Der SPD-Politiker Hans-Peter Bartels war von 2015 bis 2020 Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestags und regelmäßig bei Veranstaltungen des DBwV zu Gast. Foto: DBwV/Mika Schmidt

Der SPD-Politiker Hans-Peter Bartels war von 2015 bis 2020 Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestags und regelmäßig bei Veranstaltungen des DBwV zu Gast. Foto: DBwV/Mika Schmidt

31.07.2021
Von Hans-Peter Bartels

„Der Deutsche BundeswehrVerband ist echte und gelebte Demokratie“

In seinem neuesten Buch „Unsere Demokratie – Freiheit, Vielfalt und Wehrhaftigkeit“ widmet sich Hans-Peter Bartels auch dem Deutschen BundeswehrVerband. Anlässlich des Verbandsgeburtstages stellte er uns diesen Beitrag aus seinem Buch zur Verfügung.

Wenn ich über Demokratie und Bundeswehr spreche, ist Rechtsextremismus nicht das Erste, was mir dazu einfällt, sondern unsere weltweit einzigartige militärische Interessenvertretung, der BundeswehrVerband mit seinen über 200.000 Mitgliedern. Das sind mehr, als die Bundeswehr im Moment an Soldatinnen und Soldaten zählt. In anderen Ländern, wo solche Selbstorganisation der Soldaten verboten ist oder keinen Schwung hat, sind es oft Veteranenverbände, die für die Interessen der aktiven Uniformträger einstehen. Bei uns tun es die Aktiven selbst. Und das ist keine vereinsmeiernde Spielerei, sondern echte, gelebte Demokratie. Die Truppenkameradschaften wählen Vorstände und Delegierte, der Verband stellt Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl von Vertrauensleuten und Personalräten auf. Man fasst auf allen Ebenen berufspolitische Beschlüsse, stellt Forderungen an Parlament und Regierung, veranstaltet Weiterbildungsseminare und politische Diskussionsrunden und geht als authentische Stimme der Bundeswehr an die Öffentlichkeit. Fortschritte bei der allgemeinen Besoldungsstruktur oder auch bei der Versorgung von Einsatzversehrten oder der Erweiterung des Trennungsgeldanspruchs für langjährige Pendler sind klassische, quasi-gewerkschaftliche Themen der erfolgreichen Interessenvertretung.

Auf den Delegiertenversammlungen der Landesverbände, bei den speziellen Zielgruppentagungen für Spieße, für Kommandeure, für Mannschaften oder für Mandatsträger habe ich zigmal verfolgt, wie Soldatinnen und Soldaten aus allen Teilen der Bundeswehr miteinander diskutieren, manchmal kontrovers, immer zivilisiert. Dass in der Debatte der Hauptfeldwebel dem Fregattenkapitän widerspricht und die Frau Oberleutnant sich in der Vorstandswahl gegen den Herrn Stabshauptmann durchsetzt, ist der wunderbare Alltag einer demokratischen Armee, wie es sie in Deutschland nie zuvor gab. Nichts kommt von selbst. Aber starke Institutionen wie der BundeswehrVerband und die gewählten Beteiligungsgremien, der Verteidigungsausschuss und der oder die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, auch die Militärseelsorge in der ethischen Bildung, andere Soldatenvereinigungen und der Reservistenverband sind extrem starke Stabilisatoren des Demokratieprinzips in unseren Streitkräften.

Vielfältige Bindungen

Soldaten, auch Berufssoldaten, stehen nicht außerhalb unserer Gesellschaft oder außerhalb des öffentlichen Lebens. Die Bindungen sind vielfältig. Im Bundestag und in den sechzehn Landtagen, aber auch in tausenden Kommunalparlamenten trifft man gar nicht so selten auf beurlaubte, pensionierte oder aktive Soldaten und Zivilbeschäftigte. In der 21-köpfigen Kieler SPD-Ratsfraktion hatten wir zeitweise gleichzeitig drei Bundeswehrangehörige.

Vorsitzender der CDU-Fraktion war damals ein ehemaliger Inspekteur der Marine. Als beim Truppenbesuch in Masar-e Sharif einer der Vertrauensleute nach dem Gespräch noch ein Foto mit mir machen wollte und ich fragte wofür, kam als Antwort: für unsere Ortsvereins-Homepage. Ach so, klar! Das ist keine sozialdemokratische Besonderheit (und vielleicht ist die Verbindung da inzwischen auch wieder etwas schwächer geworden), sondern gilt für die anderen demokratischen Parteien in gleicher Weise. Stabsbootsmann Ingo Gädechens aus Ostholstein oder Oberst i.G. Roderich Kiesewetter aus dem Wahlkreis Aalen-Heidenheim zum Beispiel waren mir im Bundestag äußerst geschätzte CDU-Kollegen.

Eine Bundeswehr der Erwachsenen

Es sind so viele engagiert, nicht nur im Berufsverband oder politisch, auch bei den Kirchen und im Sport. Das ist die Bundeswehr der Erwachsenen! Seit 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, steigt das Durchschnittsalter der Freiwilligenarmee kontinuierlich.

Ein Drittel aller Dienstposten besetzen inzwischen Berufssoldaten. Zeitsoldaten sind im Schnitt zehn Jahre dabei, und die Zahl der Freiwillig Wehrdienst Leistenden (7 – 23 Monate) bleibt bei der gegenwärtigen Rekrutierungspraxis eine vergleichsweise kleine Restgröße. Es gibt mittlerweile fast genauso viele Offiziere wie Mannschaftssoldaten und noch einmal so viele Unteroffiziere (mit und ohne Portepee) wie Offiziere und Mannschaften zusammen, ganz anders als in der alten großen Wehrpflichtarmee. Offiziere haben in der Regel studiert, die Feldwebel oft eine Meisterausbildung absolviert, von den Staatsbürgern in Uniform.

Mannschaften haben gar nicht so wenige Abitur. Im Kern ist die Bundeswehr heute eine Armee von Familienvätern und  müttern, auch eine Pendlerarmee, weil der Lebensmittelpunkt der Familie nicht mehr den wechselnden Stationierungsorten des Militärs folgt. An diese Truppe von Staatsbürgern in Uniform denke ich zuerst, wenn ich nach der demokratischen Qualität der Bundeswehr gefragt werde.

Unsere Armee für die Demokratie

Nach den militärischen und ideologischen Schrecken des 20. Jahrhunderts können wir am Anfang des dritten Jahrzehnts im 21. Jahrhundert erleichtert feststellen: Die Bundeswehr ist nicht nur eine Armee, die in unsere Demokratie erfolgreich eingefügt wurde. Sie ist auch eine Armee, in deren Alltag demokratische Prinzipien ganz selbstverständlich geworden sind. Sie ist unsere Armee für die Demokratie. Nach all dem, was war, ist das nicht wenig.

Mit Rat und Hilfe stets an Ihrer Seite!

Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Alle Ansprechpartner im Überblick