20.04.2016

Glücksfall Deutscher BundeswehrVerband

Tagung mit Kommandeuren und Dienststellenleitern in Soltau

Soltau. Vorträge des Wehrbeauftragten und des Bundesvorsitzenden standen im Mittelpunkt der Landestagung für Kommandeure und Dienststellenleiter im niedersächsischen Soltau. Auf Einladung des Landesverbandes Nord versammelten sich dort mehr als 40 Offiziere im Heide Park Hotel, darunter der Kommandeur der 1.Panzerdivision (Oldenburg), Generalmajor Johann Langenegger und der Kommandeur der Einsatzflotille 2 (Wilhelmshaven), Flotillenadmiral Christoph Müller-Meinhard.

Aus der nahen Heidestadt war der Kommandeur des Ausbildungszentrums MUNSTER, Brigadegeneral Norbert Wagner, dabei, in der blauen Uniform der Luftwaffe der Kommandeur des Wilhelmshavener Logistikzentrums der Bundeswehr, Brigadegeneral Michael Vetter. Unter den vielen Marineoffizieren befand sich mit Kapitän zur See Nils Brandt erstmals ein Kommandant des Segelschulschiffes Gorch Fock.

Die Begrüßung der Teilnehmer übernahm mit Oberstleutnant Andreas Brandes der Landesvorsitzende Nord. Der Stabsoffizier betonte dabei, dass er sich sehr darüber freue, unter den Teilnehmern viele Vorgesetzte zu sehen, die er in der Gesprächsoffensive des Landesvorstandes in jüngster Zeit besucht habe. Anschließend stellte er seinen die Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein umfassenden Zuständigkeitsbereich vor, in dem rund 53.000 Mitglieder organisiert sind.

Fürsorge und Politik

Brandes bot den Offizieren die Unterstützungsmöglichkeiten des Verbandes an. Er erläuterte die im DBwV vorhandene Sachkompetenz, die sich keineswegs auf die Fürsorge, das Dienst- sowie das Beteiligungsrecht und die Einsatzversorgung beschränkt. Der Landesvorsitzende machte in diesem Zusammenhang klar, dass der Verband die einzige Interessenvertretung ist, die sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Einsatzgebieten und rund um die Uhr um ihre Mitglieder kümmert. „Dies ist“, so der Oberstleutnant, „ein absolutes Alleinstellungsmerkmal.“

Über die politische Arbeit des DBwV berichtete der Bundesvorsitzende. André Wüstner verdeutlichte, dass der Verband viel mehr als eine „Sozialtante“ ist. „Er engagiert sich“, so der Oberstleutnant, „auch auf dem Gebiet der Sicherheits- und Verteidigungspolitik und macht hierzu seine Positionen deutlich.“ Probleme sieht er unter anderem in der Beschaffung von Großgerät, die in Deutschland langsamer verläuft als in anderen Ländern. Insgesamt befindet sich für ihn die Rüstung aber „auf dem richtigen Weg“.

Zu den Rahmenbedingungen der Freiwilligenarmee Bundeswehr zählen für den Bundesvorsitzenden neben Personal und Material die entsprechende Infrastruktur, eine ausreichende Finanzierung sowie die Akzeptanz in der Gesellschaft. Auf all diesen Gebieten sieht er Verbesserungsbedarf, lobt aber auch die konstruktive Zusammenarbeit mit der militärischen Führung und der Spitze des Bundesministeriums der Verteidigung: „Mit anderen Ressorts sind Verhandlungen oft weitaus schwieriger.“

Interessen definieren

Wüstner schilderte die Forderungen des DBwV zum geplanten Weißbuch der Bundesregierung und lehnte eine „Militarisierung der Außenpolitik“ konsequent ab. Den Denkprozess für das Weißbuch und die Einbindung vieler Beteiligter begrüßte er ausdrücklich: „Es war wichtig, sich endlich über die nationalen sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands auszutauschen und diese zu definieren. Wir brauchen einen festgeschriebenen Rahmen und deshalb hat sich der Verband intensiv in diesen Prozess eingebracht.“

Nach dem Vortrag Wüstners ergriffen mehrere Teilnehmer das Wort. Sie schilderten personelle, materielle und organisatorische Probleme, die zu Lasten der militärischen Vorgesetzten und ihrer Truppe gehen. Der Bundesvorsitzende forderte in der offenen Aussprache, dass „Fehler im System Bundeswehr“ beseitigt, Verantwortlichkeiten klar geregelt sowie sinnvolle Strukturen und Abläufe geschaffen werden müssen. Auf Nachfrage stellte Wüstner zum Einsatz der Bundeswehr im Innern fest, dass der Verband aus heutiger Sicht eine Ausweitung der derzeit geltenden Regelungen nicht befürwortet.

Mit dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages sprach ein erfahrener Verteidigungspolitiker und gedienter Wehrpflichtiger zu seinen Zuhörern. Dr. Hans-Peter Bartels war ordentliches Mitglied und Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, seit seiner Wahl zum Wehrbeauftragten wacht der Sozialdemokrat im Auftrag des Parlaments über die Grundrechte der Soldaten und die Innere Führung. Alle Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr können sich mit Beschwerden und Vorschlägen außerhalb des sonst vorgeschriebenen Dienstweges an ihn wenden.

Das Jahr der Trendwende

Dr. Bartels nannte die Zusammenarbeit mit dem Deutschen BundeswehrVerband „einen Glücksfall“. Er betonte, dass die Interessen seines Amtes und die des DBwV weitgehend übereinstimmen. Nach dieser Feststellung ging der Politikwissenschaftler auf die gegenwärtigen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen und den Zustand der Bundeswehr ein. Nach einer langen Periode des Abbaus in allen Bereichen der deutschen Streitkräfte versprach er: „Wir sind im Jahr der Trendwende.“

Der Politiker weiter: „Von den 185.000 Mann auf dem Papier gibt es derzeit etwas über 178.000, die Zahlen sind von Jahr zu Jahr nach unten gegangen. Da muss nachgesteuert werden, wenn die Bundeswehr zur Verteidigung in Europa beitragen und die Auslandseinsätze bewältigen soll.“ Er begrüßte in diesem Zusammenhang, dass im Verteidigungsministerium überlegt wird, künftig auch über Bedarf Nachwuchs einzustellen.

„Es ist von allem zu wenig da“, stellte der Wehrbeauftragte hinsichtlich der materiellen Ausstattung der Streitkräfte fest. Nachhol- und Verbesserungsbedarf sieht er auch bei der Infrastruktur: „Das ist immer noch eine Katastrophe.“ Dr. Bartels wies auf nicht ausgegebene Finanzmittel für Baumaßnahmen hin und mahnte nicht nur deshalb brauchbare Regelungen auf diesem Sektor an. Auch die Unterbringung nicht kasernenpflichtiger Pendler bereitet ihm Sorgen: „Die müssen einen Anspruch auf Unterkunft bekommen und dazu sind Vorschriftenänderungen notwendig.“

Substantielle Verbesserungen

„Sie sind die Experten“, stellte er wiederum mit Blick auf den DBwV fest, „sie müssen sagen was notwendig ist und was geht.“ Von der über die nächsten Jahre geplanten Erhöhung des Verteidigungshaushaltes erwartet sich der 54-Jährige „substantielle Verbesserungen“, zunächst etwas mehr Personal und eine 100-prozentige Materialausstattung. „Es ist noch nichts im grünen Bereich“, so der Wehrbeauftragte weiter, „aber es geht in die richtige Richtung.“

Beim anschließenden Gedankenaustausch verlangte Dr. Bartels: „Bei allen Veränderungen und neuen Strukturen muss Raum für spätere Korrekturen sein.“ Er bezog sich damit auf geänderte Anforderungen und Rahmenbedingungen nach der Strukturplanung und will damit verhindern, dass das Ergebnis nicht dem Bedarf entspricht. Damit lag er völlig auf einer Linie mit den Kommandeuren und Dienststellenleitern. Für seine Ausführungen erhielt der Wehrbeauftragte von den Teilnehmern und Mandatsträger des DBwV Beifall.

Das Eckpunktepapier des Verbandes zum Betreuungskonzept der Bundeswehr stellte Fregattenkapitän Marco Thiele vor. Der Vorsitzende Marine im Bundesvorstand erläuterte die diesbezüglichen Erwartungen an den Dienstherrn. Er verwies ebenfalls auf den dringenden Handlungsbedarf bei den Unterkünften und die infrastrukturellen Notwendigkeiten für Betreuungseinrichtungen. Auch Ausrüstung, Bekleidung und Verpflegung haben den jeweiligen Anforderungen zu entsprechen. „Dafür müssen“, so Thiele, „die erforderlichen finanziellen Mittel bereitgestellt werden.“

Erfolgreiche Veranstaltung

Zu den weiteren Themen der zweitägigen Veranstaltung gehörten die Förderungsgesellschaft (FöG) des DBwV und Aktuelles aus dem Dienstrecht. Damit waren die umfassenden Informationen über den Verband sowie dessen Engagement für seine Mitglieder und die Angehörigen der Bundeswehr insgesamt komplett. Teilnehmer der Veranstaltung äußerten sich abschließend positiv über Ablauf und Inhalte der Veranstaltung. Damit ist der Landesverband Nord wohl der keineswegs homogenen Zielgruppe mit Dienstgraden vom Hauptmann bis zum Generalmajor gerecht geworden.

Im Gespräch zeigten sich Kommandeure und Dienststellenleiter mit dem Themenspektrum zufrieden, gaben aber auch die Anregung, bei solchen Tagungen „weiter über den Tellerrand hinauszusehen“. So wurde vorgeschlagen, Fachreferenten zu speziellen Themen einzuladen, beispielsweise Experten von Behörden, anderen Verbänden oder gesellschaftlichen Gruppen. Die Erläuterung der politischen Arbeit und der Vernetzung in der Hauptstadt fand Interesse, Gelegenheit zum Meinungsaustausch bestand über beide Tage hinweg.
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Natürlich bot auch der gemeinsame Abend Gelegenheit zu sozialen Kontrakten und Gesprächen mit Kameraden aus anderen Teilstreitkräften und Organisationsbereichen. Diese Möglichkeit wurde intensiv genutzt und trug damit zur positiven Einschätzung der Veranstaltung durch viele der Vorgesetzten bei. Der Landesvorstand Nord um Oberstleutnant Andreas Brandes zeigte sich abschließend mit der Resonanz sehr zufrieden und freut sich deshalb auf die nächste Tagung für Kommandeure und Dienststellenleiter vom 26. bis 27. Oktober 2016 in Neumünster.