Den Auftakt zur heutigen Debatte mit dem Titel "Frieden in Europa sichern - Territoriale Integrität der Ukraine" machte die Außenministerin Annalena Baerbock. Foto: picture alliance/Bernd von Jutrczenka

27.01.2022
Franziska Kelch

Debatte zur Ukraine im Bundestag: „Wer redet, der schießt nicht“

Um nichts weniger als die Frage, wie der Frieden in Europa zu erhalten sei, ging es in der heutigen Debatte im Bundestag. Einigkeit im ersten Mittel der Wahl herrschte bei den Regierungsparteien: Die Diplomatie und Sanktionen sollen es richten. Maximale Uneinigkeit hingegen herrschte bei der Frage, wer für die Bedrohung des Friedens verantwortlich zu machen sei.


Zu Beginn ihrer Rede gab Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zu bedenken, dass „markige Sprüche Steilvorlagen für heftigste Konsequenzen sein können“. Sie machte auch deutlich, dass die russischen Forderungen nach Sicherheitsgarantien „mit der europäischen Sicherheitsordnung nicht vereinbar“ seien, dass der Aufmarsch russischer Truppen an der ukrainischen Grenze nur als Drohung zu verstehen sei und stellte ein „starkes Sanktionspaket“ in Aussicht. Daran arbeite die Bundesregierung mit europäischen uns transatlantischen Partnern. Dabei schloss sie explizit ein, dass diese Sanktionen und Konsequenzen auch für Nord Stream 2 gelten können. Die Bundesregierung werde die Ukraine wirtschaftliche und diplomatisch unterstützen, so Baerbock. Und auch militärische Unterstützung sei kein Tabu. Baerbock verwies in diesem Zusammenhang auf die Lieferung von Schutzhelmen, den Bau von Schutzbunkern und die Ausbildung ukrainischer Soldaten.

Kritik an den Gesprächen zwischen ukrainischen und russischen Vertretern in Paris, die gestern ohne Ergebnis geendet hatten, begegnete sie mit dem Verweis, dass diese lediglich ein Anfang seien, um die Konfliktparteien direkt ins Gespräch zu bringen, denn: „Wer redet, der schießt nicht.“

„Es droht ein Krieg“
Dieser Aussage von Friedrich Merz, dem designierten Vorsitzenden der CDU, würde wohl auch ein anderer Oppositionspolitiker, der AfD-Politiker Stefan Keuter zustimmen. Völlig uneins jedoch sind sich die beiden Oppositionspolitiker darin, wer diese Gefahr anheize. Keuter unterstellte den Medien und der Bundesregierung in seinem Redebeitrag „Stimmungsmache gegen Russland“ und bezichtigte die Ukraine en passant der „Kriegstreiberei“. Friedrich Merz hingegen sagte: „Ich hoffe, dass wir uns in der Feststellung einig sind, dass diese Gefährdung des Friedens in Europa ausschließlich von der russischen Föderation und ausschließlich von Wladimir Putin ausgeht.“ Merz zeigte sich irritiert und verärgert über eine „unklare Position“ gegenüber Russland und der Ukraine, die er in der SPD ausgemacht haben will. Er forderte, dass die Bundesregierung gemeinsam mit Frankreich, Polen und Großbritannien eine prominentere Rolle in den Verhandlungen zwischen Russland, der NATO, den USA und der Ukraine einnehmen solle. An die Adresse des Bundeskanzlers richtete Merz den Vorwurf: „Sie führen nicht.“

Waffen für die Ukraine?
Ganz anders sah das Lars Klingbeil, Bundesvorsitzender der SPD, der die Bunderegierung ausdrücklich für ihr Engagement lobte. An die Adresse von Friedrich Merz gerichtet sagte er: „Außenpolitik dient nicht der Selbstfindung einer neuen Oppositionspartei“, denn es gehe nun darum „mit Bedacht Lösungen“ zu suchen. „Wir benennen sehr deutlich von wem die Eskalation ausgeht. Das ist die russische Seite. Wenn die territoriale Integrität der Ukraine angegriffen wird, dann gibt es eine klare und konsequente Antwort, die diese Bundesregierung mit internationalen Partnern abgestimmt hat.“ Er sagte aber auch: „Wir liefern keine Waffen an die Ukraine.“ Stattdessen wolle man jede Möglichkeit zu Verhandlungen und diplomatischen Intervention nutzen.


Das bekräftigte auch der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion Alexander Graf Lambsdorff. „Wir müssen diesen Krieg abwenden und dazu ist Diplomatie auf allen Kanälen das Mittel der Wahl.“ Man müsse die russische Seite daran erinnern, dass es gültige Verträge und Abkommen gebe, deren Regeln Moskau nicht ignorieren dürfe und dass Putin kein glaubwürdiger Partner sei, so lange die russischen Truppen weiterhin an der ukrainischen Grenze stünden. Stimmen, die die Verantwortung für die Eskalation nicht bei Russland sähen, seien „Ausnahmen, die nicht weiter erheblich sind“, so der Liberale.  Lambsdorff forderte wirtschaftliche und finanzielle Konsequenzen für Moskau. Seiner Ansicht nach werde die russische Seite sich eine weitere Eskalation verkneifen, wenn wirtschaftliche Konsequenzen ausreichend schmerzhaft seien, weil damit hohe Kosten für die Russische Föderation einher gehen.

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