Marie-Agnes Strack-Zimmermann hält es für notwendig zu klären, was Deutschland aktuell für die Ukraine leiste und zu was Bundeswehr, Industrie und Politik in den kommenden Wochen noch in der Lage zu leisten seien. Foto: strackzimmermann.de

18.07.2022
dpa

„Karten auf den Tisch“: Strack-Zimmermann will Ukraine-Konferenz

Mit einem Brief an den Kanzler fordert die Chefin des Verteidigungsausschusses, alle Beteiligten der Rüstungshilfe für die Ukraine zusammenzubringen. Es soll um kurzfristige Hilfen gehen, aber auch um Weichenstellungen für den Fall eines langen Krieges.

Berlin. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine „Nationale Ukraine-Konferenz“ einzuberufen. Es sei dringend notwendig, die Karten auf den Tisch zu legen und dabei zu klären, was Deutschland aktuell leiste und zu was Bundeswehr, Industrie und Politik in den kommenden Wochen noch in der Lage seien, heißt es in einem Schreiben der FDP-Politikerin an den Kanzler, das der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorlag.

Der Ukraine-Krieg befinde sich in einer entscheidenden Phase. „Während sich die ukrainische Armee tapfer dem brutalen russischen Angriff entgegenstemmt und dabei versucht, die russische Armee in Schach zu halten sowie auch aufgrund unserer humanitären, wirtschaftlichen und militärischen Unterstützung ebenso eigene militärische Erfolge zu verzeichnen hat, rüstet sich Russland weiter für große Offensiven“, warnt Strack-Zimmermann.

Die FDP-Politikerin plädiert für ein Treffen, bei dem Vertreter aus Politik und dem Bundeskanzleramt, der Rüstungsindustrie, den Gewerkschaften und der Bundeswehr an einem Tisch sitzen und weitere Schritte abstimmen. „Ziel soll es sein, sich eine geordnete Übersicht zu verschaffen, um die kommenden Schritte gezielt, einvernehmlich und gemeinsam in die Wege zu leiten“, heißt es in dem Brief.

Wie lange sich die Ukraine verteidigen könne und wie erfolgreich dies am Ende sein werde, hänge „insbesondere auch von der Unterstützung Deutschlands ab“. Die Bundesregierung habe vieles geleistet, müsse aber „noch mehr tun, um der Ukraine dabei zu helfen, diesen Krieg zu gewinnen“. Strack-Zimmermann: „Deutschland muss die hier von seinen westlichen Partnern geforderte Führungsrolle in Europa übernehmen und entschieden und mutig ohne Zweifel vorangehen.“

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken äußerte sich skeptisch zu dem Vorschlag der FDP-Verteidigungspolitikerin. Sie sagte am Sonntag im Sommerinterview des ZDF: „Ich bin der festen Überzeugung, dass der nationale Sicherheitsrat, den die Regierung ja besitzt und regelmäßig einberuft, uns gerade in der Frage der Unterstützung der Ukraine im Zusammenspiel mit den internationalen Partnern – das ist von ganz besonderer Bedeutung, dass man da keine Alleingänge macht - dass die dort die richtige und wichtige Rolle spielen.“ Sie fügte hinzu: „Dass Frau Strack-Zimmermann nicht vertreten ist in diesem Gremium, mag sie grämen, aber es ist ein Regierungsgremium, das auch die richtigen Entscheidungen trifft.“

Einen nationalen Sicherheitsrat hat Deutschland allerdings nicht. Die Schaffung eines solchen Gremiums hatte beispielsweise die FDP in ihrem Wahlprogramm von 2021 gefordert. Das Kabinett hat einen ständigen Kabinettsausschuss zur Sicherheitspolitik, den Bundessicherheitsrat, der vor allem über deutsche Rüstungsexporte entscheidet. Ihm gehören neben Bundeskanzler Olaf Scholz unter anderem der Chef des Bundeskanzleramts Wolfgang Schmidt, Außenministerin Annalena Baerbock, Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und Innenministerin Nancy Faeser an. Fragen von Parlamentariern und Journalisten dazu, wie häufig und ob dieses Gremium überhaupt seit Beginn des russischen Angriffskriegs getagt habe, ließ die Regierung zuletzt unbeantwortet und verwies darauf, alles was den Bundessicherheitsrat betreffe, unterliege der Geheimhaltung.

Strack-Zimmermann gehört innerhalb der Ampel-Koalition mit SPD und Grünen zu den treibenden Kräften für die inzwischen beschlossene und auch erfolgte Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine, die lange umstritten war. Sie hatte Scholz im Mai aufgefordert, im Kanzleramt einen Koordinator für die Waffenhilfe an die Ukraine einzusetzen. Unstimmigkeiten innerhalb der Regierung sowie mit der Industrie hatten zuvor den Eindruck von Zögerlichkeit bei Verbündeten ausgelöst und für offene Kritik gesorgt. „Es darf nicht sein, dass am Ende des Krieges die Welt Deutschland als kompletten Bremser und Loser empfindet, nur weil wir nicht in der Lage sind zu organisieren und zu kommunizieren“, sagte Strack-Zimmermann da schon.

Zusammen mit den Niederlanden hat Deutschland der Ukraine inzwischen 12 Stück der modernen Panzerhaubitze 2000 überlassen. Beide Staaten wollen die Zahl auf insgesamt 18 Panzerhaubitzen erhöhen, genug für ein komplettes ukrainisches Artilleriebataillon. In Deutschland läuft derzeit zudem das Training von Ukrainern am Raketenwerfer Mars II, dem nächsten Waffensystem, das bereitgestellt werden soll. Als ein wesentlicher Faktor gilt die Lieferung mit Munition aller Art an die Ukraine, um gegen den nun von Russland ausgeweiteten Angriff bestehen zu können. Zugleich muss Deutschland seine eigenen Munitionsbestände – die weit unter den Anforderungen liegen – auffüllen. Allein dafür werden Ausgaben in Höhe von 20 Milliarden Euro veranschlagt.

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