Als Spieß war Jörg Meier im Prinzip immer im Dienst. „Im Wort Fürsorge“, sagt er, „steckt immer auch das Wort Sorge“. Das prägt einen Kompaniefeldwebel, der seinen Soldaten dient und Vorbild ist. Foto: privat

Als Spieß war Jörg Meier im Prinzip immer im Dienst. „Im Wort Fürsorge“, sagt er, „steckt immer auch das Wort Sorge“. Das prägt einen Kompaniefeldwebel, der seinen Soldaten dient und Vorbild ist. Foto: privat

05.12.2021
Von Frank Jungbluth

„Das ist kein Job, das ist eine Lebenseinstellung“

Jörg Meier (58) war 16 Jahre seiner Dienstzeit als Berufssoldat im Heer Spieß. Der ehemalige Panzeraufklärer arbeitet heute als Außendienstmitarbeiter für den Deutschen BundeswehrVerband LV Nord. Er wurde in Hamburg geboren, lebt in Lüneburg. „Man hat immer noch die halbe Uniformjacke an“, denkt er vor Ort während der „Ersteinweisung über die Mitgliedschaft im Verband“, die er im Auftrag des DBwV heute jungen Rekruten anbietet.

Als der junge Hamburger Zimmermann Jörg Meier im Frühjahr 1982 19-jährig bei den Panzeraufklärern in Lüneburg mit der Grundausbildung seinen Dienst antritt, denkt er noch nicht an den Tag, an dem er Spieß werden wird, „Mutter der Kompanie“, wie der Soldat den Kompaniefeldwebel traditionell nennt.

Seine Frau, damals die Freundin des Zimmermannsgesellen, ermuntert ihn, seinen Berufsweg bei der Bundeswehr fortzusetzen, nicht mehr im Handwerk. Jörg Meier kommt an bei der Truppe in bewegten Zeiten für die Bundeswehr. Die Armee des demokratischen Deutschlands ist damals 500. 000 Mann stark, das Ende des Ost-West-Konfliktes, des Kalten Krieges ist nicht abzusehen und der US-Präsident Ronald Reagan und sein sowjetischer Kontrahent Leonid Iljitsch Breschnew stehen sich unversöhnlich gegenüber. Die Rote Armee ist drei Jahre zuvor in Afghanistan einmarschiert und der Gegner aus dem Osten ist nur 50 Kilometer von Lüneburg entfernt am Dannenberger Zipfel bis an die Zähne bewaffnet und Jörg Meier ist mittendrin als Unteroffizieranwärter, bis er 1989 im Range eines Oberfeldwebels an die Panzertruppenschule nach Munster versetzt wird.

Dort ist Meier Hörsaalfeldwebel, bis er 1991 wieder nach Hause, nach Lüneburg, versetzt wird, wo auch die Familie lebt. Kompanietruppführer, Zug/- und Patrouillenführer, Spezialist in der Einsatz-Verstärkungskompanie, die sich von 1997 an auf den Einsatz auf dem Balkan vorbereitet, bis 1999 der Marschbefehl nach Bosnien kommt. SFOR, Veteranen erinnern sich. Jörg Meier ist zweimal dabei.

2003 dann der Dienstposten, der sein Soldatenleben bis heute prägt, Jörg Meier wird Kompaniefeldwebel in einer neu aufzustellenden Grundausbildungseinheit in Lüneburg, „mit mehr als 200 Lehrgangsteilnehmern, so hießen die Rekruten damals, und mehr als 50 Ausbildern, eine Mammutaufgabe mit begrenzten Haushaltsmitteln“, sagt er heute. 2006 dann die förderliche Verwendung und Versetzung nach Eutin, in Schleswig-Holstein. „Eine der besten Zeiten, an einem der schönsten Standorte Deutschlands“, erinnert er sich.

Nach diesem Zwischenspiel kommt der Spieß 2010 nach Lüneburg zurück zur 1. Kompanie, „ein Gemischtwarenladen“, schmunzelt er, ohne die hervorragende Arbeit jedes einzelnen Soldaten zu schmälern. Er bleibt Kompaniefeldwebel bis 2016, ein Jahr vor der Pensionierung arbeitet er seinen Nachfolger ein, wird S1-Feldwebel bis zu dem Tag, als er die Altersgrenze erreicht.

„Man muss es wollen, so intensiv mit Menschen umzugehen“, sagt er zu seiner Philosophie des Dienstes als Spieß. Ein gutes Bauchgefühl gehöre auch dazu, die Fähigkeit, Menschen und auch ihre Probleme zu sehen. „Im Wort Fürsorge steckt auch das Wort Sorge“, sagt er. Jörg Meier könnte sicher ein Buch schreiben über die Sorgen und Nöte seiner Soldaten, die er als Spieß erlebt hat. Mit dem Werkzeugkoffer für kleine Reparaturen durch die Kompanie, auch mal das Gespräch mit dem zivilen Küchenpersonal suchend, die heiße Brühe für die jungen Kameraden im Feld, die nachts in der Kälte üben, zum Alarmposten bringen – das gehört für Jörg Meier dazu, auch wenn es klingt, als erzähle er von der guten alten Zeit. „Vieles hat sich verändert, das ist keine Frage“, auch er hat Höhen und Tiefen durchlebt. Was bleibt, ist die Kameradschaft, auch über das Dienstzeitende hinaus.

„Natürlich“, sagt Jörg Meier, „heißt Spieß zu sein auch, Mehrarbeit zu leisten. Das habe er immer gerne gemacht. „Wenn man das nicht will, ist es sicher der falsche Beruf.“ Wobei er dabei bleibt: „Spieß zu sein, Soldat zu sein, das ist kein normaler Beruf, denn wir stehen dazu, unser Leben einzusetzen, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres Landes zu verteidigen.“

Obwohl Jörg Meier die Kordel 2016 abgelegt hat und ein Jahr später in den Ruhestand ging, war es mit der Ruhe vier Jahre später vorbei. Seitdem arbeitet er für den DBwV, seinen Verband, in dem er seit 1982 Mitglied ist. Ingo Schönheit, sein fast schon legendärer Vorgänger an der Stelle, hat ihn eingearbeitet. Jetzt ist er öfter auch wieder bei seinem alten Verband, bietet Hilfe und Unterstützung an, beschreibt die Arbeit des Verbandes und begeistert für den DBwV. „Man hört ja nicht auf, Spieß zu sein“, lacht er.

Der Oberstabsfeldwebel a.D. ist inzwischen Großvater. Er sagt, dass er Unteroffizier aus Überzeugung gewesen sei. „Das Korps war etwas Besonderes. Ich war sehr gut ausgebildet. Das bleibt fürs Leben.“ Jörg Meier sagt zum Schluss, dass sich viele Soldaten nicht mehr an alles erinnern, aber die Erinnerung an den Spieß, die bleibt. Ein Leben lang.

Meiner hieß Alfred Anuth, Hauptfeldwebel 6./Fla 1. Ich weiß nicht, ob er noch lebt. Ich habe ihn nie vergessen.

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