In Berlin ist die Hilfe der Bundeswehr willkommen, wie hier auf dem Flughafen Tegel. Nur der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg stellt sich quer. Foto: Bundeswehr/Tom Twardy

In Berlin ist die Hilfe der Bundeswehr willkommen, wie hier auf dem Flughafen Tegel. Nur der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg stellt sich quer. Foto: Bundeswehr/Tom Twardy

12.10.2020
Yann Bombeke

Berliner Bezirk lehnt Bundeswehr-Hilfe ab: „Verantwortungsloses Trotzverhalten“

Berlin. Es gibt Entscheidungen, über die man nur den Kopf schütteln kann, die einen sprach- und fassungslos zurücklassen. Die Entscheidung des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, mitten in der sich verschärfenden Corona-Krise auf die Hilfe und Unterstützung der Bundeswehr zu verzichten, fällt genau in diese Kategorie.

Die Zahl der Covid-19-Infektionen steigt in Deutschland wieder stark an – insbesondere in Ballungsräumen infizieren sich immer mehr Menschen, so dass die Sorge vor einem Krisenherbst wächst. Immer mehr Kommunen nehmen dankbar die Hilfe der Bundeswehr in Anspruch, vor allem dann, wenn es darum geht, die Gesundheitsämter bei der Kontaktpersonennachverfolgung zu unterstützen. Dort ist Manpower gefragt, und die kann die Bundeswehr kurzfristig liefern. Zuletzt baten Stuttgart und Offenbach um die Hilfe der Bundeswehr. So waren bereits Ende vergangener Woche 1400 Soldatinnen und Soldaten deutschlandweit im Corona-Einsatz.

Auch im besonders stark betroffenen Berlin hilft die Bundeswehr in allen Risikobezirken aus. In allen? Nein, ein von unbeugsamen Party-Gängern bevölkerter Bezirk wehrt sich vehement gegen jegliche Unterstützungsleistung der Bundeswehr. In Friedrichshain-Kreuzberg sind die Infektionsraten überdurchschnittlich hoch, doch der grün regierte Bezirk hat in der vergangenen Woche die Hilfe der Bundeswehr endgültig abgelehnt. „Das Bezirksamt setzt in der Kontaktnachverfolgung auf mittelfristigen Personalaufwuchs statt auf kurzfristige externe Unterstützung“, teilte Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) vor wenigen Tagen mit.

Kritik, wie sie etwa von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, Gesundheitsminister Jens Spahn oder der Wehrbeauftragten Eva Högl an der Entscheidung der Bezirksverwaltung geäußert worden war, wies Hermann zurück und bezeichnete sie via Twitter als „ideologische Debatte“. Man fragt sich allerdings angesichts des Vorgehens der Bezirksregierung in Friedrichshain-Kreuzberg, wer sich hier von ideologischen Aspekten leiten lässt. Linken-Landeschefin Katina Schubert warnte gar in der „Welt“ vor einer „schleichenden Gewöhnung“, wenn das „Militär in zivilen Bereichen eingesetzt wird“. Worte, die einen einigermaßen fassungslos zurücklassen, geht es doch um die möglichst effektive Bewältigung einer Krise mithilfe von Soldaten, die in erster Linie telefonisch Kontakte von Corona-Infizierten zurückverfolgen sollen. Ganz sicher geht es nicht um Bundeswehr-Patrouillen in den Straßen von Kreuzberg.

Kramp-Karrenbauer hatte gegenüber dem Berliner „Tagesspiegel“ vor einer Verschärfung der Lage in ganz Berlin gewarnt: „Mir fehlt jedes Verständnis, dass Rot-Rot-Grün es eher riskiert, dass es eher rasant steigende Infektionen gibt, dass Infektionsketten nicht nachverfolgt oder nicht eingedämmt werden können, als sich von der Bundeswehr helfen zu lassen.“

Auch die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, kritisierte, dass die Hilfe von Soldaten in der Corona-Krise in Berlin nicht überall willkommen ist: „Angesichts steigender Infektionszahlen ist es ein wichtiger Beitrag, den die Bundeswehr bei den Gesundheitsämtern und anderswo zur Bekämpfung der Pandemie leistet.“ Högl weiter: „Es ist bedauerlich, dass nicht alle Berliner Bezirke diese Hilfe annehmen. Das ist auch eine vertane Gelegenheit, den Dienst für die Gesellschaft, den unsere Parlamentsarmee leistet, zu zeigen.“

Schelte kommt auch von den Berliner Medien. Der Kommentator der „Morgenpost“ brachte es so auf den Punkt: „Es geht doch nicht darum, dass die Bundeswehr im Görlitzer Park einmarschiert, sondern einem in Teilen dysfunktionalen Bezirk beim Seuchenbekämpfen zu helfen. Das Trotzverhalten ist verantwortungslos gegenüber allen Menschen, die jeden Tag um Virus-Patienten kämpfen, es ist verantwortungslos gegenüber Älteren und Risikopatienten im Kiez, es ist verantwortungslos gegenüber Eltern, die keinen Bock auf eine nächste Runde aus Homeoffice/Homeschooling haben, verantwortungslos gegenüber allen Ladenbetreibern und Menschen in Kurzarbeit.“

Sollte es sich der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg doch nochmal anders überlegen, falls die Fallzahlen weiter steigen – was natürlich niemand wünscht – dann steht die Bundeswehr sicher bereit. Insgesamt sind weiterhin bis zu 15.000 Soldatinnen und Soldaten in abgestufter Corona-Bereitschaft, das bestätigte jüngst nochmal der Inspekteur der Streitkräftebasis, Generalleutnant Martin Schelleis: „Was die Amtshilfe angeht, ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Der Herbst hat ja noch gar nicht richtig angefangen.“

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