Nach der Legalisierung genüsslich einen Joint nach Dienstschluss rauchen? Soldatinnen und Soldaten sollten sich das gut überlegen: Nach aktuell geltender Vorschriftenlage würden sie damit weiterhin ihren Job riskieren. Foto: picture alliance/Robin Utrecht

26.08.2023
Von Yann Bombeke

Cannabis wird in Deutschland legal – aber auch für Soldaten?

Die Bundesregierung hat ihr Gesetz zur Legalisierung von Cannabis in Deutschland auf den Weg gebracht – wenn es in Kraft tritt, sind künftig Erwerb, Besitz und Konsum in gewissen Mengen erlaubt. Ein gesellschaftlich umstrittenes Thema, das noch viele Fragen aufwirft – auch für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr.

Erwerb, Besitz, Anbau und Konsum von Cannabis sind künftig in Deutschland erlaubt, wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht. Am 16. August hat das Bundeskabinett ein „Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften“ – kurz Cannabisgesetz – verabschiedet. Wenn der Gesetzentwurf in der aktuellen Form in Kraft tritt, sind in Deutschland künftig der Konsum und der Besitz von bis zu 25 Gramm Marihuana oder Haschisch sowie der Anbau von bis zu drei Cannabispflanzen erlaubt. Konsumenten sollen das Cannabis über Anbauvereinigungen beziehen können.

Das Thema spaltet: Für die einen ist es der längst überfällige Schritt zur Entkriminalisierung einer in der Gesellschaft weit verbreiteten weichen Droge, für die anderen bleibt es Teufelszeug, das gar nicht so harmlos ist, wie es die die Befürworter behaupten. Fakt ist: Mit dieser Regelung wäre Deutschland in Europa Vorreiter in liberaler Drogenpolitik – auch die aktuellen Regelungen etwa in den Niederlanden oder in Portugal, wo Besitz und Konsum kleinerer Mengen freigegeben sind, fallen strenger aus.

Keine strafrechtlichen Konsequenzen für Soldaten, aber...

Viele fragen sich nun, was für die Bundeswehr gilt. Strafrechtlich zumindest müssen Soldatinnen und Soldaten künftig, wie alle anderen volljährigen Bürgerinnen und Bürger auch, keine Konsequenzen mehr fürchten, wenn sie in ihrer Freizeit einen Joint rauchen. Disziplinarrechtlich sieht das jedoch nach wie vor anders aus. Das vorgelegte Cannabisgesetz legt zwar fest, dass in militärischen Bereichen, beispielsweise in den Liegenschaften der Bundeswehr oder auf Schiffen der Marine, Cannabis weiterhin nicht konsumiert oder angebaut werden darf. Im Gesetzestext heißt es: „In der Bundeswehr gibt es eine Vielzahl gefährlicher Anlagen und beruflicher Tätigkeiten, zum Beispiel im Zusammenhang mit Munition, Kriegswaffen, Gefechtsfahrzeugen und gefährlichen Maschinen. Daher bleibt der Umgang mit Cannabis in militärischen Bereichen für jedermann verboten.“

Das heißt nun jedoch nicht, dass Angehörige der Bundeswehr Cannabis konsumieren dürfen, sobald sie ihren Stützpunkt verlassen und sich in ihrer Freizeit befinden. Denn: „Beschränkungen des Konsums von Cannabis für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr aufgrund des Soldatengesetzes – auch außerhalb des Dienstes und außerhalb militärischer Bereiche – bleiben unberührt.“ Aktuell führt Cannabis-Konsum in der Bundeswehr innerhalb der ersten vier Dienstjahre grundsätzlich zur fristlosen Entlassung (§ 55 Abs. 5 SG), später regelmäßig zu einem Beförderungsverbot oder einer Dienstgradherabsetzung. Mit disziplinarrechtlichen Konsequenzen müssen Cannabis konsumierende Soldatinnen und Soldaten also auch nach einer Legalisierung rechnen.

Vorbild Kanada?

Nun gibt es erste Forderungen nach einer Überprüfung der bislang geltenden Null-Toleranz-Linie der Bundeswehr. Die der FDP nahestehenden „Liberalen Soldaten und Veteranen“ haben bereits Ende vergangenen Jahres in einer Erklärung die durch die Ampel-Regierung beabsichtigte Legalisierung von Cannabis begrüßt. Diese stelle eine „gesetzliche Angleichung an die gesellschaftlichen Realitäten dar“. Und: „Wie bei Tabak oder Alkohol, muss ein gemäßigter und verantwortungsvoller Konsum von Cannabis auch für Angehörige der Streitkräfte möglich sein. Gleichzeitig braucht es klare Regeln für den Konsum in den Streitkräften, die den Anforderungen an den Dienstbetrieb, insbesondere im Umgang mit Waffensystemen, gerecht werden.“ Als Beispiel führen die „Liberalen Soldaten und Veteranen“ Kanada an. Während in den meisten Streitkräften der Welt eine Null-Toleranz-Politik betrieben wird, gibt es beim nordamerikanischen NATO-Partner zeitliche Vorgaben, zu welchem Zeitpunkt vor Dienstantritt kein Cannabis mehr konsumiert werden darf.

Sollte der Dienstherr sich dazu entschließen, die geltenden Vorschriften zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, muss er eine Fülle von Aspekten abwägen: Der Bogen spannt sich von der Erhaltung der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte insgesamt über die Gesunderhaltungspflicht des Einzelnen bis hin zum Druck der Personalgewinnung in einer Gesellschaft, in der der Konsum von Cannabis-Produkten vor allem bei jüngeren Menschen zunehmend an Akzeptanz gewinnen könnte.

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