Der Sikorsky CH53 King Stallion, ein edler Hengst, den die Bundeswehr gerne hätte. Allein, das Projekt ist gestoppt. Foto: Wikipedia

Der Sikorsky CH53 King Stallion, ein edler Hengst, den die Bundeswehr gerne hätte. Allein, das Projekt ist gestoppt. Foto: Wikipedia

19.11.2020
Von Frank Jungbluth

Schießt nicht, fährt nicht, fliegt nicht, schwimmt nicht: Die Truppe und die Mangelwirtschaft 2.0

Bei den amerikanischen Freunden heißt der mächtige Transporthubschrauber mit der großen Klappe CH 53 King Stallion - der Superhengst aus dem Stall von Sikorsky Aircraft Systems wäre ein würdiger Nachfolger des guten alten CH 53, mit dem der neue den Namen und die äußere Hülle gemein hat. Drin und drum und dran ist der King Stallion ein ganz neues Kaliber. Und die Bundeswehr bräuchte ihn dringend, will sie die Fähigkeit, schnell Ausrüstung und Soldaten in den Einsatz zu verlegen, nicht absehbar verlieren. Es gibt sogar noch eine Maschine auf dem Markt, die das auch könnte, den Boeing H 47 Chinook, aber auch den bekommt die Luftwaffe erst einmal nicht. Vielleicht keinen von beiden. Niemals. Denn bei der Vergabe sind die Kosten von fünf auf zehn Milliarden Euro hochgeflogen, deshalb hat man das Projekt im Verteidigungsministerium auf den Boden zurückgeholt. Wann es wieder abhebt, das weiß niemand so genau. Am Himmel aber bleibt es grau.

Das ist das Dilemma, das jetzt der CDU-Verteidigungspolitiker Jens Lehmann aus Leipzig einmal mehr im zuständigen Ausschuss beschrieben hat: Schießt nicht, fährt nicht, fliegt nicht, schwimmt nicht - kommt erst gar nicht. Die Mangelwirtschaft 2.0 nervt die Soldatinnen und Soldaten und regt nicht mehr allzu viele in der Politik auf. Da freut man sich, wenn sich doch mal wieder jemand zu Wort meldet. Denn die Parlamentsarmee bleibt allzu oft sich selbst und ihrem Improvisationstalent überlassen. Das passt so gar nicht zu den Herausforderungen, die von vielen Seiten mit Blick auf die Zukunft der Bundeswehr beschrieben werden. Weniger Einsatzarmee, mehr Bündnis- und Landesverteidigung, mehr europäische Armee und Wachestehen am Rande der NATO-Grenzen und dennoch allzeit bereit, um doch noch nach Mali, Lybien ins Mittelmeer oder in die Wasserstraßen nahe China beordert zu werden.

Der Unions-Verteidigungspolitiker Jens Lehmann (52), ein knochenharter Radrennfahrer, der in der Mannschaftsverfolgung olympisches Gold gewonnen hat und Träger mehrerer Weltmeistertitel ist, bleibt auch beim Dauerthema Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr dran. Er spricht öffentlich Klartext, so auch in den Medien, jüngst am Rande der Sitzung des Verteidigungsausschusses, der einmal mehr das Thema neues Sturmgewehr auf der Tagesordnung hatte. Dem Korrespondenten der Tageszeitung "Die Welt" erzählt er dann zum Beispiel nonchalant, wie er die Dinge sieht und dabei ziemlich treffsicher die Befindlichkeiten der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr beschreibt. So, wie einmal mehr zuvor auch der BundeswehrVerband, dessen Bundesvorsitzender Oberstleutnant André Wüstner am Dienstag in der Tagessschau mit Blick auf die ambitionierte verteidigungspolitische Grundsatzrede von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer das Thema Ausrüstung angemahnt hat.

"Da wird über viele Jahre die Rüstungsbeschaffung reformiert", prangert Lehmann an, "und dann ist man nicht einmal in der Lage, ein einfaches Gewehr unfallfrei zu kaufen." Lehmann meint damit die Nachfolge-Waffe fürs Sturmgewehr G36, das Kramp-Karrenbauers Vorgängerin Urusla von der Leyen in die Waffenkammer sperren wollte, um eine neue, hochmoderne Ordonanzwaffe zu beschaffen. Jetzt lacht man wieder laut über die Bundeswehr, weil der ausgewählte Hersteller, Haenel aus Thüringen, der mit einem Mutterunternehmen in den Emiraten verbunden ist und zumindest heute kaum mehr als zwei Gewehre am Tag zu bauen imstande ist, dann doch wieder aus dem Rennen geworfen worden ist, nachdem ihn das Bundesverteidigungsministerium schon zum Gewinner gekürt hatte. Konkurrent Heckler&Koch hatte Patentdiebstahl der Thüringer moniert. Jetzt ist das Rennen wieder offen, oder wie Radrennsportler Jens Lehmann sagen würde: Mannschaftsverfolgung.

Lehmann will auch, dass sich die Rotoren beim Thema mittlerer/schwerer Transporthubschrauber schleunigst wieder drehen. "Ich will nicht mehr so lange warten, bis uns eine der alten Kisten vom Himmel fällt." Er bestätigt, was der BundeswehrVerband lange fordert:Der Verteidigungshaushalt muss spürbar steigen. Für 2020 und 2021 reicht das Geld vorerst. In der mittelfristigen Finanzplanung braucht die Truppe viel mehr Geld. 2022 zum Beispiel 57 Milliarden Euro, bekommen soll sie aber nur 46,8 Milliarden. Auch da spricht der CDU-Politiker Klartext: "Es geht um unsere Sicherheit, ohne die ist alles andere nichts."

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