Handschlag auf den Führungswechsel beim dt. Kontingent in Litauen. Foto: Twitter/Bundeswehr

Handschlag auf den Führungswechsel beim deutschen Kontingent in Litauen (v.l.n.r.): Oberst André Hastenrath als neuer Kontingentführer, Konteradmiral Jörg Klein als stellvertretender Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr und Oberstleutnant Daniel Andrä als bisheriger Kontingentführer. Foto: Twitter/Bundeswehr

11.08.2022
Von Frank Schauka

Führungswechsel in Litauen - und eine kleine Strukturreform der Battlegroup

Rukla. Sechs Monate sind vorbei, sechs Monate, in denen Oberstleutnant Daniel Andrä die Spitze des „schärfsten Schwertes“ der NATO an ihrer Ostflanke war, in Rukla (Litauen), wenige Kilometer entfernt von der problematischen Suwalki-Lücke, jenem 100 Kilometer langen Grenzverlauf, der Litauen mit Polen verbindet, aber Weißrussland vom russischen Oblast Kaliningrad, der bis an die Ostsee reicht, trennt. Problematisch? Viele Militärexperten sagen sogar: Die Suwalki-Lücke ist momentan einer der gefährlichsten Orte der Welt. Falls Russland die Abwehrbereitschaft der NATO testen will, dann wohl dort.

Oberstleutnant Andrä, auch wenn er sich an diesem Donnerstag noch im Kontingent befindet, ist bereits im Aufbruch. Am Freitag kehrt er, routinemäßig nach sechsmonatigem Einsatz, nach Deutschland zurück. Und dann geht der 43-Jährige erst einmal in den mehr als wohlverdienten Urlaub!

Was Oberstleutnant Andrä bisher in Litauen allein stemmte, soll künftig von zwei Offizieren erledigt werden - eine kleine Strukturreform der Battlegroup als Reaktion auf die größer gewordene Gefahrenlage an der Ostflanke der NATO.

Neuer Kontingentführer des deutschen Kontingents der enhanced Forward Presence der NATO in Litauen ist seit Mittwoch Oberst André Hastenrath. Er ist direkt dem Befehlshaber im Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Geltow bei Potsdam unterstellt. Oberst Hastenrath sei truppendienstlicher Vorgesetzter aller deutschen Trupen in Litauen und auch für die Stabsarbeit zuständig, erläuterte das Einsatzführungskommando gegenüber dem Verbandsmagazin "Die Bundeswehr" des Deutschen BundeswehrVerbandes. "Er hat keine taktische Befehlsgewalt über die eFP BG LTU", so das Einsatzführungskommando. Zuvor war Oberst Hastenrath Grundsatzreferent im Führungsstab der Streitkräfte II 2 im Bundesministerium der Verteidigung in Bonn sowie seit 2021 Leiter militärische Ausbildungsunterstützung bei der Panzerbrigade 21 in Augustdorf.

Neuer taktischer Führer der multinationalen Battlegroup der NATO ist seit Mittwoch Oberstleutnant Marco Maulbecker. „Oberstleutnant Maulbecker“, sagt er am Telefon. Sein Vorzimmer ist gerade im Umbruch, der Chef geht heute also ausnahmsweise direkt selber ran. „Vorfreude“ auf die Leitung der Battlegroup in Litauen empfinde er, sagt Oberstleutnant Maulbecker – und zugleich Ernst, "Ernst, der Aufgabe gerecht zu werden, 1600 Soldaten zu führen und 800 Fahrzeuge“.

Schwierig, zumindest schwierig, ist die Lage an der Ostflanke der NATO. „Die Bedrohung ist nicht akut“, sagt Oberstleutnant Maulbecker, aber die Einsatzbereitschaft sei wohl noch wichtiger als früher. Vor einem Jahr konnte man den Aufenthalt im Baltikum vielleicht für einen „verlängerten Truppenübungsplatz-Einsatz“ halten, aber seit dem 24. Februar dieses Jahres sind solche Zeiten passé. Die NATO-Mission enhanced Forward Presence dient der Sicherung der osteuropäischen Staaten und der Abschreckung von Bedrohungen des Bündnisgebiets. Die Mitgliedstaaten reagieren mit der „verstärkten Vornepräsenz“ auf die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland und die fortgesetzte Destabilisierung der Ukraine. Deutschland hat die Führung der „Battlegroup“ in Litauen übernommen.

Immer wieder stichelt Russland im Baltikum. Erst vor zwei Tagen drang ein Hubschrauber des Typs Mi-8 unerlaubt in den Luftraum des baltischen EU- und NATO-Mitglieds Estland im Südosten des Landes ein. Der Helikopter habe weder die elektronische Kennung eingeschaltet noch einen Flugplan übermittelt. Auch habe der Pilot zum Zeitpunkt der knapp eine Minute dauernden Luftraumverletzung keinen Funkkontakt mit der Flugsicherung gehalten, teilten die estnischen Streitkräfte am Mittwoch mit. Das Außenministerium in Tallinn bestellte wegen des Vorfalls den russischen Botschafter ein und überreicht eine Note. Es war in Estland die dritte Luftraumverletzung durch Russland in diesem Jahr - nach insgesamt fünf Vorfällen im vergangenen Jahr.

Die NATO hat auf Russlands Aggression entsprechend reagiert. Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte die NATO Ende Juni 2022 die Verstärkung der Ostflanke beschlossen. Demnach sollen die bestehenden NATO-Gefechtsverbände auf Brigade-Niveau ausgebaut werden. Deutschland soll dabei eine Kampftruppen-Brigade mit 3000 bis 5000 Soldaten für Litauen führen.

«Wir werden abschrecken und, wenn nötig, Litauens Territorium verteidigen», lässt Oberstleutnant Maulbecker wissen.

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