Soldaten und Soldatinnen der drei Teilstreitkräfte beim Abschlussappell zum Afghanistan-Einsatz am 13. Oktober 2021. Foto Bundeswehr/Wilke

13.11.2021
Franziska Kelch

Die Ehrenmale der drei Teilstreitkräfte – Gedenk- und Erinnerungskultur im Wandel

Laboe – Koblenz – Fürstenfeldbruck. Wer die Ehrenmale für die drei Teilstreitkräfte besuchen möchte, begibt sich auch auf eine Reise durch Nord-, West- und Süddeutschland. Ein Blick auf die Entstehungsgeschichten der drei Gedenkorte zeigt: Sie sind nicht nur Orte für die gefallenen und im Dienst verstorbenen Soldaten und Soldatinnen. Sie sind auch Orte, die von ehemaligen und aktiven Soldaten mit initiiert wurden und bis heute von ihrer Initiative geprägt sind.


Die Geschichte der drei Ehrenmale zeigt aber auch, dass sie keine rein militärische Angelegenheit waren und sind. Dass die Kosten für Bau oder Sanierung aber auch den Betrieb ganz oder teilweise aus Spenden oder Eintrittsgeldern finanziert werden, zeigt: Die Bevölkerung hat offenbar auch ein Interesse an der Existenz und der Erhaltung dieser Gedenkorte. Doch der Reihe nach: Welcher Gedenkort war zuerst da?

Das Ehrenmal der Marine in Laboe
Fertiggestellt wurden der geklinkerte Turm, die Gedenkhalle, Historische Halle und die Freifläche aus Wesersandstein an der Kieler Außenförde 1936. Seitdem ragt der mit 85 Metern weithin sichtbare Turm über der Ostsee auf. Er ist dennoch keineswegs ein Ehrenmal der NS-Zeit. Seine Errichtung geht auf die Initiative des ehemaligen Obermaats Wilhelm Lammerzt zurück. Der Bau begann 1927 und musste wegen der Wirtschaftskrise ab 1929 unterbrochen werden. Der Architekt Gustav August Munzer wollte „ein Bauwerk schaffen, mit der Erde und der See fest verwurzelt und gen Himmel steigend wie eine Flamme.“

Wem zu gedenken das Ehrenmal aufruft, hat sich über die Jahrzehnte verändert, wie die verschiedenen Widmungstafeln zeigen. Ursprünglich war es dem Gedächtnis der Angehörigen der Kaiserlichen Marine zugedacht, die im Ersten Weltkrieg gefallen waren. Nachdem das Ehrenmal 1954 von den Alliierten an den Deutschen Marinebund zurück übergeben wurde, ist es eine Gedenkstätte für die auf See Gebliebenen aller Nationen – auch die der Gegner. Eine erneute Umdeutung der Widmung erfolgte mit der aus Spenden finanzierten Sanierung 1996. Das Ehrenmal soll nun als Mahnmal für eine friedliche Seefahrt auf freien Meeren gelten. Und auf Wunsch der Marine wurde eine weitere Platte „im ehrenden Gedenken den Angehörigen der deutschen Marine, die seit 1955 in Ausübung ihres Dienstes ihr Leben ließen“ angebracht.

Auch die Ausstellung in den beiden Hallen wurde über die Jahre ergänzt und verändert. Dies liegt zum einen daran, dass seit dem Baubeginn 1927 einiges an Marinegeschichte hinzugekommen ist. Nicht zuletzt die Teilung Deutschlands ab 1949 und damit die Spaltung in zwei Marinen oder veränderte Formen musealer Darstellung haben dazu geführt, dass die Ausstellung erweitert wurde. Auch ein reflektiertes Verhältnis zum Handeln von Marinesoldaten während der Kolonial- und NS-Zeit ist in der umfangreichen Ausstellung zu erkennen. Zahlreiche Schiffsmodelle und Einzelbiografien von Marinesoldaten verwiesen auf Licht und Schatten, auf Täter und Opfer aber auch auf den technischen Wandel in der militärischen Seefahrt.

Das Ehrenmal der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck
Auch das Ehrenmal der Luftwaffe geht auf eine Initiative ehemaliger und aktiver Soldaten zurück. Sie gründeten zu seiner Förderung 1955 die Stiftung-Luftwaffen-Ehrenmal. Da im Fliegerhorst Fürstenfeldbruck 1956 die ersten Kampfflugzeuge an die noch junge Luftwaffe übergeben worden waren, schien ein Ehrenmal nahe dem historischen Bundeswehrstandort naheliegend.
Nach der Grundsteinlegung im Jahr 1961 konnte gut zwölf Monate später der zweite Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Werner Panitzki, das Ehrenmal einweihen. Auch die Kosten für diesen Gedenkbau wurden durch nicht-staatliche Akteure, nämlich Angehörige der Luftwaffe und Privatpersonen aufgebracht. Und auch das Ehrenmal der Luftwaffe wurde über die Jahre ergänzt und verändert.

Der große Gedenkstein mit liegendem Eisernen Kreuz im Zentrum des Ehrenmals wurde 1963 fertiggestellt. Anschließen erfolgte der Bau der Toranlage zum Gelände mit der Inschrift „Den Toten der Luftwaffe und der Luftfahrt“. 1977 wurde um „Ihr seid unvergessen“ ergänzt und 1979 ein Lorbeerkranz angebracht. Neben dem Gedenkstein wurde ein Plexiglasbehälter eingelassen. Darin zu finden ist eine kurze Geschichte des Standortes Fürstenfeldbruck und eine Ausgabe des Münchner Merkurs vom 12. Oktober 1963, in der über die Verabschiedung des Bundeskanzlers Konrad Adenauer in Wunstorf berichtet worden war. 

Bei der zentralen Gedenkfeier der Luftwaffe, die jährlich seit 1977 am Tag vor dem Volkstrauertag stattfindet, wird der Toten beider Weltkriege, der Opfer der Luftfahrt sowie der toten Kameraden der Luftstreitkräfte der Bundeswehr, die für die Erhaltung des Friedens ihr Leben gelassen haben, gedacht. Den Toten vergangener Zeit zu Ehren gestaltet dabei die Zukunft der Luftwaffe, junge Soldaten und Soldatinnen der Offizierschule der Luftwaffe, die Zeremonie.

Das Ehrenmal der Luftwaffe verdeutlich, ebenso wie das Ehrenmal des Heeres, auf das noch zu kommen ist, auch ästhetische und bauliche Veränderung in der (militärischen) Gedenkkultur. Während alle drei Mahnmale eine klare und schnörkellose Form eint, finden Besucher und Besucherinnen in Fürstenfeldbruck ebenso wie in Koblenz keinen hochaufragenden und dominanten Bau wie in Kiel vor. Der Turm von Laboe reckt sich trotzig der Schmach der Niederlage im Ersten Weltkrieg entgegen. Er ist nicht nur ein Zeichen für große Verluste, sondern auch für Selbstbehauptung und ein Streben nach Größe. Die Ehrenmale von Luftwaffe und Heer hingegen zeigen den militärischen und kulturellen Wandel nach 1945. Zum einen erinnern sie nun auch an die Toten der Bundeswehr, aber auch an die aus anderen Zeiten – und Streitkräfte. Die bundesrepublikanischen Gedenkorte verkörpern mit kraftvoller, aber reduzierter und unaufdringlicher Bauweise Orte der Einkehr – und der Konzentration auf das Wesentliche: Die verlorenen Leben, denen sie gewidmet sind. Sie sind weniger auf die Außenwahrnehmung ausgerichtet und mehr auf die Introspektive.

Das Ehrenmal des Heeres in Koblenz
Für die Errichtung eines Gedenkortes in Koblenz konnten zahlreiche historische Argumente ins Feld geführt werden. Hier fand sich mit der Festung Ehrenbreitstein eine geschichtsträchtige Befestigungsanlage und mit der Garnison Koblenz der größte Sitz der Bundeswehr – und der Sitz des III. Korps. In Koblenz wirkten mit August Neidhardt von Gneisenau und Carl von Clausewitz zwei Heeresreformer und auch Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke machte hier in seiner beachtlichen militärischen Karriere Station als Offizier im Generalstab des VII. Armeekorps.

Das Ehrenmal ist in einen Ravelin der Festung eingebaut und wurde vom Architekten Hans Wimmer einer Kanonenschießscharte nachempfunden. Zu sehen ist ein liegender Soldat mit Stahlhelm – der bewusst in einer „Zwischenform der in den beiden großen Kriegen des 20. Jahrhunderts vom deutschen Heer getragenen Helme“ gestaltet ist. 1972 haben es Bundesverteidigungsminister Georg Leber und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Admiral Armin Zimmermann, eingeweiht. Seit der Einweihung findet jährlich zum Volkstrauertag eine Totenehrung am Ehrenmal statt.

Der Wandel der Bundeswehr hat auch das Ehrenmal des Heeres geprägt. Anfänglich lautete die Inschrift über dem Ehrenmal: „Den Toten des Deutschen Heeres 1914 - 1918 + 1939 - 1945 – ihr Vermächtnis: Frieden.“ Dazu kam die rechts zu sehende Gedenktafel.

Die Entwicklung der Bundeswehr zur Armee im Einsatz führte 2006 dazu, dass das Ehrenmal um eine Stele erweitert wurde, die rechts zu sehen ist. Sie erinnert mit der Inschrift nun auch an die Soldaten der Bundeswehr, die im Dienst ums Leben gekommen oder im Gefecht gefallen sind.

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