Auf dem Rad fuhren sie über 600 Kilometer nach Berlin: Die Biker der "Tour of Valor". Am Veteranentag übergaben Stefan Huss (rechts, mit Mikro) und Naef Adebahr (2.v.l.) ein Sondertrikot an die Schirmfrau des Veteranentages, Julia Klöckner. Foto: DBwV/Yann Bombeke

Auf dem Rad fuhren sie über 600 Kilometer nach Berlin: Die Biker der "Tour of Valor". Am Veteranentag übergaben Stefan Huss (rechts, mit Mikro) und Naef Adebahr (2.v.l.) ein Sondertrikot an die Schirmfrau des Veteranentages, Bundestagspräsidentin Julia Klöckner. Foto: DBwV/Yann Bombeke

16.06.2025
Von Frank Jungbluth und Eva Krämer

Der lange Weg bis zum Veteranentag

Ein Jahr lang wurde die Premiere vorbereitet: 10.000 Besucher haben beim zentralen Fest zum 1. Nationalen Veteranentag in Berlin ihre Verbundenheit zur Bundeswehr und den Veteranen gezeigt. Mehr als 140 Veranstaltungen gab es zu diesem Anlass in ganz Deutschland. Die Streitkräfte der Bundesrepublik sind im Jahr des 70. Geburtstags der Bundeswehr in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Es war ein langer Weg dahin.

Am Nachmittag, kurze Zeit nach der Eröffnung des Veteranentages, der mit zwei Bühnen und dem Veteranendorf neben dem Reichstag aufgebaut war, begrüßte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), Schirmfrau des Veteranentages, die Fahrradfahrer der „Tour of Valor“ auf der Bühne. Von Regen in Bayern bis nach Berlin waren die acht Veteranen gefahren, nach 600 Kilometern kamen sie am Samstag in Berlin an. Das Ziel: der erste Nationale Veteranentag.

Julia Klöckner dankte den Veteranen für ihren Einsatz. Gemeinsam mit Kerstin Vieregge (CDU) und Johannes Arlt (SPD) übergab Klöckner den acht Fahrradfahrern das Veteranenabzeichen, „als Anerkennung für ihren Dienst in der Bundeswehr“, so Klöckner.

Organisiert wurde die „Tour of Valor“ von Stabsfeldwebel Stefan Huss und Stabsfeldwebel Naef Adebahr. Stefan Huss übergab Julia Klöckner einen Coin der „Battelfield Cyclists“ und ein Sondertrikot der Radtour.

Bryan Adams zeigt Fotoausstellung mit verwundeten Soldatinnen und Soldaten

Eins der Highlights des Veteranentages war der Auftritt von Bryan Adams, dieses Mal aber nicht als Sänger, sondern als Fotograf. Adams hat schwerverwundete britische Veteraninnen und Veteranen fotografiert. „Die Fotos sind eine Reflexion und Dokumentation einer speziellen Zeit im Iran und in Afghanistan“, erklärte Adams. „Es sind Menschen, die in den Medien nicht gezeigt werden“, so Adams. So würden auch die Konsequenzen sichtbar werden, die der Krieg mit sich bringt. „Für viele ist es eine Ehre, so fotografiert zu werden, und es ist auch eine Erinnerung an die, die ihr Leben verloren haben“, so Adams.

Einer der Soldaten, der von Adams fotografiert wurde, ist Mark. Im Einsatz für das britische Militär wurde er schwerverletzt und verlor beide Beine und einen Arm. „Für mich war es etwas Großes, fotografiert zu werden. Es hilft mir dabei, ein stückweit mit dem, was mir passiert ist, abzuschließen“, sagt Mark. „Ich bin jeden Tag froh, dass ich lebe und dass ich ein gutes Leben habe.“

Podiumsgespräch mit Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert

Nach einem Konzert des Sängers Michael Schulte sprach der stellvertretende Bundesvorsitzende, Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert, mit Oberstabsfeldwebel Meik Briest, Stabsfeldwebel Jens Ruths und Hauptfeldwebel d.R. Christiane Rusch über ihre Zeit im Auslandseinsatz. Oberstabsfeldwebel Meik Briest war Teil der ersten Kontingents im Kosovo, wo er schwer verletzt wurde: „Ein einheimischer Bauer legte mir eine Streubombe vor die Füße“, erzählte Briest. „Irgendwann fand ich mich im Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz wieder, mit einem faustgroßen Loch im Gesicht.“ Briest kämpfte sich zurück. „Ohne die Unterstützung meiner Kameraden und meiner Familie wäre das nicht gegangen“, sagte er. Oberstabsfeldwebel Briest nahm an weiteren Auslandseinsätzen teil, auch wieder im Kosovo. „Ich kann mir nicht vorstellen zu Hause zu sitzen. Die Bundeswehr gibt mir Struktur und die Arbeit macht mir immer noch Spaß“, sagte er. Inzwischen ist Briest zu einem der Gesichter der Veteranenbewegung geworden.

Auch Stabsfeldwebel Jens Ruths wurde 1999 im Kosovo schwer verletzt. Beim Versuch seinen verletzten Zugführer aus einem Minenfeld zu retten, trat er selbst auf eine Mine und verlor seinen Unterschenkel. „Ich bin ins Koma gefallen und wurde insgesamt zehn Mal operiert. Heute, 26 Jahre später, habe ich immer noch Schmerzen an meinem Stumpf“, erzählt Ruths. Aber nicht nur körperlich hat der Vorfall im Kosovo Spuren hinterlassen. „Über Wiesen oder freie Flächen bewege ich mich viel bewusster als früher und höre ich einen Hubschrauber, muss ich sofort schauen, wo der hinfliegt“, sagte Ruths. Für die Zukunft wünscht sich Ruths, dass mehr mit den aktiven und ehemaligen Soldatinnen und Soldaten gesprochen wird als über sie.

„Wir sollten alle stolz auf die Truppe sein“

Hauptfeldwebel d.R. Christiane Rusch war mehrmals in Afghanistan und im Kosovo im Einsatz. „Ich war gerade 20 Jahre alt geworden, als ich als Gruppenführerin in Afghanistan eingesetzt wurde“, erzählte Rusch. Eins ihrer prägendsten Erlebnisse: „Eine Frau in Afghanistan drückte mir ihr schwerverletztes Baby in die Hand. Leider starb das Kind, weil die Versorgung so schlecht war.“  Nach ihren Auslandseinsätzen hatte Rusch Probleme, wieder in den Alltag zu finden. „Sonst hat man immer einen Auftrag. Plötzlich hatte ich Urlaub und saß zu Hause rum“, sagte Rusch. „Ich wünsche mir in Zukunft mehr Anerkennung und Respekt für alle, die in der Bundeswehr gedient haben“, so Rusch. „Wir sollten stolz auf die Truppe sein, ohne Angst zu haben, in eine falsche Schublade gesteckt zu werden.“

„Der erste Veteranentag war ein super Start und wir können damit ein Zeichen setzten, was wir in den nächsten Jahren weiterausbauen können“, sagte Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert zum Abschluss.

Pistorius ehrte Veteraninnen und Veteranen mit dem Veteranenabzeichen

Zum Abschluss der Veranstaltung in Berlin ehrte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zwölf Veteraninnen und Veteranen mit dem Veteranenabzeichen der Bundeswehr, unter ihnen auch Johannes Arlt, Major und bis März SPD-Bundestagsabgeordneter. Arlt ist wie auch Kerstin Vieregge (CDU) eine der engagiertesten politischen Vorkämpfer für die Einführung des Veteranentages gewesen. „Die Veranstaltung hier findet an einem besonderen Tag für die Demokratie statt. Neben dem Reichstagsgebäude, im Herzen der Hauptstadt“, sagte Pistorius. Es sei blanke Absicht gewesen, dass die Veranstaltung dort stattfindet. „Denn die Armee ist eine Parlamentsarmee“.

Wüstner: „Wir haben eine geniale Stimmung erlebt“

Der Bundesvorsitzende Oberst André Wüstner sagt deutlich: „Das war ein genialer, Tag, nahezu alle Ziele sind erreicht. Wir erleben auch eine geniale Stimmung. Politik, Gesellschaft, Kameradinnen und Kameraden sind zusammen, Familien mit Kindern. Genauso haben wir viele Touristen erlebt, die einige Fragen zu Bundeswehr und Veteranen haben. Insgesamt konnte man hier ein gutes Miteinander erleben. Allen, die sich dafür stark gemacht haben und die heute vor Ort mitarbeiten, unser DBwV-Bezirksvorsitzender Christian Weber und sein Team, kann man nur danke sagen. Es sind immer wieder die einzelnen Menschen, die so einen Tag möglich machen. Ich habe heute mehrfach gehört: Danke für ihren Dienst. Das kannte man nur aus den Vereinigten Staaten.  Auf jeden Fall ist das auch ist ein Beweis dafür, wie sehr die Truppe in der Gesellschaft angekommen ist. Es wird vor allem seit 2022 immer mehr anerkannt, dass ein Leben in Frieden und Freiheit nicht selbstverständlich ist.“

Für den 1. Stellv. Bundesvorsitzenden, Stabsfeldwebel a.D Thomas Schwappacher, bleibt vor allem auch, „dass der 1. Nationale Veteranentag ein Tag des Zusammenkommens und der guten Gespräche miteinander ist. Der Veteranentag ist angekommen, wir haben jahrelang dafür gekämpft. Wenn es auch in den nächsten Jahren so weitergeht, dann bin ich zutiefst zufrieden.“

Röwekamp für Wehrpflicht und Dienstpflicht

Generalleutnant Gerald Funke, Befehlshaber des Unterstützungsbereichs der Bundeswehr, ist zufrieden mit der positiven Grundstimmung, die beim Veteranentag vorherrschte. Das Bewusstsein der Gesellschaft, die Freundlichkeit die Aufgeschlossenheit, das ist ein besonderes Erlebnis.“

Thomas Röwekamp (CDU), Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, betonte im Interview auf der großen Bühne, dass es in der Bundeswehr heute sehr viele Aufgaben für Veteranen in der Bundeswehr gäbe. Röwekamp machte auch klar, dass er für eine Wehrpflicht für Männer und Frauen ist, ebenso sei er für eine Dienstpflicht für junge Menschen in Deutschland. „Wir brauchen dringend den militärischen Aufwuchs, nicht nur den materiellen, sondern auch den personellen, um den aktuellen Bedrohungen angemessen begegnen zu können.“ Die Pflicht zu dienen, sei für ihn eine Selbstverständlichkeit.

„Wir haben immer gesagt, wir wollen ein offenes Familienfest und wir wollen keinen Nieselregen und keine grauen Handschuhe. Wir wollten mit diesem Tag nahe am Parlament sein und zeigen, das Veteran zu sein, etwas fröhlich sein kann“, sagte Johannes Arlt. Man erlebe, „dass man hier ein Ergebnis von Politik sehen, erleben und spüren kann.“

„Wichtig ist, zu zeigen, dass wir als Soldatinnen und Soldaten für die Menschen in Deutschland im Auftrag des Parlaments unseren Dienst tun“, beschreibt Generalleutnant André Bodemann, stellv. Befehlshaber Operatives Führungskommando, seine Eindrücke vom ersten Veteranentag. „Wir sind beim Veteranentag noch am Anfang und nicht am Ende, das habe ich bei der Tour of Valor auch gesagt: Der Tag muss mehr in der Gesellschaft ankommen und aus der Gesellschaft mitgestaltet werden.“

„Ich gratuliere den Deutschen zum 1. Veteranentag und freue mich, als Gast aus den Niederlanden dabei zu sein“, sagt Lieutenant Colonel Nick Wentink von den niederländischen Streitkräften. Bis zu 100.000 Menschen feiern im Nachbarland jedes Jahr Ende Juli den Veteranentag, auch mit einer großen Parade in Den Haag. „Wir feiern das groß, das wird sich in Deutschland sicher auch in diese Richtung entwickeln“, ist Wentink nach dem Fest in Berlin überzeugt.

„Das hat es in Deutschland noch nie gegeben“

„Lange hat man uns gesagt: Das interessiert doch niemanden. Veteranenkultur? Braucht’s bei uns nicht“, bilanziert der stellv. Bundesvorsitzende, Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert: „Heute sehen wir das Gegenteil – und wie. Der Veteranentag kommt an. Bei den Menschen. In der Hauptstadt. In der Fläche. Und in den Medien. Das zeigt: Der Kampf für Anerkennung und Wertschätzung hat sich gelohnt. Wir haben nicht lockergelassen, und jetzt steht da ein bundesweiter Gedenktag, den es so in Deutschland noch nie gegeben hat. Das ist ein starkes Zeichen für das Verhältnis von Bundeswehr und Gesellschaft – und hoffentlich erst der Anfang.“

Mit Rat und Hilfe stets an Ihrer Seite!

Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Alle Ansprechpartner im Überblick