Bei den Feierlichkeiten zum 9. Mai zeigte sich Wladimir Putin in Moskau an der Seite von Veteranen. Russlands Präsident schob die Verantwortung für den Konflikt in der Ukraine auf die NATO. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Anton Novoderezhkin

09.05.2022
Yann Bombeke/mit Materia von dpa

Feierlichkeiten zum Weltkriegsende: Schuldzuweisungen aus Moskau, Solidaritätsbekundungen für die Ukraine im Westen

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg mit der Kapitulation Nazi-Deutschlands, in den westlichen Staaten wird dieser Tag seitdem als Feier- und Gedenktag begangen – in Russland ist allerdings der 9. Mai ein Feiertag, weil an diesem Datum eine weitere Kapitulationsurkunde unterzeichnet wurde. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine waren daher alle Blicke nach Moskau gerichtet, wo Russlands Präsident Wladimir Putin auf dem Roten Platz die traditionelle Parade seiner Streitkräfte abnahm.

Putin: „Präventiv eine Aggression des Westens abgewehrt“

Im Vorfeld war viel spekuliert worden, was der russische Machthaber an diesem 9. Mai verkünden würde – befürchtet wurde unter anderem eine weitere Eskalation des Krieges in der Ukraine. Auch eine Mobilmachung in Russland wurde nicht ausgeschlossen. Das blieb aus, allerdings nutzte Putin seine Rede für Schuldzuweisungen in Richtung NATO. Das westliche Bündnis habe über die Jahre eine für Russland „absolut nicht hinnehmbare Bedrohung“ geschaffen, sagte er in seiner Rede zum 77. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Russland habe präventiv eine Aggression des Westens abgewehrt, so Putin. Zudem warf der russische Präsident der Ukraine vor, eine Wiedererlangung von Atomwaffen angestrebt zu haben.

Trotz der nach wie vor ausbleibenden Erfolge der russischen Streitkräfte in der Ukraine – der Vorstoß auf Kiew wurde abgewehrt, die Offensive im Donbass verläuft eher schleppend und im Asov-Stahlwerk in Mariupol halten sich immer noch ukrainische Kämpfer verschanzt – gab sich Putin optimistisch: „Alle Pläne werden erfüllt, das Ergebnis wird erreicht werden.“

Scholz: „Recht und Freiheit an der Seite der Angegriffenen verteidigen“

Einen Tag zuvor, am 8. Mai, war auch in Deutschland an das Kriegsende vor 77 Jahren erinnert worden, auch hierzulande wurden die Feierlichkeiten vom brutalen Überfall Russlands auf die Ukraine überschattet. Am Abend hob Bundeskanzler Olaf Scholz in einer TV-Ansprache die historische Verantwortung Deutschlands bei der Unterstützung der Ukraine hervor. Die zentrale Lehre aus der Geschichte Deutschlands zwischen 1933 und 1945 laute: „Nie wieder Krieg. Nie wieder Völkermord. Nie wieder Gewaltherrschaft.“ In der gegenwärtigen Lage könne dies nur bedeuten, Recht und Freiheit zu verteidigen – „an der Seite der Angegriffenen“. Der Kanzler gab sich überzeugt, dass Putin den Krieg nicht gewinnen werde. Scholz rechtfertigte zugleich die Linie der Bundesregierung bei der Unterstützung der Ukraine. Es seien erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Waffen in ein Kriegsgebiet geschickt worden. „Und immer sorgfältig abwägend auch schweres Gerät. Das setzen wir fort.“ Der Sozialdemokrat fügte hinzu: „Zugleich tun wir nicht einfach alles, was der eine oder die andere gerade fordert.“ Denn er habe in seinem Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. „Dazu zählt, unser Land und unsere Verbündeten vor Gefahren zu schützen.“

Scholz versicherte in diesem Zusammenhang, dass es keine deutschen Alleingänge geben werde. Als Kanzler werde er auch keine Entscheidung treffen, die die NATO zur Kriegspartei werden lasse. Zudem müsse die deutsche Verteidigungsfähigkeit erhalten bleiben.

Ebenfalls am Sonntag war Bundestagspräsidentin Bärbel Bas als erste hochrangige deutsche Staatsrepräsentantin seit Kriegsausbruch am 24. Februar in die Ukraine gereist. In Kiew legte Bas gemeinsam mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Ruslan Stefantschuk am Grabmal des unbekannten Soldaten Kränze nieder. Bas betonte: „Meine Solidarität gilt dem ganzen ukrainischen Volk in diesem brutalen Existenzkampf. Ich bin auch deshalb nach Kiew gekommen, um zu bekräftigen, dass Deutschland und seine Partner fest an der Seite der Ukraine stehen.“ Bas sprach auch mit Präsident Wolodymyr Selenskyj, der sie „im friedlichen Kiew“ begrüßte, und traf sich mit Regierungschef Denys Schmyhal.

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bekundete beim DGB-Bundeskongress in Berlin seine Solidarität mit der Ukraine. Steinmeier betonte: „Wir stehen an der Seite der Ukraine, aus voller Überzeugung und mit ganzem Herzen, gemeinsam mit unseren europäischen Nachbarn.“ Eine Lehre des 8. Mai sei auch, dass sich die Europäer nicht noch einmal durch aggressiven Nationalismus und Völkerhass auseinandertreiben lassen dürften. Er erinnerte an die Vision des früheren sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow vom gemeinsamen europäischen Haus. „Heute, an diesem 8. Mai, ist der Traum des gemeinsamen europäischen Hauses gescheitert. Ein Alptraum ist an seine Stelle getreten“, sagte das Staatsoberhaupt.

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