Zum Auftakt der Bundeswehrtagung in Berlin kündigte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht weitere Militärhilfen für die Ukraine an. Foto: DBwV/Yann Bombeke

15.09.2022
Von Yann Bombeke

Deutschland will weitere Artilleriesysteme und Dingos abgeben – Wüstner: „Nächste rote Linie überschritten“

Deutschland wird weitere Waffensysteme abgeben: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht kündigte an, dass weitere Mehrfachraketenwerfer MARS II sowie geschützte Allzweckfahrzeuge vom Typ Dingo an die Ukraine geliefert werden sollen. Der DBwV-Bundesvorsitzende kritisierte die Entscheidung.

Um die Zeitenwende geht es bei der zweitägigen Bundeswehrtagung in Berlin, aber die Meldung des Tages verkündete Verteidigungsministerin Christine Lambrecht gleich zum Auftakt: Deutschland wird zwei weitere Mehrfachraketenwerfer MARS II inklusive 200 Raketen und einem Ausbildungsprogramm an die Ukraine abgeben, zusätzlich 50 geschützte Fahrzeuge vom Typ Dingo. Lambrecht: „Diese Lieferungen werden die Bundeswehr nicht schwächen.“ Auch die Verbündeten, insbesondere an der Ostflanke des Bündnisses, könnten sich auf die deutschen Zusagen verlassen.

Ein anderes Bild ergibt sich für den Bundesvorsitzenden. Oberst André Wüstner, der gemeinsam mit dem militärischen Spitzenpersonal der Bundeswehr die Rede der Ministerin im Berliner Hotel Intercontinental mitverfolgte, reagierte prompt: „Politik entscheidet, Soldaten folgen und so wird die nächste ursprünglich vom Ministerium gesetzte rote Linie überschritten. Leider erneut Artilleriesysteme inklusive Munition, von der wir selbst in der Bundeswehr viel zu wenig haben. Das treibt viele in der Bundeswehr um.“ Wüstner weiter: „Denn es geht nicht nur um die materielle Einsatzbereitschaft heute, sondern auch perspektivisch für die kommenden Jahre – Stichwort NATO-Verpflichtungen oder Ausbildung und Übungen.“ Der Bundesvorsitzende forderte: „Zumindest sollte zügig die Nachbeschaffung neuer Artilleriesysteme eingeleitet werden. Besser gestern als heute.“

Schon zuvor hatte die Bundeswehr umfangreiches Material aus ihren Beständen abgeben müssen: An die Ukraine wurden bereits drei Mehrfachraketenwerfer samt Munition geliefert, ebenso zwölf Panzerhaubitzen 2000. Ob die 50 Dingos, die sich vor allem im Afghanistan-Einsatz bewährt haben und nun auch an die Ukraine abgegeben werden sollen, ebenfalls aus den Beständen des Heeres stammen, sagte die Ministerin in ihrer Rede nicht.

Nach Angaben der SPD-Politikerin konkretisiert sich nun auch der Ringtausch mit Griechenland. Der NATO-Partner soll demnach 40 Schützenpanzer BMP-1 an die Ukraine abgeben und im Gegenzug 40 Schützenpanzer Marder aus Industriebeständen erhalten. Der Deal sei „auf den letzten Metern der Zielgeraden“, sagte Lambrecht.

Im weiteren Verlauf wiederholte Lambrecht die Ziele, die mit der Zeitenwende einhergehen. „Wir haben ein klares Ziel vor Augen: Eine einsatzbereite und leistungsstarke Bundeswehr“, sagte die Ministerin.

Anschließend ging der Generalinspekteur zunächst auf die militärische Lage im ukrainischen Kriegsgebiet ein. General Eberhard Zorn warnte wie zuletzt in den Medien davor, die russischen Kapazitäten zur Kriegsführung zu unterschätzen. Auch nach den jüngsten ukrainischen Erfolgen sei eine seriöse Prognose über den weiteren Kriegsverlauf aus seiner Sicht nicht möglich. „Wir dürfen nicht den Fehler machen, das russische Potential zu unterschätzen“, sagte Zorn. Daher sei die Landes- und Bündnisverteidigung für die Bundeswehr „unverändert erste Priorität“.

General Zorn betonte, dass es in der Zukunft auf „kaltstartfähige“ Streitkräfte ankommen werde. „Allen muss klar sein, dass es jederzeit losgehen kann“, sagte der GI und mahnte an, dass die erforderlichen Veränderungen schnell greifen müssten. Wenn die aktuell in den Streitkräften laufende Bestandsaufnahme Ende des Jahres durch sei, „muss es dann stramm mit der Umsetzung losgehen“, sagte Zorn. Und weiter: „Die Truppe erwartet konkrete Ergebnisse, die für alle greifbar sind.“

Am Freitag wird die Bundeswehrtagung fortgesetzt, erwartet wird dann auch eine Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz.

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