Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Foto: DBwV/Yann Bombeke

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Foto: DBwV/Yann Bombeke

14.04.2020
dpa

Bundeswehr-Hilfe bei Corona-Lockerungen angeboten

Kommende Woche wird über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise beraten. Soldaten könnten bei möglichen Regel-Lockerungen unterstützen. Experten legen Maßgaben vor. Und eine Umfrage zeigt, wie die Deutschen zu einer Maskenpflicht stehen.

Berlin. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat breite Unterstützung der Bundeswehr beim schrittweisen Ausstieg aus den Beschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus angeboten. «Wir haben sehr viele Köpfe, sehr viele Hände, die bereit sind zu helfen», sagte Kramp-Karrenbauer der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Es kommt jetzt darauf an, was die Länder von uns verlangen.» Denkbar sei etwa der Einsatz in Gesundheitsämtern bei der Nachverfolgung von Infektionsketten. Soldaten könnten aber auch helfen, Einkäufe zu organisieren, wenn Menschen ihre Wohnung nicht verlassen könnten.

Bund und Länder haben einschneidende Maßnahmen beschlossen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Insbesondere aus der Wirtschaft werden Rufe nach Lockerungen laut, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief am Samstag aber zu Geduld und Solidarität auf.

Am Mittwoch soll beraten werden, wie es weitergeht. Bei einer weiteren Schaltkonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten am 19. April wird voraussichtlich entschieden, ob Teile der Beschränkungen aufgehoben oder verändert werden können.

Nach der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina legte nun auch eine von der nordrhein-westfälischen Landesregierung eingesetzte Expertengruppe Maßgaben und Vorschläge für Lockerungen vor. Ihr Papier liegt der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» und der dpa vor. Darin heißt es, über Lockerungen könne erst nachgedacht werden, wenn klar sei, dass das Gesundheitssystem «absehbar nicht überfordert ist» und Voraussetzungen für ein besseres «Monitoring» der Krise geschaffen seien. Dann aber könne die Rückkehr zur Normalität «schrittweise forciert werden».

In einem beigefügten Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der anderen Bundesländer betonte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), es brauche «eine offene, transparente Debatte über den Weg aus der Krise und einen Fahrplan in eine verantwortungsvolle Normalität». Das Experten-Papier und eine Studie über den besonders von der Corona-Epidemie betroffenen Kreis Heinsberg sollten «ein Beitrag zur inhaltlichen Grundlage für unsere gemeinsamen Beratungen in der nächsten Woche sein». Merkel hatte am Donnerstag gesagt, beim Lockern der strengen Regeln für Menschen und Wirtschaft müsse man in kleinen Schritten vorgehen und die Folgen beobachten.

In dem 15-Seiten-Papier des NRW-Expertenrats heißt es unter anderem:

  • zum MEDIZINISCHEN BEREICH: Vorrangig gelte es, die medizinischen Kapazitäten so schnell wie möglich auszubauen. Es sei eine bessere Steuerung der Kapazitäten insbesondere bei Intensivbetten mit oder ohne Beatmungsmöglichkeiten nötig. Diese müssten in Echtzeit erfasst werden. Zudem sei eine bessere Erreichbarkeit der Gesundheitsämter und eine bessere Informationsverteilung zwischen diesen nötig.
  • zu TESTS: Zielmarke sei eine Steigerung der Zahl der Coronavirus-Tests auf bis zu 500 000 pro Tag. Dazu sei ein schneller Aufbau der Testinfrastruktur auch unter Einbeziehung weiterer Labore und die Einrichtung mobiler Teststationen mit Unterstützung durch das Technische Hilfswerk, die Bundeswehr und das Rote Kreuz nötig. Die Testverfahren sollten ausgeweitet werden, wenn die Infrastrukturen bereitstehen. Menschen mit Symptomen und bestätigten Kontaktpersonen sollten grundsätzlich immer getestet werden. Auch sollten die Infektionsketten möglichst lückenlos zurückverfolgt werden.
  • zu SCHULEN UND KITAS: Ein möglicher Weg zur Normalität könne darin bestehen, «einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens nach und nach wieder zuzulassen». Dazu gehörten Schulen, Universitäten und der Einzelhandel. Bei den Schulen etwa solle es dabei zeitversetzten Unterricht und Unterschiede je nach Alter geben. In Kitas und im «Präsenzunterricht» sollten zuerst vor allem Lehrkräfte arbeiten, die nicht zu Risikogruppen gehören. Die Kinderbetreuung in Kitas und die «(Teil-)Öffnung von Schulen» könne Beschäftigten und Selbstständigen wieder Freiräume verschaffen.

Die Experten gehen davon aus, dass die alten Freiheiten nur langsam wiedererlangt werden können. Klar müsse sein, dass es Rückschritte geben werde. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde das Land wiederholt mit einem erneuten Anstieg der Infektionszahlen konfrontiert sein. Wirtschaftliche Aktivitäten müssten so schnell wie möglich und soweit verantwortbar wieder zugelassen werden. Weiter heißt es in dem Papier: «Großveranstaltungen wie Fußballspiele der Bundesliga mit Zuschauern, aber auch Messen und Kongresse werden auf absehbare Zeit nicht stattfinden können.»

Diskutiert wurde zuletzt auch, ob beim Lockern der Maßnahmen begleitend das Tragen von Schutzmasken verpflichtend sein soll. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte der «Bild am Sonntag»: «Wir werden das öffentliche Leben nur schrittweise hochfahren können. Und wir brauchen zusätzliche Maßnahmen wie Mundschutz für alle.»

Auf die Frage, in welchen Bereichen die Bundeswehr besonders beim schrittweisen Ausstieg aus den harten Beschränkungen hin zum normalen Leben helfen könne, nannte Kramp-Karrenbauer die Gesundheitsämter. Es gebe auch eine Art Gesundheitsämter bei der Bundeswehr. «Wir bauen dort starke Einheiten für das Thema Nachverfolgung von Infektionen auf, damit wir die Eindämmung - vielleicht auch im Zusammenwirken mit einer App - gut organisieren können.» Eine ganze Reihe von Bundesländern denke darüber nach, Soldaten als Verstärkung in Gesundheitsämtern anzufragen. Die Soldaten sollten dort nicht hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, sondern am Telefon Menschen befragen und herausfinden, wer mit wem Kontakt gehabt habe. «So können wir helfen, ein möglichst gutes Bild zu erstellen», sagte die Ministerin.

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der dpa zufolge spricht sich die Mehrheit der Deutschen dafür aus, das Tragen von Masken zumindest an bestimmten Orten zur Pflicht zu machen. Demnach wollen 33 Prozent eine solche Pflicht wie in Österreich auf Supermärkte beschränken. Weitere 21 Prozent meinen, dass generell in der Öffentlichkeit Schutzmasken getragen werden sollten. Nur 37 Prozent sind gegen eine Schutzmaskenpflicht, 9 Prozent machten keine Angaben. In Österreich hatte die Regierung Ende März das Tragen von Schutzmasken in Supermärkten verordnet. In Deutschland gibt es eine solche Pflicht bisher nur in der thüringischen Stadt Jena.

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