Protagonisten und Autoren auf der Bühne (v.l.n.r.): Maik Mutschke, Andreas Rückewoldt, Meik Briest, Michael Bartscher, Julia Egleder und Marcel Bohnert. Foto: DBwV/Philipp Kohlhöfer

13.09.2023
Von Philipp Kohlhöfer

Respekt für Veteranen. Überall.

Der Deutsche Bundeswehrverband stellt an Tag 5 der Invictus Games auf der Bühne des Invictus Village ein Buch vor: „Deutschlands Veteranen“. Zudem bestreiten die Schwimmer ihre Wettbewerbe.

Düsseldorf. Die Wolken hängen tief, aber ein Zeichen ist das nicht, denn die Stimmung vor der Bühne ist gut. Marcel Bohnert steht darauf, zweiter stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes. Er gibt ein Buch heraus, „Deutschlands Veteranen“, auf knapp 300 Seiten versammelt es Portraits von knapp zwei Dutzend von ihnen – unter anderem Maik Mutschke und Andreas Rückewoldt. Sie stehen neben ihm auf der Bühne. Ihre Geschichten werden ihm Buch erzählt. Einerseits.  

Andererseits soll das Buch Teil einer eigenen Geschichte sein, einer noch größeren. Diese Erzählung würde lauten: Deutschland interessiert sich für seine Veteranen und entwickelt eine Veteranenkultur.

Viele Soldaten sind im Publikum, natürlich, aber auch relativ viele Familien, Besucher der Spiele. Das Verhältnis der Deutschen zu ihrer Armee hat sich durch Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine geändert. Mehr oder weniger gleich geblieben ist allerdings der Umgang mit Veteranen der bisherigen Einsätze. Da passt die Einstellung vermutlich eher in eine Frage: Ach, die gibt´s auch?

Das erste Kapitel aus dem Buch wird auf der Bühne vorgelesen: Soldat schwer verwundet, will nicht mehr leben, entscheidet sich dann aber dafür, weil er seine Kinder weiterbegleiten will. Das ist sehr bewegend und öffnet den Blick für das danach. Die Soldaten kennen das, ihre Familien auch, aber allen anderen muss man immer wieder erklären: Gehen Soldaten in Einsätze, dann kommen sie auch wieder zurück. Das Leben geht weiter. Das ist keine neue und besonders schlaue Erkenntnis, aber in Deutschland, scheint es, ist das manchmal noch nicht wirklich angekommen. Vor allem dann nicht, wenn die Soldaten, die zurückkommen, nicht mehr die sind, die sie vor dem Einsatz waren, körperlich oder seelisch. Über 400.000 Soldaten und Soldatinnen sind mittlerweile als Veteranen aus dem Einsatz heimgehrt. Eine Veteranenkultur, wie es sie in Großbritannien gibt und den Niederlanden oder in Kanada und vor allem den USA, gibt es in Deutschland dennoch nicht mal annähernd.

Als Mutschke redet, bedankt er sich daher zuerst für den Respekt, den er bei den Invictus Games erfährt. Aber das ist eine Blase, alle wissen das. „Wir sind alle die Gesellschaft“, sagt Maik Mutschke dann auch. Zivilist oder Soldaten, „wir sind alle eins“. Er sagt: „Das muss in die Gesellschaft.“ Egal, was man wähle, egal, wie man aussehe oder was man glaube. „Wir sind die äußere Sicherheit, damit ihr unbeschwert zum Bäcker gegen könnt.“ Das Klatschen ist sehr laut an dieser Stelle. Und auch Rückewoldt wünscht sich vor allem Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit. Es ist der Punkt, der alle Geschichten im Buch vereint: Respekt der Gesellschaft für das, was die Soldaten leisten.

Und das tun sie dauern: Nebenan in der in der Schwimmhalle finden die Wettkämpfe statt. „Die Games“, das hatte Rückewoldt noch gesagt; „haben mir bei der Rehabilitation sehr geholfen.“ Und das tun sie auch bei den anderen. Die Stimmung unter den Athleten ist bestens, die Temperaturen tropisch, die Halle zu klein für den Ansturm. Man muss versprechen, dass man nicht so lange bleibt, damit noch andere Leute reindürfen. Es ist fast ein Länderkampf, Briten und Amerikaner dominieren die Starterfelder. Die Briten gehen das eher locker an, Happening-Atmosphäre, Kinder und Sandwichs, Rasseln und großes Hurra, weil zwei Leute auf der Tribüne feststellen, dass sie aus demselben Ort kommen. Die Amerikaner? „Die nehmen das sehr ernst“, sagte einer der Briten.

Im nächsten Lauf gewinnt eine Amerikanerin, business as usual, die Britin wird letzte. Die Briten feiern, wie Briten eben feiern und man erwischt sich bei dem Gedanken, dass man jetzt mal ein paar Pints trinken könnte. Im Publikum ein Schild mit: „I love you daddy.“. Ein anderes mit „Rico te amo“. Die Australier haben ein aufblasbares Känguru mitgebracht, die Dänen Wikingerhelme.

Als später ein Ukrainer seinen Vorlauf gewinnt, ist er so schnell, dass er in der Zeit, bis die anderen im Ziel sind, die Strecke nochmal schwimmen könnte. Natürlich tut er das nicht, er dreht sich um und klatscht, feuert jeden einzelnen an – und die wiederum, kaum sind sie im Ziel, feuern ihre Verfolger an. Etwa eine knappe Minute nach allen anderen kommt ein Kolumbianer ins Ziel. Nach einer Bahn hatte er kurz gestoppt, es ging nicht mehr. Er wartet ein paar Sekunden, das Publikum brüllte, jubelte, klatsche, feuerte an. Von der anderen Seite des Pools riefen die Athleten, go, go, go. Der Kolumbianer schwimmt dann weiter, kurz Brustschwimmen, dann Kraulen.

Als er am Ziel ist, schwimmen die andern zu ihm.
Er ist letzter. Er gewinnt.

Er gewinnt die ganze Zeit.

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