Aufklärer patrouillieren in der Umgebung von Gao in Mali im Rahmen der UN-Mission MINUSMA. Dieser Einsatz sowie die Ausbildungsmission EUTM Mali waren Thema im Bundestag. Foto:Bundeswehr/Christian Thiel

Aufklärer patrouillieren in der Umgebung von Gao in Mali im Rahmen der UN-Mission MINUSMA. Dieser Einsatz sowie die Ausbildungsmission EUTM Mali waren Thema im Bundestag. Foto:Bundeswehr/Christian Thiel

13.05.2020
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Bundestag debattiert über Einsätze - künftig "Mentoring" bei EUTM Mali

Berlin. Die 159. Plenarsitzung des Bundestags war geprägt von den Auslandseinsätzen der Bundeswehr: Die Parlamentarier debattierten über die deutsche Beteiligung an den Einsätzen EUTM und MINUSMA in Mali sowie über den mittlerweile längsten Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr im Kosovo.

Insbesondere die Missionen in Mali sind umstritten: Die Sahel-Zone, in der sich Deutschland seit 2013 militärisch engagiert, gilt als gefährlichster Einsatzort der Bundeswehr, zudem hat sich die Sicherheitslage in der jüngeren Vergangenheit deutlich verschlechtert. „Die Bilanz ist bis jetzt durchwachsen“, gestand auch Außenminister Heiko Maas ein, als er für die Fortsetzung der europäischen Ausbildungsmission EUTM Mali warb. „Dies ist ein schwieriger Einsatz und er wird es auch bleiben“, sagte der Sozialdemokrat.

Bei den Gesprächen in Brüssel sei deutlich geworden, dass nachgesteuert werden müsse. „Die Stellschrauben heißen mehr Einsatznähe und größere Flexibilität“, sagte Maas. Diese Ziele sollen durch eine Dezentralisierung der Ausbildung malischer Soldaten erreicht werden – das Mentoring soll näher an den Operationsgebieten erfolgen. Es sei aber ausdrücklich keine Begleitung malischer Soldaten durch Angehörige der Bundeswehr in Einsätzen geplant, versicherte der Top-Diplomat. Um den Eigenschutz in der veränderten Lage zu gewährleisten, soll die Mandatsobergrenze von bislang 350 auf 450 Einsatzkräfte erhöht werden. Die Sicherheit der eigenen Soldatinnen und Soldaten habe immer die höchste Priorität, sagte Maas.

Eine weitere Neuerung der EUTM-Mission ist die Ausweitung auf weitere Länder der Sahel-Zone. So soll etwa die Operation Gazelle, bei der Soldaten in Niger durch deutsche Spezialkräfte ausgebildet werden, künftig unter dem Dach der EU-Mission fortgeführt werden. Auch Burkina Faso, das zunehmend vom grenzüberschreitenden Terrorismus betroffen ist, soll gezielt unterstützt werden.

Jürgen Hardt (CDU) bezeichnete den afrikanischen Kontinent als Schlüsselkontinent für die ganze Welt. Die Sahel-Staaten seien wiederum Schlüsselstaaten für den Kontinent Afrika. „Wenn es dort zu ‚Failed States‘ kommt, führt das zu Problemen, die weit über die Region hinausgehen“, sagte Hardt. Man müsse den jungen Menschen vor Ort Perspektiven bieten, um Migration zu verhindern. Es sei „richtig und gut“, dass sich Deutschland in der Region engagiere und es sei „absolut richtig“, dass sich das Mandat nicht mehr nur auf Mali beschränke. Die Unionsfraktion hatte bereits am Vortag ein Diskussionspapier zur Sahel-Region vorgelegt.

Andreas Nick, ebenfalls Abgeordneter der CDU, betonte die Gefährlichkeit des Mali-Einsatzes. „Deshalb danken wir unseren Soldatinnen und Soldaten ganz herzlich für ihren Einsatz und wünschen gutes Gelingen und vor allem eine sichere Rückkehr“.

Unterstützung bekam die Regierung von der FDP. Ulrich Lechte betonte dabei die besondere Bedeutung von EUTM Mali. „EUTM Mali ist zwar kleiner als MINUSMA, hat aber die wichtige Funktion, die Streitkräfte so zu unterstützen, dass sie selbst für Sicherheit sorgen können“, sagte Lechte, der aber auch Kritik anbrachte: „Die Bundesregierung lässt in Mali eine klare Strategie vermissen.“ „Mentoring“ bedeute die Begleitung einheimischer Soldaten in Einsätze, das Mandat sehe aber lediglich die Ausbildung an gesicherten Orten wie etwa Kasernen vor – dies sei „ein fauler Kompromiss“, sagte der FDP-Politiker.

Auch Jürgen Trittin (Bündnis90/Die Grünen) sprach sich für eine Fortsetzung von EUTM Mali aus. „Wir haben diese Mission von Anfang an unterstützt, es ging darum, den fortschreitenden Staatszerfall in der Region aufzuhalten“, sagte Trittin. Man dürfe sich aber nicht wegducken vor der Entwicklung der vergangenen Jahre. Der Konflikt habe sich in Mali vom Norden in die Mitte und weiter in den Süden verschoben, sich zudem auf Nachbarländer ausgeweitet. Kritik übte Trittin an der französischen Anti-Terror-Mission Barkhane. Die Logik der Aufstandsbekämpfung in dieser Mission passe nicht zur Logik der Ausbildungsmission EUTM, die das Ziel habe, Staatsbildung zu betreiben. Trittin warf der Bundesregierung vor, diesen Konflikt nicht mit den französischen Partnern zu thematisieren.

Gegen eine Fortsetzung des Engagements in Mali sprachen sich AfD und Die Linke aus. Lothar Maier (AfD) sagte, dass das bisherige Engagement zu nichts geführt habe. Mali sei ein Staat, aber durch seine Stammesstruktur keine Nation. Deutschland versuche dort einen politischen Konflikt mit militärischen Mitteln zu lösen. Christine Buchholz (Die Linke) sagte: „Die Bundesregierung lässt die Bundeswehr immer stärker in einen Krieg hineinschlittern, der lange dauern wird und nicht gewonnen werden kann.“ Das zeige, dass die Regierung aus dem „Afghanistan-Desaster“ nichts gelernt habe.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer warb für die Fortsetzung der deutschen Beteiligung an MINUSMA. Mit der UN-Friedensmission werde das Friedensabkommen abgesichert. Deutschland sei in diesem Einsatz eine „Anlehnnation“ für Soldaten aus den anderen beteiligten europäischen Ländern, die in das deutsche Kontingent integriert seien. „Deswegen ist eine Forderung, diesen Einsatz zu beenden, eine ganz klare Absage an die Verantwortung, die Deutschland in der Welt trägt und eine klare Absage an andere Nationen, die sich bei diesem Einsatz auf uns verlassen“, sagte Kramp-Karrenbauer.

Christoph Matschie (SPD) forderte ein verstärktes Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit. „Klar ist: Militärisch allein gibt es keine Lösung“, sagte Matschie. Agnieszka Brugger (Bündnis90/Die Grünen) wies auf die „kleinen, aber wichtigen Fortschritte“ in der Region hin. Der nationale Dialog sei in Mali aufgenommen worden, zudem patrouillierten jetzt vormals verfeindete Kräfte gemeinsam im Norden des Landes. „Das wäre ohne die Friedensmission der Vereinten Nationen schwer vorstellbar“, so Brugger, die auf ein ganz konkretes Problem der Mission aufmerksam machte: „Es bereitet große Sorge, dass trotz Bitten der UN ab Oktober die Rettungskette nicht mehr steht, weil es keine Ablösung für die rumänischen Hubschrauber gibt.“ Dies sei ein Beispiel dafür, wie die Mitgliedstaaten die Vereinten Nationen in schwierigen Missionen „viel zu oft im Regen stehen lassen“.

„Langer Atem“ im Kosovo-Einsatz

Auch über die Verlängerung des Kosovo-Mandats wurde debattiert. Außenminister Maas sagte: „Es gibt einen Zusammenhang zwischen einem langen Atem und Erfolg. Das gilt für die Eindämmung einer Pandemie, aber auch für nachhaltigen Frieden.“ Nach gut 21 Jahren Einsatz auf dem Balkan könne man durchaus von einem sehr langen Atem sprechen, so der Staatsminister. Im Kosovo hat sich der Einsatz der Bundeswehr gewandelt: Waren dort 1999 bis zu 6000 Soldaten stationiert, um den brüchigen Frieden zu sichern, sind heute noch 70 Einsatzkräfte vor Ort. „Wir reduzieren die Präsenz, bewahren KFOR aber auch die nötige Flexibilität, um auf unerwartete, aber eben auch nicht ganz auszuschließende Veränderungen der Sicherheitslage zu reagieren“, sagte Maas. Der Minister forderte, dass der Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo dringend wieder vorangebracht werden müsse. Bis zu einem tragfähigen Abkommen zwischen Belgrad und Prishtina werde KFOR als Stabilitätsfaktor in der Region gebraucht.

Alle drei debattierten Mandate sind noch nicht beschlossen. Nach der ersten Lesung wurden die Anträge an die zuständigen Fachausschüsse weitergeleitet.

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