zweiten und letzten Tag der Tagung im Berliner Hotel Intercontinental, war es dann auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der sich persönlich an das versammelte Spitzenpersonal der Bundeswehr wandte.

Der Kanzler gab gleich zu Beginn seiner Rede ein klares Bekenntnis zu den Streitkräften ab: „Eine gut ausgerüstete Bundeswehr, die ihre Aufgabe zum Schutz unseres Landes erfüllen kann, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Dafür stehe ich als Bundeskanzler und darauf können Sie sich verlassen.“
 
Dies gelte auch für die Zukunft, versicherte Scholz. Und traf eine klare Aussage: „Bitte denken Sie nicht, dass das jetzt mit dem Sondervermögen nur eine Ausnahme ist, und danach wird alles wie zuvor.“ Der Kanzler weiter: „Das Sondervermögen ist Realität. Meine Aussage, dass wir den Verteidigungshaushalt auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigern werden, gilt. Und damit können Sie auch planen.“ Scholz betonte, dass die Bundeswehr „Grundpfeiler der konventionellen Verteidigung in Europa“ werden solle.

„Der Kernauftrag ist die Verteidigung der Freiheit in Europa“

Dafür müssten sich die Streitkräfte wieder auf ihre Kernaufgabe konzentrieren. „Lange Zeit hat unser Land, und da schließe ich die Politik ausdrücklich ein, eine echte Priorisierung der Aufgaben der Bundeswehr vermieden.“ Humanitäre Einsätze und Amtshilfe wie etwa in der Pandemie, das alles könne eine „gute Armee wie die Bundeswehr“. Die Menschen wüssten das auch sehr zu schätzen. Scholz weiter: „Darin besteht aber nicht ihr Kernauftrag. Der Kernauftrag der Bundeswehr ist die Verteidigung der Freiheit in Europa.“ Alles andere leite sich aus diesem Auftrag ab, so der Kanzler, alle anderen Aufgaben hätten sich diesem Auftrag unterzuordnen. „Das ist mein Anspruch als Bundeskanzler und daran werde ich mich messen lassen.“

In Bezug auf das Material sagte Scholz, man sei dabei, die drängendsten Fähigkeitslücken bei der Bundeswehr zu schließen. „Auch den Bestand werden wir schnell und effektiv stärken, um Schluss zu machen mit einer Mangelwirtschaft, die lange Zeit als dynamisches Fähigkeiten-Management schöngeredet wurde.“ Und weiter: „Munition, Ersatzteile, Instandsetzung: Die milliardenschwere Dimension der Herausforderung ist nun überaus sichtbar. Aber wir sind auf dem richtigen Weg“, gab sich Scholz zuversichtlich.

Der Regierungschef zeigte sich dankbar, dass die Bundeswehr auf ihre knappen Bestände zurückgegriffen habe, „wo immer das vertretbar war“, um die Ukraine mit Waffenlieferungen zu unterstützen – was auch ein Bruch mit der bisherigen Staatspraxis bei Rüstungsexporten gewesen sei. „Wir scheuen keine Veränderung“, betonte der Sozialdemokrat.

Der Kanzler wirbt für eine verstärkte europäische Verteidigungskooperation

Scholz hob den deutschen Beitrag zur Sicherung der Ostflanke des Bündnisses hervor und sagte, dass die NATO nach wie vor der Garant für die Sicherheit in Europa sei. Von Russland gehe die „größte Bedrohung für unser Bündnis aus“, so der Kanzler. Die Europäer müssten aber innerhalb der NATO „deutlich mehr Verantwortung übernehmen“. Scholz warb erneut für eine verstärkte europäische Verteidigungskooperation. Dazu gehöre ein europäisches Hauptquartier, das Einsätze wie eine Evakuierungsmission oder Ausbildungs- und Beratungsmissionen wie im Irak oder in der Sahel-Zone führen könne.

Das vielleicht drängendste Problem in Europa sei die völlig unübersichtliche Zahl an Waffensystemen und Rüstungsgütern und die Konkurrenz unterschiedlicher Rüstungsunternehmen. Scholz mahnte: „Nur der koordinierte Aufwuchs europäischer Fähigkeiten führt zu einem handlungsfähigen Europa.“ Scholz nannte als Beispiel den Bereich der Luftverteidigung. In der Entwicklung eines gemeinsames Systems sieht der Kanzler einen Beitrag zur Stärkung des europäischen Pfeilers der NATO.

Mali-Einsatz: Entscheidungen in diesem Jahr

Im Anschluss an seine Rede stellte sich Scholz den Fragen der Teilnehmer. Auf den Einsatz in Mali angesprochen, sagte Scholz, man werde noch in diesem Jahr Entscheidungen treffen müssen. Eine Fortsetzung des Einsatzes sei mit Konsequenzen verbunden, ebenso ein Abzug. Es seien verschiedene Fragen zu betrachten, sagte Scholz. An erster Stelle stehe für ihn: „Die Sicherheit unserer Soldaten muss gewährleistet sein.“ Man wolle etwa auf keinen Fall in eine Lage geraten, in der man von der guten Kooperation mit den dort operierenden russischen Kräften abhängig sei. Dann stelle sich immer die Frage nach dem Sinn eines Einsatzes, ob man etwa in der Lage sei, zur Stabilisierung des Landes beizutragen oder ob die Entwicklungszusammenarbeit internationaler Hilfsorganisationen durch die Präsenz der Bundeswehr ermöglicht werde. Darüber sei man im Gespräch und werde „sehr voraussetzungsvoll“ über die Zukunft des Einsatzes entscheiden, so der Bundeskanzler.

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