Eine Patrouille der Bundeswehr in Mali: Das sicherheitspolitische Umfeld in dem westafrikanischen Krisenstaat ist zuletzt immer instabiler geworden. Foto: Bundeswehr

Eine Patrouille der Bundeswehr in Mali: Das sicherheitspolitische Umfeld in dem westafrikanischen Krisenstaat ist zuletzt immer instabiler geworden. Foto: Bundeswehr

13.01.2022
Yann Bombeke/mit Material von dpa

Strack-Zimmermann warnt vor schnellem Abzug aus Mali

Das sicherheitspolitische Umfeld im Einsatzgebiet Mali könnte kaum instabiler sein: Die Militärs, die sich im vergangenen Jahr an die Macht putschten, haben die Aussicht auf demokratische Wahlen in weite Ferne geschoben und nun russische Söldner ins Land geholt, die ihnen die Macht sichern sollen. Nachdem die Wehrbeauftragte Anfang des Jahres den Einsatz der Bundeswehr in Frage gestellt hatte, regte nun die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses an, eine robustere Ausrüstung für die deutschen Soldaten zu prüfen.

Zugleich warnte Marie-Agnes Strack-Zimmermann vor einer schnellen Beendigung des Einsatzes der Bundeswehr in dem westafrikanischen Krisenstaat. Der Deutschen Presseagentur sagte die neue Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, dass die Konsequenzen eines Abzugs bedacht werden müssten. Geprüft werden müsste aber eine schwerere Bewaffnung zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten.

„Wir haben dort ja leichtes bis mittelschweres Gerät. Uns wurde immer gesagt, das reiche. Aber wenn die Luft da bleihaltiger wird, müssen wir dann unter Umständen auch den Boxer verlegen, um unsere Leute zu schützen? Das muss geklärt werden“, forderte die FDP-Politikerin mit Blick auf den Radpanzer der Bundeswehr. „Wenn wir in so einer Region mit all diesen komplexen Zusammenhängen sind, muss die Bundeswehr optimal ausgerüstet werden.“

Strack-Zimmermann warf die Frage auf, was nach einem Abzug passiere. „Machen sich die Russen breit, um das Vakuum zu füllen? Auch größere Unruhen und damit Fluchtbewegungen sind nicht im Interesse Europas“, warnte sie.

Deutschland engagiert sich seit 2013 bei den Einsätzen MINUSMA und EUTM Mali, aktuell sind gut 1350 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Während bei EUTM der Fokus auf der Ausbildung malischer Sicherheitskräfte liegt, stellt Deutschland bei der UN-Mission MINUSMA einen Aufklärungsgefechtsverband. Ausgestattet sind die Bundeswehrkräfte in erster Linie mit Fahrzeugen der Typen Eagle, Dingo, Fennek und Fuchs. Der Einsatz des jetzt angesprochenen GTK Boxer würde den Soldaten nicht unbedingt mehr Feuerkraft, wohl aber schwereren Schutz an die Hand geben.

Dass der Einsatz gefährlich ist und auch die deutschen Kräfte Ziel eines Angriffes werden können, zeigte sich zuletzt im Sommer vergangenen Jahres, als bei einem Selbstmordanschlag auf eine Patrouille zwölf deutsche Soldaten zum Teil schwer verwundet wurden. Überhaupt gilt MINUSMA als einer der aktuell gefährlichsten UN-Einsätze überhaupt – mehr als 250 Blauhelme kamen seit Beginn des Einsatzes 2013 ums Leben.

Weder der UN-Einsatz, noch die parallel laufende französische Anti-Terror-Mission Barkhane oder gar die malischen Sicherheitskräfte selbst haben es vermocht, in den vergangenen Jahren ein friedlicheres Umfeld in Mali zu schaffen. Immer wieder kommt es zu Angriffen und Anschlägen islamistischer Gruppierungen, die in der Sahel-Zone grenzüberschreitend agieren. Anfangs noch als Befreier vom islamistischen Terror gefeiert, sehen sich die französischen Truppen im Land einer nun immer feindseligeren Bevölkerung gegenüber.

Diese Stimmung machen sich auch die Machthaber um Oberst Assimi Goïta zunutze, die sich im vergangenen Mai an die Macht putschten. Dabei war es schon im August 2020 zu einem Militärputsch gekommen. Frankreich drohte mit einem Abbruch der militärischen Zusammenarbeit mit Mali, das aus der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS und aus der Afrikanischen Union ausgeschlossen wurde. Die Putschisten haben die versprochenen demokratischen Wahlen um bis zu fünf Jahre verschoben und sich nun auch noch russische Söldner der sogenannten Wagner-Gruppe ins Land geholt, die ihnen die Macht sichern sollen. Medienberichten zufolge haben die Söldner bereits eine ehemalige französische Basis in Timbuktu übernommen.

Vieles wird davon anhängen, welchen Kurs Frankreich in dem Krisenstaat einschlägt. Klar ist: Wenn Frankreich abzieht, würde Deutschland wohl bald darauf folgen. Präsident Macron hatte in den vergangenen Jahren immer wieder größere internationale Unterstützung für seinen Anti-Terror-Kampf im Sahel eingefordert, vor allem im Bereich der Spezialkräfte. Die Reaktionen blieben jedoch verhalten, nur wenige Staaten schickten kleinere Kontingente, um die Franzosen zu entlasten. Aber auch wenn Barkhane kostspielig ist und in der Vergangenheit auch verlustreich war: Ein vollständiger Rückzug Frankreichs aus Mali erscheint zumindest zum jetzigen Zeitpunkt wenig realistisch. Aus französischer Sicht ist die Sahel-Zone zu wichtig, um sie einfach aufzugeben und das Feld Russland zu überlassen, das zunehmend versucht, an Einfluss auf dem afrikanischen Kontinent zu gewinnen. Zudem geht es für die EU in der Region nicht nur um die Eindämmung islamistischen Terrors, sondern auch um die Kontrolle der Migrations- und Schmuggelrouten, die durch den Sahel in Richtung Europa führen.
 
Die aktuellen Mandate für die Bundeswehr-Einsätze in Mali laufen Ende Mai aus. Mit Blick auf Beratungen über eine Verlängerung forderte Verteidigungsstaatssekretärin Siemtje Möller zeitnahe Wahlen in Mali. „Jetzt kommt es darauf an, dass die malische Übergangsregierung klar sagt, wie es mit den Wahlen weitergeht und mit wem sie zusammenarbeiten will“, sagte die SPD-Politikerin der „Rheinischen Post“. „Davon hängt auch unsere Entscheidung ab.“ Die Verschiebung der Wahlen um fünf Jahre sei für die Bundesregierung inakzeptabel. „Es muss zeitnahe Wahlen geben, darauf bestehen wir.“

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