Thomas Behr, Dr. Eva Högl, Siemtje Möller, der Vorsitzende der Standortkameradschaft Stabsbootsmann Rudi Haardt und Jörg Struckmeier. (v.l.n.r.) Foto:DBwV

Thomas Behr, Dr. Eva Högl, Siemtje Möller, der Vorsitzende der Standortkameradschaft Stabsbootsmann Rudi Haardt und Jörg Struckmeier. (v.l.n.r.) Foto:DBwV

21.07.2021
Johann Fritsch

Standorttag in Wilhelmshaven

Wilhelmshaven. Ein Vortrag der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages war Höhepunkt des Standorttages im Marinestützpunkt Wilhelmshaven. Neben Dr. Eva Högl nahmen die Bundestagsabgeordnete Siemtje Möller (SPD) und Oberstleutnant Thomas Behr daran teil. Für den neuen Landesvorsitzenden Nord war es die erste große Veranstaltung, die ihn, wie angekündigt, zur Marine führte. Vom Landesvorstand war darüber hinaus Ferdinand Hansen dabei, der als Beisitzer Zivile Beschäftigte für die Belange der nichtuniformierten Mitglieder eintritt.

Im Herzen der Demokratie

Ihren Ausführungen stellte die Wehrbeauftragte die Frage „Was bewegt die Truppe?“ voran. Sie berichtete angesichts vieler Probleme über ein „großes Frustrationspotential“ bei den Bundeswehrangehörigen, das sie aber nicht davon abhält, ihre Pflicht zu tun. Betreff Personalgewinnung und Personalbindung forderte sie gewaltige Kraftanstrengungen, um die notwendigen Frauen und Männer für die richtigen Stellen zu finden und zu behalten.
Högl sieht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als wichtige Aufgabe, empfahl die Soldatenarbeitszeitverordnung notfalls nachzuschärfen und mahnte für die Bundeswehr insgesamt bessere Rahmenbedingungen an.

Siemtje Möller trug zum Thema „Instandsetzung heute“ vor. Die Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Wilhelmshaven/Friesland/Wittmund ging aber zunächst auf das Verhältnis zwischen der Bundeswehr und dem Parlament ein. Sie begrüßte ausdrücklich öffentliche Gelöbnisse und Vereidigungen vor dem Berliner Reichstag, also dem Sitz des Bundestages, „im Herzen der Demokratie, denn dahin gehört die Bundeswehr.“ Zur Instandsetzung und Ersatzteilbevorratung beteuerte sie den politischen Willen des Parlaments, entsprechende Vorgänge zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Schonungslose Aufarbeitung

Der Tag begann mit einer Gesprächsrunde mit Wachtmeistern, Kompaniefeldwebeln und Vertrauenspersonen. Högl und Möller stellten sich den durchaus kritischen Fragen der Teilnehmer und schilderten ihre Sicht der Dinge. Lange Einsatzzeiten und Auswirkungen der Corona-Pandemie waren ebenso Themen wie Beurteilungen und anhaltende Probleme im Bereich Betreuung und Fürsorge. Die beiden Politikerinnen zeigten sich durchaus über die angeführten Mängel informiert. Sie bemängelten unter anderem den „viel zu langsamen Beschaffungsprozess“ der Bundeswehr und in diesem Zusammenhang die Bestimmungen sowie die Anwendung des Vergaberechts.

Högl lobte die umfangreiche Unterstützung der Streitkräfte während der Corona-Pandemie und der jüngsten Hochwasserkatastrophe in Teilen Deutschlands. Sie stellte jedoch die große Zeitspanne der Corona-Unterstützung für die zivile Seite in Frage und forderte „eine schonungslose Aufarbeitung“ dieses Einsatzes: „Es kann nicht sein, dass die zivilen Strukturen in der Bundesrepublik so schlecht aufgestellt sind, wie es die Pandemie deutlich zeigt“.

Exzellente Arbeit

Zu einer weiteren Runde fanden sich rund 20 Kommandeure, Kommandanten und Dienststellenleiter ein. Neben den Vorgesetzten in Marineuniform folgten Offiziere des Heeres, der Streitkräftebasis und des Sanitätsdienstes sowie Angehörige der Bundeswehrverwaltung und der Feuerwehr der Einladung. Die Diskussion mit den beiden Politikerinnen verlief ebenso offen wie bei den Unteroffizieren. So stellte die Wehrbeauftragte auf Nachfrage eines Kommandanten zum Gemütszustand in den Streitkräften fest: „Ich bin grenzenlos begeistert von der unglaublichen Exzellenz der Frauen und Männer, die in der Bundeswehr sind. Vor allem erlebe ich, dass sie unter erschwerten Rahmenbedingungen…überall das Beste machen.“ Högl forderte in Sachen Personal, Material und Infrastruktur größere Anstrengungen: „Vieles kann sich durch das beschriebene Engagement der Bundeswehrangehörigen allein nicht zum Besseren wenden.“ Siemtje Möller machte dazu deutlich, dass es in den Streitkräften „kein Analysedefizit“ gibt. Sie sieht die Probleme bei der Ausstattung vor allem in der fehlenden gemeinsamen Herangehensweise der Beteiligten und einer unterschiedlichen Bewertung von Analyseergebnissen.

Das A und O

Allgemeine Zustimmung fanden die Worte eines Kommandanten, der dazu aufrief, „trotz aller Probleme nicht ständig nur schwarz zu malen“. „Niemand spielt gerne in einer Verlierermannschaft“, stellte der Marineoffizier fest und verwies damit auf die Habenseite der Bundeswehr. Zu der zählen nach übereinstimmender Ansicht von Teilnehmern insbesondere der gemeinsame Auftrag, die gute Ausbildung und nicht zuletzt eine gelebte Kameradschaft.

Für die Wehrbeauftragte wie für die Bundestagsabgeordnete bot die Veranstaltung eine gute Möglichkeit zu Gesprächen mit Soldatinnen und Soldaten, Zivilbeschäftigten und Mandatsträgern des DBwV. Dr. Högl, deren Amt sich im letzten Jahr mit über 2700 Eingaben beschäftigte, unterstrich anschließend den Wert des persönlichen Austausches für sie: „Diese Begegnungen sind das A und O meiner Arbeit. Sie sind durch nichts zu ersetzen.“

Thomas Behr sieht nach dessen Abschluss im Wilhelmshavener Standorttag eine gelungene und erfolgreiche Veranstaltung: „Ich bin begeistert, mit welcher Offenheit und Klarheit an diesem großen Marinestandort diskutiert wird und mit welcher Professionalität die Mandatsträger hier ihre Aufgabe angehen. Oberstleutnant Jörg Struckmeier stellte, nachdem er durch den Tag geführt hatte, fest: „Die Analyse ist klar, der Fortschritt noch nicht.“ Der Vorsitzende im Bezirk 3 weiter: „Wir als Verband werden uns anstrengen, bei der Beseitigung der Defizite in der Bundeswehr mitzuarbeiten, zum Wohle der Mitglieder und unserer Streitkräfte.“

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