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09.12.2023
Jörg Greiffendorf

„Spiritueller Beistand hat für unsere Soldaten eine besondere Bedeutung”

Je mehr sich die Konflikte zuspitzen und je unberechenbarer sie werden, umso wichtiger wird die Seelsorge für Soldaten. Hauptmann a.D. Jörg Greiffendorf ist als Schatzmeister im BundeswehrVerband auch verantwortlich für die Militärseelsorge.

Die Deutschen wenden sich zunehmend von der Evangelischen und der Katholischen Kirche ab: Eine aktuelle Forsa-Untersuchung im Auftrag beider Kirchen zeigt, dass die Bereitschaft zum Austritt bei den Mitgliedern dramatisch ansteigt. Lediglich 35 Prozent der Mitglieder bekunden, dass ein Austritt keinesfalls für sie in Frage kommt.

Umso erstaunlicher sind deshalb die ersten Ergebnisse einer aktuellen Umfrage, die im Auftrag des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Kooperation mit dem Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland, die unter Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr durchgeführt wurde: Demnach befürworten rund 95 Prozent der befragten Soldaten die Militärseelsorge im Einsatz. Im Inland wird die Militärseelsorge von 91 Prozent als sinnvoll angesehen. Auch die nicht konfessionsgebundenen befragten Soldaten sehen Militärseelsorge als sinnvoll für sich und die Truppe an. Der evangelische Militärbischof Dr. Bernhard Felmberg zeigt sich im Gespräch erfreut: Das Ergebnis sei eine Bestätigung der Arbeit der Pfarrerinnen und Pfarrer. Und es zeige, dass die Säkularisierungstendenzen in der Bundeswehr längst nicht so ausgeprägt seien wie in der Gesellschaft.

Es ist ja auch naheliegend: Wo man Antworten auf existentielle Fragen sucht, wo es um Leben und Tod geht, da hat ein spiritueller Beistand eine ganz andere Bedeutung als in einer Gesellschaft, in der die weltweiten Konflikte vorwiegend aus sicherer Entfernung in den Medien mitverfolgt werden. Und je weiter sich die Konflikte zuspitzen – sei es an der NATO-Ostflanke oder im Nahen Osten – und je unberechenbarer diese Konflikte werden, umso wichtiger wird die Seelsorge für Soldaten. Der katholische Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck beschreibt, mit welchen Anliegen sich Soldatinnen und Soldaten an die Geistlichen wenden.

In der Vorweihnachtszeit wollen wir auf die wichtige Arbeit der Militärseelsorge aufmerksam machen. Die Militärgeistlichen stehen bereit, sowohl im Grundbetrieb als auch im Einsatz, und hören zu und fangen auf, wenn es um Angelegenheiten geht, für die bei Vorgesetzten oder im Kameradenkreis nicht immer ein offenes Ohr zu finden ist.

Wichtig war uns auch zu erfahren, wie es mit der Etablierung der jüdischen Militärseelsorge in der Bundeswehr vorangeht. Vor rund drei Jahren hatte der Deutsche Bundestag beschlossen, dass jüdische Soldaten wieder eigene Geistliche in der Bundeswehr haben sollen. Seither hat sich viel getan. Militärbundesrabbiner Zsolt Balla berichtet.

Schon bei diesem Vorhaben hatte das BMVg viel Neuland betreten. Ein anderes Projekt, dass das Ministerium bereits länger beschäftigt, ist noch anspruchsvoller: die Einführung einer islamischen Seelsorge. Muslime in der Bundeswehr drängen auf eine eigene Seelsorge, doch bislang ging es nicht wirklich voran. Jetzt scheint allerdings ein Durchbruch geschafft.

Im Deutschen BundeswehrVerband diskutieren wir diese und weitere Themen regelmäßig in einer Runde von interessierten und engagierten Militärgeistlichen via Videokonferenz. Ganz besonders freue ich mich auch über unsere Kameradschaft Militärseelsorge. Auf Grundlage und mit Rückenwind dieser lebhaften Community veranstalten wir nun erstmals eine Militärseelsorge-Tagung. Am 28. und 29. Februar 2024 treffen wir uns in Berlin und sprechen über Militärseelsorge in Zeiten von Landes- und Bündnisverteidigung und über Anliegen sowohl von Soldaten als auch von Militärseelsorgern. Mitglieder, die sich für diese Themen interessieren und darüber auf der Tagung diskutieren möchten, sind herzlich eingeladen, sich unter militaerseelsorge@dbwv.de zu melden.

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