Das Maritime muss intensiver in die öffentliche Wahrnehmung gebracht werden, fordert Fregattenkapitän Marco Thiele. Hier die Fregatte „Baden-Württemberg“ bei einer Übungsfahrt in der Nordsee. Foto: Bundeswehr/Vennemann

Das Maritime muss intensiver in die öffentliche Wahrnehmung gebracht werden, fordert Fregattenkapitän Marco Thiele. Hier die Fregatte „Baden-Württemberg“ bei einer Übungsfahrt in der Nordsee. Foto: Bundeswehr/Vennemann

07.09.2020
Marco Thiele

Es gibt keine unabhängige Zukunft der Marine

Das ist so simpel wie doch erklärungswürdig. Denn es geht nicht nur um die Aufteilung in Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche. Ebenso ist die Marine nur ein kleiner Teil des „Maritimen“.

„Maritim oder Marine – ist doch das Gleiche“, so sagte es vor Kurzem eine Bekannte, die ansonsten mit „unseren“ Themen nichts weiter zu tun hat. Es entspann sich eine hitzige Diskussion, die mir vor allem gezeigt hat, wie sehr wir „maritimen Experten“ in unserer eigenen Blase gefangen sind – und es uns auch darin gemütlich gemacht haben. Nun sind wir ja schon ein „Fachmagazin“, außerhalb unseres Vereins und außerhalb der „sicherheitspolitischen Community“ werden wir eh’ nicht gelesen. Aber trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, ist es an der Zeit, diesen scheinbaren Gleichklang etwas aufzulösen und zugleich einen Blick darauf zu werfen, was unsere Marine zum Maritimen beiträgt und wie sie das vor allem in der Zukunft machen will und wird.

Nicht umsonst hat sich das Deutsche Marine Institut in das Deutsche Maritime Institut umbenannt. Von dessen aktuellem Vorsitzenden, Flottillenadmiral Christian Bock, habe ich den Titel aus seinem Beitrag entlehnt. Er bringt es damit auf den Punkt: Marine muss im Kontext gesehen werden. Die Marine, die Bundeswehr, die EU und die Nato funktionieren nicht alleine, sondern nur „joint und combined“.

Wir haben versucht, ein möglichst umfassendes Bild der Teilbereiche Material, Personal und Ausbildung auf den folgenden Seiten darzustellen. Trotz des Versuchs, alle Waffensysteme gleichwertig nebeneinander darzustellen, scheitert es manchmal ganz einfach an der tatsächlichen Verfügbarkeit handelnder Personen. Wer also Teilbereiche vermisst, ist hiermit aufgerufen, diese in folgenden Ausgaben unseres Magazins zu füllen beziehungsweise Fehlendes nachzureichen.

Zunächst erläutert Flottillenadmiral Christian Bock, warum es keine unabhängige Marine geben kann. Für den Bereich Material hat sich Kapitän zur See a.D. Dieter Jopp bereiterklärt, sich Gedanken zu machen. Und die hat er zu Papier gebracht. Viele Fragen, zu denen man im ersten Moment den Gedanken haben könnte, warum beantwortet er sich nicht? Ich glaube, das ist relativ einfach. Die Fragen gehen teilweise ins Mark des maritim und marinepolitisch Denkenden, sie sollen zu Diskussionen animieren, sollen provozieren. Das werden wir fortführen und es nicht bei seinen Zeilen in dieser Ausgabe belassen, sondern die Diskussion live weiterführen.

Ein Grundpfeiler der seemännischen Ausbildung in der Marine ist unser Segelschulschiff „Gorch Fock“. Aus der Feder des Namensgebers Johann Kinau stammen die Sätze „Nicht klagen, wieder wagen! Seefahrt ist Not.” Und ja, das treibt uns in der Marine alle an! Einige mögen argumentieren, dass zur jetzigen Zeit Marine auch gar nicht mehr anders zu ertragen sei ... Nun gut, das steckt allerdings nicht hinter diesem Satz. Vielmehr hat bereits Kinau, wie auch andere schon vor oder auch nach ihm, darauf hingewiesen, dass es ohne Seefahrt und letzten Endes ohne Betrachtung des maritimen Sektors einfach nicht geht. Aber eben auch das Detail Ausbildung in unserer Marine hängt mit „Gorch Fock“ eng zusammen. Über das Segelschulschiff an sich ist in den vergangenen Jahren viel berichtet worden, viel Blödsinn und wenig hilfreiche Kommentare, aber auch inhaltlich Richtiges. Nur einer ist nie so richtig zu Wort gekommen: der Kommandant. Das holen wir hier nach.

„And now to something completely different …” könnte man meinen, wenn man die Begrifflichkeit „Mee(h)r Diversität“ sieht. Aber ist es wirklich so weit weg? Und ist es wirklich „nur“ ein theoretischer Ansatz? Wir glauben nicht und lassen Johannes Peters aus dem Büro von Sebastian Bruns, dem Leiter der Abteilung Maritime Strategie und Sicherheit im Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel, dazu zu Wort kommen.

Über die etwas fernere Zukunft berichten wir im Beitrag zum Projekt F127. Da auch die Marineflieger aktuell einmal komplett ihr Gerät austauschen – so kann man die Situation wohl am besten zusammenfassen –, lassen wir ihnen einen breiten Raum zukommen auf den folgenden Seiten. Vom gerade zulaufenden „Sea Lion“ über den hoffentlich noch dieses Jahr zu projektierenden „Sea Tiger“ bis hin zur neuen Drohne und dem Nachfolger für die P3-C „Orion“ erfahren wir, wo die Reise hingeht – und auch die Notwendigkeit von Marine- und maritimer Fliegerei. Abschließend erläutert uns Professor Dr. Marcus Albrecht das Projekt „Wir sind Marine“ und seinen Fortgang.

Und noch ein paar Worte zur Zukunft: Die Marine und das Maritime müssen und werden weiter und intensiver in die öffentliche Wahrnehmung gebracht werden. Wie weiter vorne erwähnt, hat sich die Community in erster Linie mit sich selbst beschäftigt. Die Ergebnisse waren inhaltlich auch gut, aber wenn wir das niemandem mitteilen, ist die Arbeit letzten Endes vergebens gewesen. Und was hat der Deutsche BundeswehrVerband damit zu tun? Was hilft es unseren Mitgliedern? Das wiederum ist einfach zu beantworten: Wenn jeder außerhalb des Fachpublikums versteht, wie wichtig freie Seewege für jeden einzelnen Mitbürger sind, dann ist es auch leichter, der Öffentlichkeit klar zu machen, dass nur bestens ausgebildete und mit dem besten Material ausgestattete und bestens versorgte Soldatinnen und Soldaten der Deutschen Marine dazu beitragen können.

In diesem Sinne, „Nicht klagen, wieder wagen! Seefahrt ist Not!“

 

Dieser Beitrag ist in der September-Ausgabe unseres Magazins "Die Bundeswehr" erschienen.

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