Unter über 100 Teilnehmern des Jahresempfangs waren Gastgeber Bürgermeister Thomas Kugler (1.R.v.l.), Bundestagsabgeordneter Volker Mayer-Lay (CDU), Generalmajor Hartmut Renk und die Ehrenvorsitzenden im DBwV Oberst a.D. Ulrich Kirsch und Hauptmann a.D. Andreas Steinmetz. Foto: DBwV/Ingo Kaminsky

05.05.2022
Ingo Kaminsky

Ein besonderer Jahresempfang des Landesverbands in Baden-Württemberg mit Ukraine-Krieg im Mittelpunkt

Pfullendorf. „Der diesjährige Jahresempfang des Landesverbands Süddeutschland in Baden-Württemberg ist in mehrfacher Hinsicht ein besonderer Empfang!“, so der Kommandeur des Ausbildungszentrums Spezielle Operationen, Oberst Albrecht Katz-Kupke, bei seiner Begrüßung im Namen des Landesverbands und der Garnison am Standort vor über 100 Gästen. Einerseits lag der letzte Jahresempfang im badischen Bad Mergentheim Corona-bedingt bereits zwei Jahre zurück, andererseits bewirkte der aktuell tobende Ukraine-Krieg eine neue sicherheitspolitischen Ausrichtung und einen kritischen Blick auf die Verteidigungsbereitschaft Deutschlands.

Zum Jahresempfang begrüßte Oberst Katz-Kupke Abgeordnete aus Bundes- und Landespolitik, Bürgermeister von Städte und Gemeinden, Kommandeure und  Leiter von Dienststellen der Bundeswehr, Vertreter aus Organisationen und Vereine, die damit die Verbundenheit von Zivilgesellschaft und Bundeswehr, aber auch die gesteigerte Wertschätzung und Anerkennung für den Dienst der Soldaten zum Ausdruck bringen. Der Kommandeur dankte in diesem Zusammenhang insbesondere den Bürgermeistern der umliegenden Städte und Gemeinden für Unterstützung und Verständnis für das Übungsgeschehen, dass für die Ausbildung der Soldaten am Ausbildungszentrum unerlässlich sei.

Politiker fordern Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr herzustellen

Bürgermeister Thomas Kugler rief die Veränderung der seit 63 Jahren stolzen Garnisonsstadt vom Artilleriestandort über den Standort der Jäger und Fernspäher bis zum heutigen AusbZSpezOp in Erinnerung. So habe die Bundeswehr einen gewichtigen Anteil an der Entwicklung der Stadt Pfullendorf und der sie umgebenden Gemeinden zu einem modernen und prosperierenden Mittelzentrum. Mit Blick auf die Zeitenwende in der Sicherheitspolitik Deutschlands stellte Kugler fest, dass gerade angesichts einer „kaputt gesparten Bundeswehr“ die Leistungen der Soldaten umso mehr Respekt verdienen. „Mit Zögern und Zaudern und nur wohlfeilen Worten können keine Friedensprozesse nachhaltig beeinflusst werden!“ Es müsse mehr für die Verteidigungsbereitschaft getan werden. Soldaten verdienen Vertrauen in Politik und ihre Führung, aber auch  Akzeptanz in der Bevölkerung. Dafür setze sich der BundeswehrVerband als Interessenvertretung seit Jahren ein.

„Es scheint, dass in unserer Gesellschaft trotz des Krieges die Bundeswehr noch nicht die richtige Wertschätzung erfährt“, so Landtagsabgeordneter Klaus Burger in seinem Grußwort. Angesichts der um Freiheit, Souveränität und Demokratie kämpfenden Ukrainer gelte es, den Soldaten der Bundeswehr dankbar zu sein, die bereit sind für eben diese Werte zu kämpfen. Dafür brauche es eine wehrhafte Bundeswehr. Mit dem Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik müssen nun endlich schnell die notwendigen  Investitionen in die Bundeswehr erfolgen, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands wiederherzustellen. Burger dankte dem BundeswehrVerband als „eine Interessenvertretung, die als Mahner, unerlässlicher Ideengeber und Initiator nicht nur bessere Rahmenbedingungen für die sozialen Belange der Soldaten, sondern auch für die Einsatzbereitschaft fordert“.

 

Gesamtverteidigung und Zivilschutz erfordern nationale Sicherheitsstrategie

Der Kommandeur Landeskommandos Baden-Württemberg Oberst Thomas Köhring stellte fest, dass die Bunderwehr mit ihren Fähigkeiten, aber auch ihren Defiziten in das Zentrum der öffentlichen Debatte gerückt sei. „Die Notwendigkeit einsatzbereiter Streitkräfte ist offenbar vielen erst mit dem Ukraine-Krieg wieder bewusst geworden.“ Es bleibe angesichts der politischen Debatte um „Ausrüstung“ oder „Aufrüstung“ abzuwarten, ob der Ankündigung des 100 Mrd. Euro Sondervermögens nachhaltige, konkrete Maßnahmen folgen und der Bandbreite des Auftrags der Bundeswehr von Landes- und Bündnisverteidigung über Auslandseinsätze und Not- und Katastrophenhilfe gerecht werden. „Gesamtverteidigung und Zivilschutz müssen neu gedacht werden!“ Dies erfordere eine nationale Sicherheitsstrategie, so Köhring. Für eine Einsatzarmee müsse sich die Bundeswehr zudem von kopflastigen Strukturen und schwerfälligen, bürokratischen Prozessen befreien. Als Kommandeur und DBwV-Mitglied wünsche er von der Interessenvertretung eine selbstkritische Analyse darüber, inwieweit das Erreichte und auch laufende Initiativen des Verbandes „nicht nur dem Wohl der Betroffenen, sondern auch der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr“ diene.

Ulmer Multinationales Korps ist Teil einer handlungsfähigen NATO und EU
 
„Der Krieg in der Ukraine markierte eine Zäsur der Sicherheitspolitik Deutschlands, NATO und EU!“ Ausgehend davon zeigte der Chef des Stabes Multinationale Kommando Operative Führung, Generalmajor Hartmut Renk, in seiner Rede die gravierenden Veränderungen auf, an deren Umsetzung das militärstrategische Hauptquartier für Einsätze der EU und NATO in Ulm maßgeblich beteiligt sei. So wurden richtungsweisende Entscheidungen getroffen, um die Widerstandsfähigkeit der NATO zu erhöhen: Die NATO-Verteidigungspläne wurden aktiviert, die Reaktionskräfte in Bereitschaft versetzt und verfügbare Kräfte zur Verstärkung an die Ostflanke der NATO verlegt. Ein neues strategische NATO-Verteidigungskonzept stehe vor der Verabschiedung als Reaktion der Entwicklung in Russland, welches aber auch die neue Rolle Chinas reflektiert. Mit adäquaten Reaktionen habe der Europäische Rat die Handlungs- und Reaktionsfähigkeit der EU gestärkt. „NATO und EU sind handlungsfähig!“, bekräftigte Renk.

DBwV ist ein verlässlicher, kompetenter, durchschlagfähiger Partner

Kernelement der sicherheitspolitischen Zeitenwende sei die Rückbesinnung auf den Kernauftrag der Bundeswehr – die Landes- und Bündnisverteidigung, so der General. So sehr die Amtshilfe in der Vergangenheit die Wahrnehmung der Bundeswehr in der Zivilgesellschaft gesteigert habe, so haben jedoch die daraus resultierenden Ausbildungsdefizite bei dort eingesetzten Kräften eine nicht gewünschte Kehrseite. Der BundeswehrVerband vertrete seit Jahren die Position, den Kernauftrag nicht zu vernachlässigen.  Mit seinen Kampagnen „Schlagkräftige Bundeswehr 2020“ und „Schlagkräftige Bundeswehr 2025“ habe der Verband nahezu im Gleichklang mit den Wehrbeauftragten des Bundestages auf Defizite hingewiesen und sich für die Zukunftsfähigkeit und Einsatzbereitschaft der Bundeswehr eingesetzt. Er sehe die Interessenvertretung für die Soldaten nicht im Widerspruch zur Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. Dafür danke er dem DBwV ausdrücklich.

Schlusswort mit klaren Forderungen des BundeswehrVerbands zum Sondervermögen

In seinem Schlusswort ging Landesvorsitzender Gerhard Stärk auf die derzeitige politische Debatte ein und die damit verbundene Arbeit des DBwV ein. Der Russland-Ukraine-Krieg zog sich wie ein roter Faden durch alle Wortbeiträge, weshalb Stärk zur Einsatzbereitschaft der Bundeswehr und zu den Erwartungen an das 100-Mrd-Euro-Sondervermögen die Position des Verbandes erläuterte. Ausgehend von den aufgezeigten Defiziten habe nicht „Aufrüstung“, sondern „Ausrüstung“, also die Vollausstattung der Bundeswehr oberste Priorität. Für die Renaissance der Landes- und Bündnisverteidigung brauche es zudem strukturelle Anpassungen nach dem angedachten Eckpunktepapier des Generalinspekteurs. Und letztendlich bedarf es der Optimierung des Beschaffungswesens mit Anpassungen im Haushalt- und Vergaberecht, um schneller und effizienter Beschaffungsvorhaben, aber auch den täglichen Betrieb der Streitkräfte zu gewährleisten. Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht stehe der DBwV skeptisch gegenüber, fördere aber gern eine gesamtgesellschaftliche Debatte um eine allgemeine Dienstpflicht.
 
Der Landesvorsitzende machte auch deutlich, dass auch weiterhin eine attraktive Bundeswehr und soziale Belange der Bundeswehrangehörigen Inhalte der Verbandsarbeit seien. Die Themenpalette umfasse dabei Ballungsraumzulage, Besoldung und Zulagen, Veteranenkultur u.v.m.

Stärk erinnerte die Anwesenden an jene Soldaten, die in Auslandseinsätzen oder in einsatzgleichen Verpflichtungen eingesetzt sind.  Diesen Kameraden gebührt besonderer Dank und Anerkennung, verbunden mit dem Wunsch auf eine gesunde Rückkehr in die Standorte und zu ihren Familien.

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