Armin Laschet (60) ist seit dem Frühjahr Kanzlerkandidat von CDU und CSU. Die Union will auch nach dem Rückzug von Kanzlerin Angela Merkel weiter regieren. Laschet wurde mit 18 Mitglied der CDU. Die Mutter des Aacheners war Hausfrau, der Vater Steiger, später Grundschullehrer. Foto: picture alliance/Associated Press

Armin Laschet (60) ist seit dem Frühjahr Kanzlerkandidat von CDU und CSU. Die Union will auch nach dem Rückzug von Kanzlerin Angela Merkel weiter regieren. Laschet wurde mit 18 Mitglied der CDU. Die Mutter des Aacheners war Hausfrau, der Vater Steiger, später Grundschullehrer. Foto: picture alliance/Associated Press

09.06.2021
Frank Jungbluth

„Unsere Soldaten müssen schlagkräftig sein: Sie benötigen dafür die beste Ausstattung”

Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee: Nur der Bundestag kann entscheiden, dass Soldatinnen und Soldaten in einen Einsatz im Ausland entsendet werden. Daraus erwächst eine Verantwortung der Politik für die Truppe, sagt Armin Laschet, Kanzlerkandidat von CDU/CSU. Er verspricht genug Geld im Haushalt für die Truppe, wenn er der nächste Regierungschef würde.

Düsseldorf/Berlin. Armin Laschet (60) ist ein Christdemokrat aus Überzeugung. Bei seiner rheinisch-katholischen Sozialisation wäre auch nichts anderes vorstellbar. Seit 2017 ist der konservative Politiker aus Aachen Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Nach Konrad Adenauer hat nie wieder ein Kanzler aus NRW regiert. Laschet, seit Februar auch Bundesvorsitzender der CDU, hat sich gegen den favorisierten Markus Söder von der CSU durchgesetzt. Er sucht den leisen Weg der kleinen Schritte ins Kanzleramt. Der Bundeswehr fühlt sich Armin Laschet eng verbunden, auch wenn er nicht gedient hat. Im Gespräch mit der Redaktion des DBwV spricht er über das Zwei-Prozent-Ziel für den Verteidigungshaushalt, wie wichtig eine starke Nato an der Ostflanke des Bündnisses ist, und wie hoch er selbst den Dienst der Soldatinnen und Soldaten schätzt.

Die CDU/CSU, die Union, ist traditionell nahe an der Seite der Bundeswehr, man könnte auch sagen, eine Bundeswehrpartei: Bliebe das auch so, wenn Sie ein Bündnis, beispielweise mit den Grünen, eingehen würden?

Armin Laschet: CDU und CSU bekennen sich klar zur Bundeswehr als Parlamentsarmee im Einsatz. Die Bundeswehr ist der Garant für die Sicherheit Deutschlands. Sie ist zudem als Bündnispartner mitverantwortlich für die Sicherheit vieler unserer Partner. Die jederzeitige Einsatzbereitschaft der Bundeswehr und die optimale Vorbereitung und Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten für ihre vielfältigen Aufgaben sicherzustellen, sind mir ein Kernanliegen. Deutschland engagiert sich zudem bei internationalen Missionen. Auch die Menschen dort verlassen sich auf die Fähigkeiten unserer Bundeswehr. Das haben wir immer im Blick – und das wird so bleiben. Dies ist Bedingung für jede Koalition. 

Wenn Sie Kanzler in einer schwarz-grünen Regierung würden, wäre für Sie klar, dass das Verteidigungsressort sicher von einem Politiker von CDU oder CSU geleitet würde, oder könnten Sie sich einen Grünen an der Spitze des BMVg vorstellen?

Der Wähler hält nichts davon, wenn bereits vor der Wahl die Ministerien aufgeteilt werden, und das werde ich auch nicht tun.  Das Verteidigungsressort ist ein Schlüsselministerium und es wird immer unsere Priorität sein, dass es gut geführt wird.

Nach 20 Jahren im Kampf gegen den Terror und als Helfer beim Wiederaufbau zieht die Bundeswehr mit dem Rest der Nato-Truppen im Juli aus Afghanistan ab: 35 Gefallene und 230 Verwundete sind zu beklagen, der Einsatz hat 13 Milliarden Euro gekostet. Wie erfolgreich waren diese zwei Jahrzehnte am Hindukusch dennoch?

Deutschland hat sich gemeinsam mit unseren Nato-Partnern verpflichtet, einen Beitrag für den Frieden am Hindukusch zu leisten und einem zerfallenen Staat, der international operierenden Terrorgruppen Schutz bot, zu mehr Stabilität zu verhelfen. Zusammen mit unseren Partnern und zahlreichen internationalen Organisationen und zusammen mit den frei gewählten afghanischen Regierungen haben wir erreicht, Afghanistan insgesamt sicherer und stabiler zu machen. Der internationale Terrorismus wurde durch diesen Einsatz geschwächt. Deshalb war der Einsatz auch wichtig für unseren Schutz in Europa. Die Soldaten, die im Einsatz gefallen sind, haben hier in Deutschland riesige Lücken hinterlassen. Sie waren Kinder, Partner, Eltern oder Freunde. Deshalb betrauern wir den Tod jedes Einzelnen.

Die Richtung, in die die Bundeswehr in Zukunft marschieren soll, ist noch nicht ganz klar: Resolute Support in Afghanistan, JSOTF Gazelle in Niger, EUTM MINUSMA in Mali – Jordanien, Irak, der Kosovo – 4000 Soldatinnen und Soldaten der Truppe sind heute in 18 Auslandseinsätzen. Bleibt die Bundeswehr auch Einsatzarmee oder konzentriert sie sich doch wieder klassisch auf die Fähigkeit der Landes- und Bündnisverteidigung?

Deutschland hat in den letzten dreißig Jahren in vielfältiger Weise internationale Aufgaben übernommen. Die sicherheitspolitischen Aufgaben werden nicht weniger. Wir werden unserer internationalen Verantwortung und unseren Verpflichtungen in Bündnissen und internationalen Organisationen auch weiterhin gerecht werden. Die Verstärkung der Nato an ihrer Ostflanke wurde notwendig. Wir haben mit der Verantwortung für den Nato-Kampfverband in Litauen und für die Luftraumüberwachung dort zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Stabilität beigetragen. Das wird auch weiterhin wichtig sein. 

Stichwort Auslandseinsätze: Alle Experten mahnen, die Drohne „Heron TP,” die im Einsatz der Bundeswehr ist, endlich auch zu bewaffnen. Das kann im Falle von Angriffen auf unsere Soldatinnen und Soldaten Leben retten. Sind Sie dafür oder dagegen? 

Klar ist: Unsere Soldatinnen und Soldaten benötigen die beste Ausstattung. Sie müssen sicher sein können, dass ihr militärisches Equipment modern ist und einwandfrei funktioniert. Sie müssen bei Einsätzen schlagkräftig sein, wenn es erforderlich ist, und sich schützen können, wenn es notwendig ist. Das ist das Ziel und dafür muss alles getan werden.

Nukleare Teilhabe: Können die Nato-Partner, vor allem die USA, sich auf uns verlassen? Die Luftwaffe braucht einen neuen Jet als „Tornado”-Nachfolger, um die Bomben aus Büchel im Notfall auch ins Ziel tragen zu können. Gibt es endlich Geld dafür?

Deutschland muss seinen Verpflichtungen nachkommen, um die eigene ebenso wie die Sicherheit der Bündnispartner zu garantieren. Darauf müssen sich unsere Nato-Partner verlassen können und dafür stehe ich. Alles andere würde die europäische Sicherheitsordnung untergraben und zu Verwerfungen in unseren Beziehungen zu den USA führen. Unabhängig davon ist es richtig, sich im Bereich der internationalen Rüstungskontrollpolitik und der nuklearen Abrüstung zu engagieren. Von den Grünen und der SPD würde ich mir etwas mehr Klarheit wünschen.
 
Oft versprochen, immer wieder gebrochen: Das Zwei-Prozent-Ziel der Nato, das heißt, der Anteil des Verteidigungshaushaltes am Gesamtetat, bleibt in weiter Ferne. Und dann die geplanten Einbrüche im Einzelplan 14 ab 2022. Wer eine einsatzbereite Bundeswehr will, muss das auch bezahlen. Kann die Truppe auch dabei auf einen Bundeskanzler Laschet zählen?

Ja. Zur Finanzierung der notwendigen Fähigkeiten haben die Partner in der Nato einander versprochen, sich bis 2024 der Größe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzunähern. Ich stehe zum Zwei-Prozent-Ziel der Nato, das ist übrigens auch ein europäisches Ziel im Rahmen von PESCO. Es geht um unsere eigene Verteidigungsfähigkeit und um unsere eigene Bündnisfähigkeit. 

Ein Verteidigungsbündnis kann nur funktionieren, wenn sich die Partner aufeinander verlassen können. 

Kann sich die Parlamentsarmee Bundeswehr darauf verlassen, wieder mehr als Staatsbürger in Uniform gesehen zu werden? Und weniger als Hort Rechtsextremer, wenn es Vorgänge in die Richtung doch nur im Promillebereich gibt?

Aus vielen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern weiß ich, dass die Wertschätzung für die Soldatinnen und Soldaten – gerade für diejenigen, die im Einsatz sind – in unserer Gesellschaft hoch ist. Geschätzt wird auch das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform, das die Bundeswehr seit Jahrzehnten prägt. Dazu gehört auch politische und historische Bildung. Ich finde gerade das Geschichtsbewusstsein zentral, weil es die beste Prävention gegen jegliche Form des Extremismus ist.

Sind sie regelmäßig im Gespräch mit Soldaten? Wenn ja, was hören Sie da?

Der Austausch mit Soldatinnen und Soldaten ist für mich sehr wichtig. Um ihre Arbeit zu würdigen und um sich in einem besonderen Rahmen auszutauschen, hat die von mir geführte Landesregierung im Jahr 2019 zum Beispiel erstmalig einen Empfang für die Bundeswehr in Nordrhein-Westfalen ausgerichtet. Dabei sind die Themen Respekt und Achtung für die geleistete Arbeit ein zentrales Anliegen. Mir ist es dann immer wichtig zu betonen: Die Landesregierung steht hinter unseren Soldatinnen und Soldaten und wir sind der festen Überzeugung, dass das, was sie tun, nicht nur sie, sondern uns alle etwas angeht. 

Sie haben nicht gedient. Würden Sie Bundeskanzler, wären Sie im Verteidigungsfall Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt in Deutschland. Wie war/ist ihr Verhältnis zur Bundeswehr?

Die Befehls- und Kommandogewalt der Bundeswehr ist eine große Verantwortung. Darüber war sich jeder Bundeskanzler in der Vergangenheit bewusst, unabhängig von der Frage, ob er oder sie gedient hatte. Das wird auch in Zukunft so sein. Für mich persönlich ist die Bundeswehr als Parlamentsarmee fest in unserer Gesellschaft verankert und damit eine zentrale Säule in der Verteidigung unserer Werte. Mir ist es wichtig, dass die Soldatinnen und Soldaten, die gesellschaftliche Anerkennung finden, die sie für ihre verantwortungsvolle und oft herausfordernde Aufgabe verdienen. In dieser Legislaturperiode wurde viel unternommen, um die Sichtbarkeit der Bundeswehr für unsere Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen. Das müssen wir unbedingt fortsetzen.  

Vor wenigen Tagen haben Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Generalinspekteur Eberhard Zorn ein Eckpunktepapier zur Bundeswehrreform vorgestellt. Kennen Sie die Grundzüge? Was halten Sie davon?

Die Eckpunkte fügen sich nahtlos in die sicherheitspolitische Debatte der letzten Jahre ein. Die Stoßrichtung ist richtig: Es geht darum, die Streitkräfteplanung anzupassen, die Führungsorganisation zu optimieren und die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr zu verbessern. Kurzum: Die Analyse ist bekannt, die Umsetzung muss besser werden. 

Sie sind bisher nicht als Außenpolitiker aufgefallen, eher als Europäer. Sie haben familiäre Wurzeln im heutigen Belgien. Wie wichtig ist die Europäische Gemeinschaft für Sicherheit und Stabilität?

Die Europäische Union ist das größte und erfolgreichste Friedensprojekt der Geschichte. Sie steht für Stabilität nach innen und zunehmend für Sicherheit nach außen. Unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaften sind eng miteinander verbunden. Und mit der Gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik stärken wir nicht nur die Rolle der Europäischen Union als eigenständiger Akteur, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der transatlantischen Beziehungen – und damit zugleich zu unserer globalen Ordnung.

Fürchten Sie sich eher vor Russland oder vor China?

Deutschland ist ein starkes Land, eingebettet in Nato und EU, mit Freunden und Partnern auf allen Kontinenten. Wir müssen uns in dieser Welt nicht fürchten. Es kommt darauf an, dass wir die Entwicklungen auf dieser Welt wachsam begleiten und bereit sind, die notwendigen Maßnahmen für unsere Sicherheit zu ergreifen. Daneben müssen wir betonen, dass es immer auch die ausgestreckte Hand Deutschlands gibt. 

Ihr wichtigster außenpolitischer Partner ist und bleiben die USA, würden Sie Kanzler. Was halten Sie von Joe Biden und seinen ersten – inzwischen 150 Tagen – an der Spitze unseres wichtigsten Verbündeten? Sind Sie ihm begegnet?

Die Regierung unter US-Präsident Joe Biden ist als starker Partner auf die Weltbühne zurückgekehrt mit dem Anspruch, gemeinsam mit den Verbündeten unsere globale Ordnung zu prägen. Das gilt für die große Herausforderung der Klimakrise ebenso wie für die zentralen außenpolitischen Fragen unserer Zeit. „America first“ hat ausgedient. Amerika erkennt wieder, dass es Verbündete braucht. Wir stehen bereit und müssen dafür mehr Verantwortung insbesondere in unserer direkten Nachbarschaft übernehmen. 

Der Deutsche BundeswehrVerband (DBwV) ist seit 65 Jahren mit heute 205.000 Mitgliedern Interessenverband und Spitzenorganisation der deutschen Soldaten. Wie wichtig ist Mitbestimmung, auch in der Bundeswehr, für Sie?

Die Bundeswehr ist ein fester Bestandteil unserer Demokratie. Das Konzept der „Inneren Führung“ steht für die demokratischen Prinzipien, die auch innerhalb unserer Streitkräfte gelten. Es freut mich, wenn ich sehe, wie Männer und Frauen in der Bundeswehr sich engagieren und für unser Land einbringen. Eine Haltung, die nicht zuerst an sich denkt, sondern das Ganze in den Blick nimmt, hilft nicht nur der Truppe, sie ist ein Vorbild für unser Land. 

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